Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Ausbau der Windkraft auf See verläuft schleppend

Windräder auf hoher See sind schon lange Hoffnungsträger der Energiewende, doch getan hat sich beim Ausbau der Windkraft vor der Küste wenig. Viele Projekte versprechen große Mengen an Strom, doch technisch ist das Ganze aufwendiger als gedacht. Häufig hakt auch die Finanzierung.

Von Axel Schröder | 21.02.2013
    Das Potenzial der Offshore-Windkraft ist riesig. Darüber herrscht Einigkeit unter den Teilnehmern der 11. Hamburger Offshore-Wind-Konferenz. Riesig sind allerdings auch die Herausforderungen beim Aufbau der Windparks auf hoher See. Das zeigt ein Blick auf die aktuellen Projekte in der Nordsee.

    Die Firma Bard, einst als Pionier der deutschen Offshore-Windbranche gefeiert, braucht dringend frisches Kapital und musste den ursprünglichen Zeitplan schon um mehrere Jahre verschieben. Von 80 geplanten Anlagen lieferten zum Jahreswechsel erst 32 ihren Strom an Land. Fertig werden soll der Park spätestens Anfang 2014.

    Als Grund gelten hausgemachte Probleme: Bard produziert nahezu alle Anlagenkomponenten selbst und errichtet die Parks mit eigenen Schiffen. Eine komplexe Aufgabe für ein einzelnes Unternehmen.

    Aus ganz anderen Gründen haben RWE Innogy und EnBW einen Teil ihrer Projekte auf Eis gelegt: Der RWE-Park Nordsee I und das EnBW-Projekt "Hohe See" werden aufgeschoben, weil nach wie vor unklar ist, wann der Netzanschluss zur Verfügung steht. Dafür kommt RWE mit dem Park "Nordsee Ost" voran und EnBW wird ab Sommer nach dem schon fertigen Windpark "Baltic 1" mit den Arbeiten an "Baltic 2" beginnen. Schon jetzt ist klar: der Meeresboden wird die Bauarbeiten erschweren, so Projektmanager Udo Christiansen.
    "Der Boden ist hartnäckig. Geschiebemergel und Schlick und Sand und was man da so alles findet. Steine zum Teil noch. Dann ist die Kabelverlegung nicht so einfach. Aber nichtsdestotrotz glauben wir, dass wir unseren Zeitplan gut einhalten und nächstes Jahr fertig sind mit dem Windpark."

    Und immerhin, so Christiansen, wurde schon "Baltic 1" ganz fristgerecht errichtet. Bei allen auf der Offshore-Konferenz diskutierten Detailproblemen wurden in diesem Jahr aber auch die Fortschritte auf hoher See herausgestellt. Immerhin sind mittlerweile sechs Parks auf Nord- und Ostsee im Bau. Zusammengenommen werden sie drei Gigawatt Strom liefern können. Das entspricht in etwa der Kapazität von zwei Atomkraftwerken.

    Und nicht nur die großen, altbekannten Stromkonzerne mischen dabei mit, sondern auch der Stadtwerke-Verbund Trianel oder die Firma "Wind MW", die ihren 1,2 Milliarden teuren Park in der Nordsee mit Unterstützung des US-Finanzinvestors Blackstone errichtet. Wind MW profitiert auch vom fünf Milliarden Euro schweren Programm der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Das hatte die Bundesregierung im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht, um einzelne Offshore-Projekte mit jeweils bis zu 500 Millionen Euro an zinsgünstigen Krediten zu unterstützen.

    Neben dem KfW-Programm lobt die Branche auch den beschlossenen Netzausbauplan und die neuen Haftungsregeln für etwaige Verzögerungen oder Ausfälle der Netzanbindung. Kritisiert werden dagegen die neuen Pläne von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler und Bundesumweltminister Peter Altmaier. Deren Ideen, den Anstieg der Strompreise unter anderem durch eine vierprozentige Absenkung der Vergütung für Offshore-Strom zu bremsen, führe zu Verunsicherung der Branche. Norbert Giese vom Turbinenhersteller REpower:

    "Wir würden uns als Hersteller wünschen, dass EEG-Themen und andere Themen aktuell aus dem Wahlkampf herausgehalten würden. Ich glaube, dass würde uns weiterbringen."

    Wilfried Hube vom Windparkbauer EWE unterstreicht diese Kritik. Immerhin, so Hube, würden potenzielle Investoren und Banken sehr genau die Rahmenbedingungen von Offshore-Projekten prüfen. Und ein vierprozentiges Renditeminus kann dazu führen, dass Kreditzusagen widerrufen werden:

    "Mit dieser Unsicherheit lebt eine Branche, die dann sagt: Jetzt wollen wir erst mal wissen, wie sind die Bedingungen wirklich? Damit wir dann wieder dann wieder Entscheidungen treffen können, wie die nächsten Projekte laufen."

    Optimistisch schätzt Mirko Sedlacek von der Kreditanstalt für Wiederaufbau die derzeitige Situation ein. Trotz der neuen, noch nicht exakt berechenbaren Regierungspläne:

    "Die Dynamik ist aus meiner Sicht schon da. Das haben wir heute Morgen auch hier gesehen, wie viele Energieversorger aktiv an Projekten arbeiten. Wir sind aber sicherlich noch nicht in der Phase, wo es ein Selbstläufer geworden ist. Dafür brauchen wir eine größere Anzahl von Projekten und wir brauchen positive Umsetzungserfahrung."

    Und von dieser Erfahrung lassen sich dann auch potenzielle Geldgeber beeindrucken. Allerdings erst, wenn die laufenden Projekte planmäßig fertig gestellt werden und die Politik nicht mit immer neuen Sparplänen für Unruhe sorgt.