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Ausstellung über afrikanische Drogendealer
Provokation gelungen - Substanz vergessen

Der Görlitzer Park in Berlin hat zweifelhaften Ruhm erlangt wegen der vielen Dealer. Der Künstler Scott Holmquist widmet ihnen ab heute eine Ausstellung im Berliner Bezirksmuseum Friedrichshain-Kreuzberg. Schon vorab gab es viel Aufregung über die Idee.

Von Axel Rahmlow | 21.11.2017
    Schautafeln in der Ausstellung in Friedrichshain
    Klein und unspektakulär, aber mit großem Konfliktpotential: die Ausstellung des US-Amerikaners Scott Holmquist. (Deutschlandradio / van Laak)
    13 unspektakuläre Pappaufsteller. Silhouetten beklebt mit Fotos aus der Heimat. Straßen und Dörfer im Kongo, dem Senegal oder aus Mali. Dazu 13 individuelle Fluchtrouten. Und kurze biografische Texte. Das war's. Die Ausstellung macht genau das, was ihr Titel verspricht: "Herkunft und Migrationsrouten von Drogenverkäufern in Berliner Parks." Sachlich. Unaufgeregt. Keine Glorifizierung. Ende.
    Und mit diesem Ende macht es sich der verantwortliche Künstler Scott Holmquist viel zu einfach. Gerade weil er vorab die steile These der "unerschrockenen und tapferen" jungen Männer in den Raum gestellt hat, die dem Rassismus in Deutschland trotzen. So die Ankündigung. Eine gelungene Provokation. Leider reichen 13 Pappaufsteller aber nicht, um die Dimension des Problems zu vermitteln.
    Die wichtigen Fragen werden bequemerweise weggelassen: Mit welchen Zielen seid ihr gekommen? Wie seid ihr beim Dealen gelandet? Und wieso kommt ihr nicht mehr weg davon? Das sei Privatsphäre, sagt der Künstler. Und damit geht er einer ehrlichen Debatte über das Geschäft mit den Drogen aus dem Weg.
    Denn lange nicht jeder Migrant aus Afrika endet als Dealer. Ungezählte Menschen, die illegal und ohne Aufenthaltsrecht in Deutschland leben müssen, verdienen ihr Geld mit ganz normalen Aushilfsjobs, unter dem Radar der Öffentlichkeit. Oft geht das nur, weil ein Netzwerk an Sympathisanten sie unterstützt.
    Wieso also wird ein junger Migrant zum Drogendealer? Wer sind hier die Hintermänner? Welche Druckmittel haben sie in der Hand? Oder macht es jemand sogar freiwillig für schnelles Geld? Wer Dealern beistehen will, wer gegen Rassismus gegenüber Afrikaner etwas tun will, der muss ihre komplexen Geschichten auch zu Ende erzählen. Dann wird aber auch deutlich: Diese jungen Männer sind genauso Täter, nicht nur Opfer der Umstände. Es geht um billige gepanschte Drogen, nicht um Schwarzarbeit.
    Leider sind die Macher um Scott Holmquist auf der ideologisch sicheren Grundlinie geblieben. Sie gefallen sich in ihrer Kritik am Rassismus in Deutschland. Warum aber alle, absolut alle Dealer, die er vorstellt, aus Afrika kommen, das erklärt er nicht. Der Ausstellung selbst, so richtig und wichtig ihre Intention auch sein mag, fehlt es an Substanz. Sie entlarvt das Vorabgebrüll beider Seiten, auch das der Kritiker, als routinierte Empörung.