Samstag, 27. April 2024

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Aus für den A380
"Ein enormer Imageverlust für Airbus"

Als "industriepolitischer Griff nach den Sternen" sei der A380 im Jahr 2005 vorgestellt worden - entsprechend groß sei jetzt Imageverlust durch das Aus des Projekts, sagte Klemens Kindermann aus der Dlf-Wirtschaftsredaktion. Von der Produktionseinstellung könnten bis zu 3.500 Arbeitsplätze betroffen sein.

Klemens Kindermann im Gespräch mit Jörg Münchenberg | 14.02.2019
    Ein Airbus A380 der Lufthansa
    Nicht mehr rentabel für die Fluggesellschaften: der Airbus A380 (imago / Rüdiger Volk)
    Jörg Münchenberg: Heute Morgen hat Airbus mitgeteilt, dass die Produktion des weltgrößten Passagierjets A380 eingestellt wird. Klemens Kindermann aus unserer Wirtschaftsredaktion – was bedeutet das Ende dieses Flugzeugs für den Konzern?
    Klemens Kindermann: Einen enormen Imageverlust. Der A380 war das Prestigeobjekt der europäischen Luftfahrt. Blenden wir mal in den Januar 2005 zurück, als der A380 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte bei der großen Show: "Es mag sein, dass wir nach den Sternen – industriepolitisch – gegriffen haben, aber mindestens bezogen auf die europäische Luftfahrtindustrie haben wir wesentliche Teile davon in der Hand."
    Das war also nichts weniger als der industriepolitische Griff nach den Sternen damals. 12 bis 14 Milliarden Euro sollen in die Entwicklung investiert worden sein. Der A380 hat je nach Ausstattung bis zu 853 Sitze, eine Reichweite von 15.200 Kilometern und seine Flügelspannweite liegt bei knapp 80 Metern.
    Der A380 verbraucht viel Treibstoff
    Münchenberg: Wie kommt es jetzt zur Einstellung der Produktion? Gibt es keine Kunden mehr?
    Kindermann: Genau das ist das Problem. Es gab immer weniger Bestellungen. Die Anschaffungs- und die Betriebskosten sind ziemlich hoch. Da rechnen sich kleinere Maschinen wesentlich besser. Der A380 verbraucht viel Treibstoff – wenn dann das Flugzeug nicht mit Passagieren voll ist, ist das nicht rentabel für die Fluggesellschaften.
    Hauptabnehmer war zuletzt die Fluggesellschaft Emirates. Die reduzierte ihre Bestellungen für die A380 um 39 Maschinen, wollte lieber die kleinere A350 und die A330neo haben. Und da hat Airbus jetzt die Reißleine gezogen. Im Jahr 2021 werden die Auslieferungen des A380 eingestellt.
    Enormer Preisdruck in der Luftfahrtbranche
    Münchenberg: Ist das das Ende der Großraum-Jumbos in der Luftfahrt?
    Kindermann: Davon muss man ausgehen. Auch die Tage des Konkurrenten Boeing 747 "Jumbo Jet" sind gezählt. Eigentlich sind ja diese Großflugzeuge eine Antwort auf die chronisch überlasteten großen Luftdrehkreuze. Wenn nur ein riesiges Flugzeug starten muss statt zwei kleinerer, dann entlastet das natürlich die Flughäfen.
    Einige haben das sogar unter dem Gesichtspunkt der Klimabilanz als das kleinere Übel gesehen. Aber diese Prognosen gingen nicht auf. Und das liegt an dem enormen Preisdruck in der Luftfahrtbranche, dem ganz eindeutigen Trend zum Billigfliegen, wo jeder Liter Kerosin gerechnet wird und die günstigsten Slots auch auf kleineren Flughäfen angeflogen werden. Da wird auch in Zukunft kein Platz für Groß-Flieger wie den A380 sein.
    Münchenberg: Wie sehen die Konsequenzen der heutigen Entscheidung für die Beschäftigten aus?
    Kindermann: Es könnten insgesamt 3.000 bis 3.500 Stellen in den nächsten 3 Jahren betroffen sein. In Deutschland werden Teile des A380 in Hamburg, Bremen, Stade und Augsburg gefertigt. Airbus kündigte heute Morgen an, man werde in den nächsten Wochen Gespräche mit den Sozialpartnern aufnehmen. Airbus sieht die Auswirkungen ziemlich gelassen. Durch den aktuellen Produktionshochlauf bei der A320 und die Bestellung neuer Großraumflugzeuge durch Emirates werde es zahlreiche Möglichkeiten für interne Stellenwechsel geben, hieß es. Da müssen wir abwarten, ob die Gewerkschaften das ähnlich gelassen sehen.