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Auto-Lobbyist zu Subventionen für E-Autos
"Wir sehen hier einen ganz klaren Trend"

VDA-Präsident Bernhard Matthes hat die Erhöhung der Kaufprämien für E-Autos begrüßt. Das sei ein gutes Ergebnis für die Umwelt. Die Verbrauchern würde von günstigeren Preisen in der Elektromobilität profitieren, sagte er im Dlf. Die Aufträge für E-Autos entwickeln sich aktuell auch sehr positiv.

Bernhard Mattes im Gespräch mit Silvia Engels |
11.06.2019, Sachsen, Wilsdruff: Hinweisschilder für Parkplätze mit Ladestation für Elektroautos steht am ersten Schnellladepark an der Autobahn-Raststätte "Dresdner Tor". Bis Ende 2020 will der Ladestationenbetreiber Ionity 400 Ladestationen für Elektroautos entlang von Autobahnen in 23 Ländern in Europa aufbauen. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/ZB | Verwendung weltweit
Subventionen für E-Autos, mehr Ladestationen. Die Regierung will die Elektromobilität ankurbeln (picture alliance / dpa / Robert Michael)
Silvia Engels: Gestern tagte einmal mehr die Bundeskanzlerin mit einigen Ministerpräsidenten, Ministern, Vertretern der Autoindustrie und Gewerkschaften über die Zukunft der Branche. Ein Ergebnis: Der Kauf von E-Autos soll noch stärker gefördert werden als bisher. Der Ausbau öffentlicher Ladestationen soll ebenfalls vorankommen.
Mitgehört hat Bernhard Mattes. Er ist der Präsident des Verbands der Automobilindustrie, kurz VDA. Guten Morgen, Herr Mattes!
Bernhard Mattes: Einen schönen guten Morgen, Frau Engels!
Engels: Mehr staatliches Geld für den Verkauf von E-Autos. Voller Erfolg für Sie, oder?
Mattes: Das ist ein voller Erfolg und ein gutes Ergebnis für die Umwelt, für individuelle Mobilität, aber auch für Innovation, Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland. Es ist ein umfassendes Paket und trifft all diese Ziele.
Engels: Wäre es aber nicht viel besser, statt immer mehr staatliche Subventionen für E-Autos an den Start zu bringen, die Autos einfach billiger anzubieten?
Mattes: Grundsätzlich sind elektrifizierte Autos, batterieelektrische oder auch Plug-In-Hybride durch die Batterie relativ teuer in der Herstellung und deswegen auch teurer im Preis. Entscheidend ist, dass wir jetzt über die Ladeinfrastruktur und Kaufanreize immer mehr Fahrzeuge auf die Straße bringen.
Die Zahlen der letzten Monate zeigen mir hier deutliche Zuwächse, auch was die Anträge auf den Umweltbonus und die Kaufprämie angeht - im letzten Monat das erste Mal über 10.000. Wir sind auf dem richtigen Weg.
Engels: Aber viele Bürger fragen sich schon, warum jetzt noch mehr Steuergeld in eine Branche fließen soll, die erst spät den Trend zur E-Mobilität erkannt hat.
Mattes: Das Geld fließt ja nicht den Automobilherstellern zu, sondern das Geld ist dazu da, dass der Anreiz, sich ein vollelektrisches oder auch teilelektrisches Fahrzeug zu kaufen, für die Kunden, für die Verbraucher größer wird.
Das Geld landet bei den Verbrauchern
Engels: Aber am Ende landet das Geld doch auf jeden Fall bei den Automobilherstellern.
Mattes: Das Geld landet bei den Verbrauchern, denn die können mit günstigeren Preisen in die Elektromobilität einsteigen, und das ist das, was wir wollen. Das ist das, was wir gestern vereinbart und besprochen haben. Dazu werden wir nicht nur in neue Produkte 40 Milliarden investieren, sondern auch in die Ladeinfrastruktur.
Engels: Da sind wir beim Thema: Ladesäulen-Ausbau auch durch die Autoindustrie. Jetzt haben aber Autobauer ja schon vor einigen Jahren angekündigt, die Ladesäulen auszubauen, die Infrastruktur voranzutreiben, auch um Konkurrent Tesla in diesem Bereich zu schlagen. Warum brauchen Sie da immer noch auch staatliche Förderung für?
