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WM in Katar
Saudi-Arabien steigt überraschend in die Vermarktung ein

Im Nahen Osten und Nordafrika hält die katarische BeIn Mediengruppe die Rechte aller wichtigen europäischen Ligen inklusive der Bundesliga und weitere Sportrechte. Das Geschäft war nach einem Boykott durch Nachbarstaaten tief in die roten Zahlen geraten. Jetzt erfolgt plötzlich eine Annäherung.

Von Piet Kreuzer | 29.10.2022
Übersicht von innen des Lusail Iconic Stadium. Hier findet das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar statt.
Übersicht von innen des Lusail Iconic Stadium. Hier findet das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar statt. (picture alliance / GES / Markus Gilliar / Markus Gilliar)
Nach langer Eiszeit tauen die eingefrorenen Beziehungen zwischen Katar und Saudi-Arabien langsam wieder auf. In dieser Woche verkündete die beIN Media Group eine strategische Partnerschaft mit der saudi-arabischen Vermarktungsfirma Firma SMC MC, die dem Königshaus nahesteht. Schon bei der Fußball-Weltmeisterschaft im kommenden Monat soll die Zusammenarbeit beginnen. Laut der Nachrichtenagentur Reuters hat das Geschäft einen Wert von 150 Millionen US Dollar. Mohammad Al-Subaiem, bei beIN Media für den Nahen Osten und Nordafrika verantwortlich, wird in einer Pressemitteilung zitiert:
"Diese Partnerschaft ist ein Beweis für den Erfolg der beIN-Wachstumsstrategie und deren Weiterentwicklung sowohl im Nahen Osten und Nordafrika als auch weltweit. Dies ist nur der Anfang."
Denn beIN will auch einen Investor ins Boot holen. Zu den Interessenten soll neben einigen US-Investoren auch der saudische Staatsfonds gehören. Das berichten mehrere Nachrichtenagenturen.
"Eine Partnerschaft mit BeIN, das wäre eine sehr interessante Annäherung zwischen den beiden Ländern Katar und Saudi-Arabien", sagt Craig LaMay. Der Journalist ist auch Professor an der Northwestern University in Doha. "Aber ich weiß auch, dass beiN Geld verliert. Niemand weiß genau, wie viel, aber niemand denkt, das Unternehmen macht Geld. Und ein Großinvestor wie Saudi-Arabien könnte sicherlich helfen, dass BeiN seine Stellung als weltweit führender TV-Konzern in Bezug auf die Anzahl der Sport-Rechte behält. Und auch um zu wachsen, insbesondere im Nahen Osten."

Saudi-Arabien verantwortlich für Verluste von BeIn

Ein Einstieg der Saudis hätte allerdings auch einen faden Beigeschmack. Schließlich sind sie verantwortlich für die roten Zahlen von beIN Sports. Denn vier arabische Staaten, neben den Saudis, Ägypten, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate, hatten jahrelang die Grenzen zu Katar geschlossen sowie alle politischen und wirtschaftlichen Beziehungen abgebrochen. 
Das Emirat hatte zuvor eine Beschwerde gegen Saudi-Arabien bei der Welthandelsorganisation WTO eingereicht, weil unter anderem beIN der Sendebetrieb im Königreich untersagt wurde. Ein weiterer Grund war die Weigerung der Saudis, Maßnahmen gegen den von ihnen geduldeten Piratensender beoutQ zu ergreifen. Dieser hatte illegal Inhalte von beIN verbreitet. Das führte zu sinkenden Abozahlen und geringeren Einnahmen wie auch dem Verlust einiger wichtiger Sport-Rechte.
Mittlerweile hat sich die Situation entspannt, beide Länder setzten ihre Beschwerden bei der WTO aus, ebenso wie die Schadensersatzklage in Höhe von einer Milliarde US-Dollar. Mehrere Gründe dürften zum Einlenken geführt haben. Politischer Druck, aber auch eine Intervention des Fußball-Weltverbandes Fifa, meint LaMay:
"Die Fifa wollten nicht, dass eine Weltmeisterschaft in Katar stattfindet, während gleichzeitig eine Blockade besteht, so dass die Menschen nicht aus der Region reisen können. Das wäre natürlich eine Katastrophe für die Visaerteilung gewesen. Und natürlich nimmt auch Saudi-Arabien an der WM teil."

Hätten die Saudis sich selbst bestohlen?

Ein anderer Aspekt ist die Übernahme von Newcastle United durch den saudischen Staatsfonds. Der englische Klub spielt in der Premier League, die zu den wichtigsten Partnern von beIN gehört und so auch Geld wegen der Piraterie verloren hat:
"Es wäre für die Saudis unmöglich gewesen, Newcastle zu kaufen, weil sie damit Teil der englischen Premier League wären. Man kann sich nicht selbst bestehlen", erklärt Craig LaMay. Newcastle oder die umstrittene LIV Invitational Golf-Serie sind aber nur ein Teil der Ambitionen im Sport:
"Saudi-Arabien hat jetzt viel in den Sport investiert. Sie haben in viele Sportarten investiert, die junge Menschen ansprechen, wie zum Beispiel Wrestling, E-Sport, Drohnenrennen, und sie werden sich auch für die Fußballweltmeisterschaft 2030 mit Ägypten und Griechenland bewerben, und sie haben gesagt, dass sie Olympische Spiele ausrichten wollen."
Und zur Ausrichtung solcher Veranstaltungen passt auch der Erwerb globaler Mediennetzwerke wie beIN Sports. Einerseits um Geld zu verdienen. Vor allem aber um Image zu gewinnen. Besser kann man Sportswashing kaum betreiben. Das erste Geschäft ist mit der strategischen Partnerschaft zwischen beIN und SMC MC gemacht. Weitere Deals sollen folgen, zum Gewinn beider Seiten. Das Wohlwollen Saudi-Arabiens kostet eben.