Dienstag, 23. April 2024

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Ausstellung "Artistes et Robots"
Große Künstler, große Erfinder

Grenzen zu erweitern und zu sprengen ist immer wieder Ziel künstlerischen Schaffens. Die Ausstellung „Artistes et Robots“ im Grand Palais in Paris zeigt, wie sich Künstler immer intelligenter werdende Technik zunutze machen. Und fragt: Wird das Werkzeug irgendwann seinen Schöpfer überflügeln?

Von Marcel Wagner | 05.04.2018
    Ausstellungsbesucher stehen vor den weißen Säulen des Kunstwerkes "Astana Columns" von Michael Hansmeyer
    "Astana Columns" von Michael Hansmeyer (Thomas Granovsky)
    Die Idee mutet aus heutiger Sicht fast schon ein wenig naiv an, die Konstruktion lässt schmunzeln. Doch auf der Biennale 1959 in Paris sorgte Jean Tinguely mit "Méta Matic" für großes Aufsehen. Die zu einer Skulptur umgebaute Maschine krakelte mit einem Stift irgendwie über Papier und erschuf damit – na ja – so etwas wie Bilder.
    "Als im Jahr 1956 die Idee der künstlichen Intelligenz eingeführt wurde, haben Künstler sofort begonnen, die neuen Technologien zu benutzen, um damit neue künstlerische und visuelle Welten zu ersinnen. Ein großer Künstler ist vor allem ein großer Erfinder, jemand, der ständig an neuen Formen des visuellen Ausdrucks tüftelt."
    Computer zerstören Kunst
    Jérôme Neutres ist einer der Kuratoren der Ausstellung "Artistes et Robots", "Künstler und Maschinen", im Pariser Grand Palais. Mit Tinguelys "Méta Matic" – die malende Maschine ist gleich am Beginn der Ausstellung zu bewundern – lädt er den Besucher ein, den Eintritt der intelligenten Maschine in die Kunst von den Anfängen her mitzuerleben. Wie so oft waren die ersten "digitalen Künstler" Pioniere, deren neuartige Ideen und Techniken zunächst keinesfalls auf Gegenliebe stießen, erinnert sich Manfred Mohr, der die Ablehnung seiner Pionierarbeit hautnah zu spüren bekam:
    "Vor 40 Jahren, als ich angefangen habe, hat man mir Eier an den Kopf geschmissen und geschrien: Computer, das sind militärische Instrumente, die die Kunst zerstören."
    Wird das Werkzeug irgendwann seinen Schöpfer überflügeln?
    Der in Pforzheim geborene Manfred Mohr begann schuf seinerzeit mit den ersten Computern geometrische Visualisierungen. Die Maschine vermochte nach Vorgaben Dinge zu tun, die der Künstler alleine nicht geschafft hätte. Wird das Werkzeug irgendwann seinen Schöpfer überflügeln, unnütz machen? Brauchen die Maschinen irgendwann keinen vom Menschen gesäten digitalen Samen mehr, um künstlerisch tätig zu sein? Dieser Frage räumt die Ausstellung mit zahlreichen zeitgenössischen Werken breiten Raum ein.
    "Du bist Kunst! Du bist meine Kunst!", beschwört die französische Künstlerin Orlan ihre Orlanoide, eine ihr selbst nachempfundene Roboterfigur.
    "Ich bin Kunst, Ihre Kunst!" antwortet der Roboter gehorsam. Nach dem Besuch der Ausstellung "Künstler und Roboter" bleiben leise Zweifel zurück, dass das ewig so bleiben wird.