Mattes: Zunächst einmal: Wir haben tatsächlich schon vor einigen Jahren mit dem Konsortium Ionity das Ziel aufgenommen, ein Schnellladenetz durch Europa zu schaffen mit auch Schnellladestationen in Deutschland. Das geht sehr, sehr gut voran. Zum anderen bauen wir Ladestationen insbesondere natürlich an den Herstellerstandorten, auf den Mitarbeiterparkplätzen, denn wenn dort getankt werden kann während der Arbeitszeit, brauche ich das nicht öffentlich zu tun.
Und natürlich ist der Handel auch nicht nur gefragt, sondern er tut es. Auch hier werden zusätzliche Ladestationen aufgebaut. Wir sind auch da auf einem guten Weg. Wir wollen bis 2030 100.000 zusätzliche Ladepunkte errichten.
11.06.2019, Sachsen, Wilsdruff: Hinweisschilder für Parkplätze mit Ladestation für Elektroautos steht am ersten Schnellladepark an der Autobahn-Raststätte "Dresdner Tor". Bis Ende 2020 will der Ladestationenbetreiber Ionity 400 Ladestationen für Elektroautos entlang von Autobahnen in 23 Ländern in Europa aufbauen. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/ZB | Verwendung weltweit
Barbara Lenz - "Wichtig ist, die Lademöglichkeiten zu verbessern"
Verkehrsforscherin Barara Lenz rät dazu, Regulierungen aufzuheben, die das Einrichten von Ladestationen für E-Autos in oder an Wohngebäuden unterbinden. Elektromobilität käme beispielsweise in Ein-Familien-Haus-Siedlungen gut an, wo die Leute über eigene Lademöglichkeiten verfügten, sagte Lenz im Dlf.
Engels: Aber noch mal die Frage. Warum hat, obwohl das Konsortium, das Sie angesprochen haben, schon länger besteht, die Autoindustrie die Sache mit den Ladepunkten nicht selbst besser hingekriegt?
Mattes: Ich finde, wir sind da gut unterwegs, und eine Verpflichtung, 100.000 Ladepunkte bis 2030 zu machen, jetzt 15.000 bis 2022 zügig zu errichten, das ist ein großes Commitment und das tun wir, weil wir damit den Hochlauf der Elektromobilität und damit natürlich auch das Erreichen der Klimaschutzziele unterstützen wollen.
Engels: Da geht es viel um öffentliche Ladepunkte. Wir haben vor 20 Minuten Kai Warnecke vom Immobilienverband Haus und Grund gehört. Der beklagt die fehlende Rechtssicherheit, was den Ausbau privater Ladepunkte angeht. Ist es nicht eine Illusion zu denken, mehr E-Autos verkaufen zu können, solange ich beispielsweise als Mieter keinen Ladeplatz habe? Ist einfach der Rahmen immer noch nicht gut genug, damit flächendeckend E-Mobilität kommt?
Mattes: Auch das ist ein Thema, das wir besprochen haben. Es werden natürlich viele, viele rechtliche Rahmenbedingungen zu ändern sein, auch für das private Laden. Das ist nicht nur adressiert, sondern in Arbeit, dass wir hier Vereinfachungen schaffen, dass wir die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür ermöglichen. Und, was ich gestern auch gesagt habe: Die 50 Millionen Anreiz-Förderung für das private Laden; hier müssen wir noch etwas nachlegen. Bei den öffentlichen über drei Milliarden ist hervorragend; beim privaten müssen wir noch etwas nachlegen, denn hier sollen mehrere Millionen Ladepunkte von den Nutzern selber installiert werden.
Mattes: Anträge auf Kaufprämie erhöhen sich von Monat zu Monat deutlich
Engels: Sehen Sie denn in der Tat die Elektromobilität jetzt so sprunghaft ansteigen, denn bisher geben das die Verkaufszahlen ja noch nicht her?
Mattes: Wir sehen zunächst einmal, dass sich die Auftragseingänge und auch die Anträge auf Kaufprämie von Monat zu Monat deutlich erhöhen. Ich sagte es: Wir sind mittlerweile auf über 10.000 im vergangenen Monat. Hier sehen wir einen ganz klaren Trend.
Zweitens wird dieser unterstützt werden durch den Ausbau der Ladeinfrastruktur, den wir jetzt mit großer Macht angehen. Und drittens: Jetzt kommen die neuen Modelle, die 40 Milliarden Investitionen in Produkte werden sich jetzt auszahlen. Jetzt werden wir bis zu 150 neue Modelle im Markt in den nächsten zwei Jahren sehen.
