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Ausstellung "What is love?"
Zwischen Happy End und #MeToo

Die Frage nach der Liebe - zahllose Songs, Bücher oder Filme beschäftigen sich damit. Jetzt stellt sich das Kallmann-Museum in München genau diese Frage und zeigt zeitgenössische Kunstwerke zum Thema Liebe, Begehren und Beziehungen.

Von Julian Ignatowitsch | 12.02.2018
    "Die Lippen" des Düsseldorfer Künstlers Cornelius Völker finden sich auch in der Ausstellung "What is love?"
    "Die Lippen" des Düsseldorfer Künstlers Cornelius Völker finden sich auch in der Ausstellung "What is love?" (picture alliance / dpa / Peter Steffen)
    Wenn Liebe Eifersucht bedeutet. Wenn Liebe heißt, sich an die Stelle eines Anderen zu wünschen, voll und ganz dessen Platz einzunehmen, aber nicht zurückgeliebt zu werden.
    "Das ist schon ein bisschen brutal."
    Die schwedische Künstlerin Jenny Rova kennt dieses Gefühl. Sie steht vor einem Foto, das ihren Ex-Freund zeigt, an der Küste, im Urlaub, er hält eine Frau im Arm. Ist sie das? Ja, scheinbar zumindest. Ihr Kopf klebt über dem einer anderen Frau. Künstlerin Rova hat das Foto bearbeitet, sich hineinmontiert und so ein ganzes Fotoalbum ihres fiktiven Traumlebens erstellt.
    "Ich habe das angefangen, weil ich eine Einladung für Facebook bekommen habe von meinem Ex-Freund - meine große Liebe, aber er hat mich verlassen. Dann bin ich eingetreten und war konfrontiert mit Bildern von ihm und seiner neuen Freundin."
    Die Liebe und das Digitale
    Lieben im digitalen Zeitalter. Soziale Netzwerke wie Facebook oder Instagram machen das Vergessen schwer, schaffen eine Scheinnähe und suggerieren das endlose Glück der Anderen.
    "Das Internet ist wie ein kollektives Gedächtnis, das wirst du nicht los."

    "Ich wäre gerne sie - eine Arbeit über Eifersucht" - so der Titel des Kunstwerkes - es ist eines von rund 50 Objekten im Kallmann-Museum in Ismaning, die das Thema Liebe verhandeln. Museumsleiter Raums Kleine über den Anlass der Ausstellung:
    "Wir fanden gerade spannend, weil Liebe eben so ein gewaltiges Thema ist und seit Jahrhunderten in der Kunst eine Rolle spielt, sich aus Popmusik, Hollywood-Kino und Literatur nicht wegdenken lässt, aber in der zeitgenössischen Kunst eher ein untergeordnetes Thema ist. Vielleicht liegt das daran, weil man als Künstler Angst hat, das man in den Kitsch abgleitet, das Klischeehafte erfüllt.
    Und irgendwie haben wir dann auch - da sind wir als Museum vielleicht auch selber ein bisschen kitschig - in so einer Zeit, in der so viel Hass und Gewalt in der Welt zu beobachten ist, sollte man dem als Museum vielleicht etwas entgegensetzen."
    Opulente Motive
    Künstler wie Jack Vettriano oder Andrew Wyeth, die Liebespaare wie im Hollywood-Kino malten, sind Kassenschlager, aber von der Kritik wurden sie lange zerrissen und als "Kalenderkünstler" geschmäht. Auch hier gibt es diese opulenten Motive: Die Frau an der Brust des Mannes nach dem Sex von Cornelia Schleime zum Beispiel. Das großformatige Gemälde in Acryl und Lack zeigt wie Film und Bildende Kunst sich beeinflussen.

    "Die große Frage ist ja, wie kann man denn Liebe darstellen. Das ist ja ein Gefühl, das lässt sich nicht abbilden. Das heißt Künstler können sich dem nur annähern über Vorstellungen, die wir davon haben, über Riten, Gesten, oder Bilder, die wir im Kino sehen wie Kussszenen."
    Auffällig: Die Frau als Objekt der Begierde, wie sie jahrhundertelang die Kunstgeschichte und insbesondere den Anfang der Moderne bestimmte, findet man kaum in der Ausstellung, wenn nur gebrochen, wie zum Beispiel in den übergroßen Kussmündern von Cornelius Völker. Junge Künstler beschäftigen sich in Zeiten von #MeToo mit anderen Themen, was hier sehr erfrischend rüberkommt, zukünftig aber auch schnell uniform werden könnte:
    "Was ich schon so als Gefahr sehe ist eine freiwillige Zensur, die irgendwann kommt. Dass ein Künstler sagt, das male ich jetzt gar nicht erst, weil das ist nicht opportun und löst nur einen Shitstorm aus."
    "What is love?" - insgesamt eine kleine, aber feine Schau, die gekonnt die ewigen und aktuellen Fragen der Liebe miteinander verbindet. Die Erkenntnis: Liebe kann so vieles sein. Langweilig ist sie sicher nicht.