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Aufarbeitung am Abschussort
Der Kreml bezweifelt die Untersuchungsergebnisse

Dem Abschlussbericht zufolge ist die Boeing 777 von einer russischen Boden-Luft-Rakete abgeschossen worden. Der Kreml wehrt sich gegen den Vorwurf und zweifelt die Untersuchungsergebnisse öffentlich an.

Von Florian Kellermann | 17.07.2017
    Präsentation der Ergebnisse einer russischen Untersuchungskommission in Zusammenarbeit mit dem russischen Rüstungskonzern Almaz-Antey, zum Absturz der MH17 am 28.09.2016
    Präsentation der russischen Untersuchungen zum Absturz der MH17 (dpa/Sergei Ilnitzsky)
    Die Fernsehnachrichten am Tag des Flugzeugabsturzes: Der russische Sender "Livenews" berichtet, die Separatisten hätten in der Nähe der Stadt Torez ein Flugzeug abgeschossen. "Livenews" ist bekannt dafür, besonders gute Kontakte zu den Separatisten zu haben. Offenbar gingen diese davon, eine ukrainische Militärmaschine getroffen zu haben. Kurze Zeit später verschwand das Video von der Internetseite des Senders.
    Der Kreml sät Zweifel und löscht Beweismittel
    Seitdem säen russische Medien und Politiker - bis hinauf zum Kreml - möglichst viele Zweifel an einer Tatbeteiligung der Separatisten. Und versuchen, den Verdacht auf die Ukraine zu lenken. Denn klar ist: Alleine, ohne die Hilfe von Spezialisten aus Russland, könnten die Separatisten ein so kompliziertes Raketensystem kaum bedienen.
    Zum Bericht des internationalen Ermittlungsteams sagte die Sprecherin des Außenministeriums Maria Sacharowa:
    "Wir haben wieder einmal keine Details erfahren, die sich auf Fakten gründen. Nur provokante Erklärungen. Wir fordern die Kollegen auf, sich an die Fakten zu halten und zu argumentieren. Die russische Seite ist bereit, dabei zu helfen."
    Gleichzeitig treten russische Militärs bei Konferenzen auf und zeigen angebliche russische Radaraufnahmen vom Zeitpunkt des Abschusses. Diese belegten, so heißt es, dass die Buk-Rakete, die das Flugzeug traf, keinesfalls vom Separatistengebiet abgeschossen worden sei.
    Russland wird Schuldsprüche des niederländischen Gerichts nicht anerkennen
    Experten gehen davon aus, dass Russland eventuelle Schuldsprüche des Gerichts in den Niederlanden nicht anerkennen wird. Moskau hat das internationale Ermittlungsteam wiederholt als voreingenommen bezeichnet, im vergangenen Jahr wurde dies auch dem eigens ins Außenministerium einbestellten niederländischen Botschafter mitgeteilt.
    Wrackteil der in der Ukraine abgeschossenen Boeing 777 der Malaysia Airlines mit der Flugnummer MH 17 
    Wrackteil der in der Ukraine abgeschossenen Boeing 777 der Malaysia Airlines mit der Flugnummer MH 17 (dpa / picture alliance / Zurab Dzhavakhadze )
    Ganz anders die Haltung der Ukraine zum geplanten Gerichtsverfahren: Das Land hat eine Vereinbarung mit den Niederlanden geschlossen, in der es seine volle Kooperation während eines möglichen Prozesses zusagt. Dazu zählt auch die Überstellung von Verdächtigen.
    Seit dem Bericht des Ermittlungsteams sieht Präsident Petro Poroschenko sein Land nicht mehr unter Verdacht:
    "Russland hat ein internationales Tribunal, das diese terroristische Attacke untersuchen sollte, nicht ohne Grund verhindert. Das ist doch de facto ein Schuldeingeständnis."
    "Terroristische Attacke", das ist für die Ukraine ein wichtiges Stichwort. Das Land klagt derzeit vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag gegen Russland. Es wirft dem Nachbarland vor, mit den Separatisten eine terroristische Organisation zu unterstützen - und fordert weitreichende Kompensationsleistungen. Ein Urteil gegen russische Verantwortliche im MH17-Prozess würde Kiew dabei helfen.