Engels: Dann weiten wir den Fokus und werfen mal einen Blick auf andere Antriebe, denn viele Energieexperten innerhalb und außerhalb der Industrie sehen als Antrieb der Zukunft die Brennstoffzelle nach wie vor eher und nicht die E-Mobilität. Verengt sich die deutsche Autoindustrie gemeinsam mit der Bundesregierung zu sehr, indem E-Mobilität ganz vorne steht?
Mattes: Nein, denn wir haben den Blick weiter auch auf alle anderen Alternativen. Denn wir haben ja im gesamten Verkehrssektor auch ganz unterschiedliche Anwendungen. Die Brennstoffzelle ist sicherlich eine hervorragende Möglichkeit, zum Beispiel für den Schwerlastverkehr, aber auch für andere Anwendungen.
Wir denken an alternative Kraftstoffe zum Beispiel, wenn es um den Luftverkehr, wenn es aber auch um den Schiffsverkehr geht. Und aber auch die Beimischung natürlich bei dem heute bestehenden Bestand im PKW- und auch im LKW-Sektor. Die Alternativen sind weiterhin im Fokus. Sie dienen einer gesamten Veränderung des gesamten Mobilitätssektors.
Engels: Heute will die Bundesregierung ihre sogenannte Wasserstoff-Strategie zumindest in Eckpunkten vorstellen. Sie will diese Form der Energienutzung fördern. Und da sind wir bei Wasserstoff ja genau bei dem Triebmittel für die Brennstoffzelle. Was versprechen Sie sich letztlich davon?
Mattes: Wie gesagt, die Brennstoffzelle ist eine der Alternativen für die Zukunft auch im Mobilitätssektor und insofern ist es richtig, mit einer Wasserstoff-Strategie diese Technologie weiter marktreif zu machen. Wir haben sie ja schon in dem einen oder anderen Fahrzeug auf dem Markt. Das ist noch sehr, sehr klein, das ist noch sehr gering. Das müssen wir weiter ausbauen, denn es ist eine Ergänzung zu den Möglichkeiten, die die Elektromobilität bietet, denn Brennstoffzelle ist auch nichts anderes als Elektromobilität, nur an Bord erzeugt, und von daher gesehen eine richtige Ergänzung für die Jahre auch insbesondere nach 2030.
"Werden aber weiterhin in die Alternativen auch investieren"
Engels: Ergänzung, sagen Sie. Aber wenn man jetzt VW betrachtet, die ganz auf die E-Mobilität setzen, hat die Autoindustrie sich de facto schon entschieden?
Mattes: Nein! Wir haben uns entschieden, einen Fokus zu setzen auf den Hebel, der am stärksten in den nächsten Jahren wirkt, und das ist die Elektrifizierung über Plug-In-Hybride und batterieelektrische Fahrzeuge. Wir werden aber weiterhin in die Alternativen auch investieren und die Alternativen dort, wo sinnvoll, zur Marktreife führen.
Engels: Herr Mattes, Sie scheiden Ende des Jahres aus Ihrem Amt nach einer relativ kurzen Amtszeit seit dem März 2018. Welche Bilanz ziehen Sie?
Mattes: Wir haben eine ganze Menge erreicht. Wir haben eine Elektromobilitätsstrategie jetzt in der Umsetzung und damit auch im klaren Commitment, in der klaren Vereinbarung. Wir haben zu vielen anderen Positionen klare Positionen des VDA eingenommen. Wir sind in der Handelspolitik weiter. Die Zeichen aus den USA, dass Strafzölle zu vermeiden sind, sind positiv und wir haben in vielen technischen Bereichen gemeinsam gute Basis gelegt. Und nicht zuletzt sind wir sehr weit gekommen mit der Konzeption einer neuen IAA für die Jahre 2021 folgende. Das sind ein paar wenige Punkte, die ich aus meiner Amtszeit hier zitieren möchte.
Engels: Dennoch gehen Sie nun. Haben Sie zu wenig Rückhalt aus den eigenen Reihen in dieser Amtszeit erfahren?
Mattes: Ich habe mit großer Freude und auch heute noch an den Themen gearbeitet und werde das auch bis zum Jahresende tun. Dann widme ich mich neuen Aufgaben. Insofern ein Blick zurück mit Stolz und Freude und aber auch ein Blick nach vorne auf das, was mich erwartet.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.