Die Studie fragt danach, welchen Einfluss die jüngst umgesetzten Reformen und die noch geplanten für die Bekämpfung der Altersarmut haben können. Etwa die Versicherungspflicht für Selbständige, ein dauerhaftes Rentenniveau von 48 Prozent, die Grundrente ohne und mit Bedürftigkeitsprüfung oder auch die Einführung eines Freibetrags für Einkommen aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei der bestehenden Grundsicherung.
Armutsrisiko steigt bis 2030
"Diese Reformen bremsen den Anstieg der Altersarmut, sie werden ihn aber nicht umkehren", sagt Christoph Schill von der Bertelsmann Stiftung. Denn nach der vorausschauenden Simulation der Forscher steht ohne Zweifel fest, dass das Armutsrisiko in den kommenden beiden Jahrzehnten weiter zunehmen wird. Die Grundsicherungsquote wird - unter der Annahme, dass tatsächlich alle Anspruchsberechtigten die Grundsicherung auch für sich in Anspruch nehmen, was im Moment bei weitem nicht der Fall ist, von derzeit gut 9 Prozent auf etwa 12 Prozent in den Jahren ab 2030 steigen. Auch das Armutsrisiko steigt im gleichen Zeitraum von etwa 16,8 Prozent auf knapp 22 Prozent. Davon betroffen sind in erster Linie Menschen mit geringer Qualifikation, alleinstehende Frauen und Männer, sowie solche, die länger arbeitslos waren oder einen Migrationshintergrund mitbringen.
"Wir sehen, dass speziell bei neuzugehenden Renten das Armutsrisiko höher ist. Und ein zweiter Grund sind sicherlich die Rentenreformen, also, die haben Leistungen gestrichen."
Die zurückliegenden Rentenreformen, mit denen der Anstieg der Rentenausgaben begrenzt werden sollte, sind da nicht ohne Wirkung geblieben und tragen auch zum möglichen Armutsrisiko bei, betont Studienleiter Johannes Geyer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin. So dürfte in den kommenden Jahrzehnten auch die Altersarmut in Ostdeutschland noch stärker ansteigen, die im Moment noch unterhalb des Niveaus in Westdeutschland liegt. Der Grund dafür ist die schlechtere Arbeitsmarktlage in den ersten beiden Jahrzehnten nach der Wende.
Heils Grundrente hilft
Vor diesem Hintergrund erscheint es unerlässlich, etwas gegen das Armutsrisiko zu tun. Wenn etwa die derzeit geltende Haltelinie von 48 Prozent beim Rentenniveau weiter geführt werden würde, so hätte das aber nur geringe Auswirkungen auf die Altersarmut, weil davon ja alle Rentner profitieren würden. Deutlich wirkungsvoller erscheint da die vom Bundesarbeitsminister geplante Grundrente.
"Ja, die Grundrente von Hubertus Heil, die hilft durchaus Menschen in Armut. Allerdings ist die Maßnahmen relativ teuer, und sie erreicht auch Menschen, die höhere Einkommen beziehen."
Ein wirkungsvolleres Einzelinstrument wären da der Studie zufolge höhere Freibeträge für Einkommen neben der gesetzlichen Rente in der Grundsicherung. Etwa die Freistellung von 100 Euro pro Monat aus einer privaten Altersvorsorge. Da die aber nicht flächendeckend vorhanden ist, halten die Forscher eine Kombination beider Instrumente für den sinnvollsten Weg.
"Also dass man einen Freibetrag ansetzt, der vielleicht ein wenig geringer ist als der, den wir jetzt simuliert haben und bei der Grundrente doch vielleicht doch mit einer vereinfachten Bedürftigkeitsprüfung die Aufwertung vornehmen würde: Also, das wäre ein Möglichkeit, um die Kosten vielleicht im Zaum zu halten und die Zielgruppe ein bisschen treffsicherer zu treffen."
Damit beschrieben die Forscher aber auch genau die offenen Fragen, um die sich derzeit die Kompromisssuche der Koalitionspartner in Berlin bei der Grundrente dreht.