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Beratung verbessern

In der Finanzkrise haben Viele ihre Altersversorgung verloren. Damit das nicht wieder vorkommt, hat die schwarz-gelbe Regierung ein Anlegerschutzgesetz beschlossen. Es soll Anleger künftig vor falscher und interessengeleiteter Beratung schützen. Doch die neue Regelung ist umstritten.

Von Andreas Baum |
    Es geht um ein ganzes Bündel von Maßnahmen im Bundestag. Erstens: Die Erhöhung der Beteiligungstransparenz. Das betrifft den Aktienmarkt, es soll das so genannte Anschleichen verhindert werden, dass also Unternehmen unter der Hand gekauft und dann übernommen werden. Zweitens: Die Produktinformation soll verbessert werden – wer als Anleger Finanzprodukte kauft, bekommt darüber ein Protokoll, das er später vor Gericht verwenden kann. Drittens: Die Aufsicht über die Verkäufer von Finanzprodukten soll verbessert werden und viertens stehen die offenen Immobilienfonds zur Debatte.

    Vor allem der zweite und der dritte Punkt betreffen die Verbraucher besonders. Die Bundesregierung – natürlich – hat nur Lob für den eigenen Entwurf übrig, die Debatte im Bundestag heute eröffnete der CSU-Politiker Hans Michelbach.

    "Das ist der Schritt, den wir heute gehen: ein Quantensprung, ein Meilenstein, meine Damen und Herren. Das ist ein finanzpolitischer Weg, der neue Vertrauensbasis schafft. Wir sollten uns einig sein, dass eine Stärkung des Verbraucherschutzes auf den Finanzmärkten mit diesem Gesetz wirklich vorankommt."

    Leider können das die Betroffenen nicht so sehen. Die Verbraucherschutzverbände warnen seit Monaten vor diesem Gesetz – zwar mag die Stoßrichtung stimmen, nur eben im Einzelnen sei es so lasch, dass die Verbraucher kaum geschützt werden. So sieht es zum Beispiel Manfred Westphal, Leiter der Abteilung Finanzdienstleistungen im Verbraucherverband vzbv: Dieser Gesetzentwurf sei nicht weniger als eine Mogelpackung.

    "Zum einen sehen wir deutliche Mängel, was eine effiziente Aufsicht des gesamten Bereichs Anlageberatung und Anlegerschutz angeht. Zum anderen geht uns die Regelung beim Produktinformationsblatt nicht weit genug. Man hat hier zwar zum ersten Mal ein solches Produktinformationsblatt eingeführt. Das wird aber nicht standardisiert. Es ist auch nur im Rahmen einer Beratungssituation zu übermitteln und nicht generell, wenn ein Anlageprodukt in Verkehr gebracht wird."

    Am Ende könnte es darauf hinauslaufen, dass die Gewerbeämter die Finanzproduktverkäufer der Banken kontrollieren, und die, so die Kritik, haben überhaupt nicht die Kompetenz dazu. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), deren Aufgabe dies eigentlich ist, habe dazu gar nicht genügend Mittel - am Ende werden die Banken sich weiter selbst kontrollieren. Außerdem: Das Produktinformationsblatt, schöne Idee, schlecht ausgeführt, so sieht es der vzbv, denn die Protokollpflichten sind so schwach formuliert, dass es am Ende womöglich nichts bringt.

    "Das Protokoll soll ja gerade dem Anleger nützen, wenn er feststellt, dass er hier möglicherweise getäuscht worden ist und dass er dann eben, wenn es zum Streit kommt, dieses Protokoll vorlegen kann. Aber die Protokolle sind oft so abgefasst, dass abzusehen ist, dass ihnen dieses Protokoll in einem späteren Rechtsstreit nichts nützen wird."

    Weshalb natürlich auch die SPD sich im Bundestag weitgehend der Verbraucherschützern anschließt und sagt: So wird das nichts mit der Krisen-Prävention. Der sozialdemokratische Politiker Carsten Sieling spricht gar von frechem Etikettenschwindel.

    "Das Prinzip Ihres Gesetzes ist das Prinzip Ihrer Politik, das Prinzip Ihres Vorgehens heißt in Wirklichkeit: Allen Märkten zuliebe, allen Akteuren zuliebe, allen Produkten zuliebe, die Anlegerinnen und Anleger, die Verbraucherinnen und Verbraucher bleiben links liegen mit dem, was Sie uns hier heute zur Abstimmung stellen. Das ist die bittere Wahrheit."

    Bleibt noch anzufügen, dass der sogenannte graue Kapitalmarkt heute ganz ungeregelt bleibt – so sehen es jedenfalls Opposition und Verbraucherschützer: Bis private Vermittler von Finanzdienstleistungen effektiv kontrolliert werden, muss noch ein neues Gesetz entworfen und durchs Parlament gebracht werden. Und auch das habe erhebliche Schwächen. Alles in allem also keine Glanzleistung, dieses Gesetz, so sehen es SPD, Grüne und die Linkspartei, es wird am Ende aber trotzdem den Bundestag passieren, die Mehrheit von Schwarz-Gelb dürfte ihm sicher sein.