19 weiße Blätter mit feinen schwarzen Linien bedruckt hängen an der Wand vom Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg. Sie entstanden um 1680 und erzählen ein Märchen: Ein Dämon entführt schöne Mädchen aus der Stadt und frisst sie, so Kuratorin Dr. Nora von Achenbach. Er hat leichtes Spiel - bis er die Prinzessin im Visier hat.
"Dann tritt der Held auf, besiegt den Dämon mit einer List."
Der Künstler Moronobu, von dem die Bildergeschichte stammt, gilt als der Begründer des japanischen Holzschnittes. Er nutzte die Drucktechnik als erster für eigenständige Bilder.
"Und man sieht, das sind reine schwarze Liniendrucke, oder hier sieht man auch mal eine schwarze Fläche. Diese Geschichte ist ganz ohne Text, ohne Worte, also eben nur mit dem Bild, aber das ist noch kein Comic."
Die ersten Comics entstanden ab 1775. Tokio, damals noch Edo genannt, war um 1800 mit über 1 Million Einwohnern die größte Stadt der Welt.
"Diese Großstadtatmosphäre mit einer Vergnügungskultur, mit einer neuen Konsumkultur, die war der Nährboden für dieses frühe Comic, und zwar waren das Bilderhefte in Fortsetzungen, wirklich massenhaft produziert für ein ganz breites Publikum."
Alte und neue Populärkultur ganz nah beieinander
Zur Vergnügungskultur dieser Zeit gehörten auch die luxuriös gekleideten Kurtisanen und die Schauspieler des Kabuki-Theaters. Die Stars von heute sind fiktionaler - angefangen hat es mit Manga-Figuren wie Astro Boy.
Die Ausstellung "Hokusai x Manga" zeigt viele Facetten japanischer Populärkultur. Farbholzschnitte aus dem 18. und 19. Jahrhundert hängen neben modernen Mangas, Animes und Videospielen.
"Also, ich glaube, was hier auch sicher einmalig ist, dass wir so nah beieinander diese alte und diese neue Populärkultur zeigen."
Die Ausstellungsmacher erzählen die Geschichte japanischer Popkultur nicht chronologisch, sondern nach Themen sortiert wie Starkult, Träume und Affären. So lassen sich Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen alt und neu entdecken: Bestimmte Motive und Figuren tauchen zum Beispiel immer wieder auf, so Kurator Simon Klingler. Beliebt sind etwa Helden und Monster.
Ästhetik, die mit dem Kindchenschema arbeitet
"Wir beginnen mit dem sogenannten Geisterwald, wie er bei uns heißt, mit den yōkai, mit den japanischen Geistern.
"Wir haben hier ein Leporello, also ein Buch, das man so zieharmonikaartig aufziehen kann. Das ist eine Parade von 100 Monstern, so nennt sich das. Die haben wir animiert.
"Im Halbdunkel werden wir durchgeführt durch historische Drucke, durch moderne Manga-Hefte, Figuren.
Ein Raum heißt "Kinderzimmer und kawaii". Kawaii ist eine Ästhetik, die mit dem Kindchenschema arbeitet.
"Die eben gern auch mit kleinen Tieren mit großen Augen zu tun hat. Dort haben wir sowas wie Hello Kitty auch zum Beispiel. Aber auch, das wissen viele nicht, Exponate zu Biene Maja oder Heidi, das sind Zeichentrickserien, die viele noch aus ihrer Jugend kennen, aber auch in den 70ern schon in Japan produziert wurden.
Ein Teil der Ausstellung zeigt Landschaftsbilder. Eines der bekanntesten ist Hokusais Farbholzschnitt "Die große Welle vor Kanagawa", entstanden etwa 1830. Das Bild ist längst eine Pop-Ikone und wird immer wieder aufgegriffen, wie etwa ganz aktuell im Anime "Miss Hokusai" von 2015. Übrigens ist ein Mallehrbuch von Hokusai Namensgeber für die heutigen japanischen Comics: Es heißt "Hokusai manga", zufällige Skizzen von Hokusai.