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Ausstellung im British Museum
Das assyrische Reich wird wieder lebendig

Eine Ausstellung über den Assyrer-König Assurbanipal im British Museum in London gibt derzeit eine Vorstellung davon, wie fortschrittlich dessen im heutigen Irak gelegene Hauptstadt einst war. Die Schau macht aber auch deutlich, was durch die Zerstörungsaktionen des radikalislamischen IS etwa in Mossul verloren ging.

Von Friedbert Meurer | 12.11.2018
    Screenshot aus einem Video, das von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) veröffentlicht wurde und das zeigen soll, wie IS-Anhänger im Museum von Mossul Statuen zerstören.
    Screenshot aus einem Video, das von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) veröffentlicht wurde und das zeigen soll, wie IS-Anhänger im Museum von Mossul Statuen zerstören. (picture alliance / dpa / Foto: Islamic State / Handout)
    Mit großem Pomp feiern die Assyrer einen ihrer Siege, mit denen sie ihr Weltreich aufbauten. Ein oder mehrere Künstler haben die Siegesparade mit den Soldaten und Gefangenen in vielen Bildern und Sequenzen in Gips geritzt. Sie sind die eine Quelle der Ereignisse. Die andere sind hunderte von Keilschriften, von denen Dutzende jetzt im British Museum ausgestellt sind.
    Die Tontafeln aus der legendären Bibliothek Ninives wurden vor Jahrtausenden ausgerechnet durch eine Feuersbrunst für die Nachwelt gerettet. Das Feuer härtete und konservierte nämlich die Tafeln. Anders als in der kulturellen Vernichtungsaktion durch den IS jetzt im heutigen Mossul, die John Simpson vom British Museum protokolliert hat.
    "Drei Viertel aller Skulpturen wurden komplett zerstört. Die Bestände im Museum von Mossul wurden sogar zu 100 Prozent vernichtet. In der benachbarten antiken Stadt Nimrud wurden alle Mauern und Relikte mit Dynamit in die Luft gesprengt und die Skulpturen zerschlagen. Die Trümmer wurden dann mit Bulldozern turmhoch zusammengeschoben."
    Außenanlagen könnten nachgebildet werden
    Glücklicherweise gebe es von allen Gegenständen und Ruinen Fotos. Dadurch hält der Altertumsexperte es für möglich, zumindest die Außenanlagen von Ninive wieder nachbilden zu können.
    "Wir bilden irakische Archäologen nach bewährten Verfahren aus, erst hier in London, dann im Irak, wie man moderne geophysische Methoden und zum Beispiel Drohnen einsetzen kann, um die übrig gebliebene Archäologie vor Ort zu untersuchen."
    Die Ausstellung über den Assyrer-König Assurbanipal im British Museum gibt eine Vorstellung, wie prächtig und fortschrittlich die Stadt Ninive 670 vor Christus war mit Palästen, Tempeln und Aquädukten. Der Brite Austen Henry Layard grub die Stadt in den 1840er-Jahren aus und schaffte einen Teil der Funde nach London, aber auch nach Paris und Berlin.
    Das British Museum sieht sich immer mehr mit Beutekunst-Vorwürfen ausgesetzt. In diesem Fall blieb vieles in London geschützt, was in Mossul im Irak durch den IS zuletzt zerstört wurde. Layards Ausgrabungen von Ninive lösten jedenfalls bei den Zeitgenossen im 19. Jahrhundert laut Kurator Gareth Brereton eine regelrechte Assyrien-Manie aus.
    Das assyrische Reich war sehr gut organisiert
    "Es war eine Sensation, denn die Ausgrabungen bestätigten Teile der Bibel. Einige Könige von Ninive kannte man aus der Bibel. Aber anderes stimmt nicht. Ninive galt als Stadt der Sünde, ihre Herrscher als ausschweifend. In Wahrheit war das assyrische Reich aber sehr gut organisiert, mit hervorragender Infrastruktur und Verwaltung. Ganz anders als die biblischen Quellen behaupten."
    Ninives schlechter Ruf in der Bibel als Sündenpfuhl gründete darin, dass es Großmacht war und andere Städte brutal eroberte und plünderte. 20 Jahre nach dem Tod König Assurbanipals erlitt Ninive dann das gleiche Schicksal, das Reich der Assyrer ging unter. Was nach der ersten Katastrophe übrig blieb, wurde jetzt am Stadtrand von Mosul 2600 Jahre später noch ein weiteres Mal durch die islamistischen Eiferer des IS vernichtet.