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Bildung und Beruf in Zeiten der Finanzkrise

Das Institut Allensbach hat im Auftrag des Reemtsma-Begabtenförderungswerkes eine Studie unter Studierenden durchgeführt. Die Umfrage interessierte sich für die Studienbedingungen und für die Erwartungen der Studierenden für ihren Berufseinstieg.

Von Dorothea Jung |
    Die Meinungsforscher haben rund 2000 Studierende aller Fachrichtungen in ganz Deutschland nach ihren Studienbedingungen befragt. Die Zahlen sind sehr aktuell - die repräsentative Online-Befragung fand im April dieses Jahres statt. Eines ihrer Kernergebnisse lautet: Den Run von Erstsemestern auf Universitäten und Hochschulen - als Folge von Wehrpflicht-Aussetzung und doppelten Abiturjahrgängen - haben die Studierenden ganz gut bewältigt. Und das, obwohl im Vorfeld angesichts von 70.000 neuen Hochschülern und -schülerinnen die Sorge groß gewesen sei, betont Dr. Rüdiger Schulz vom Institut für Demoskopie Allensbach.

    "Sie erinnern sich vielleicht an Meldungen, dass hier Kinosäle für Vorlesungen angemietet wurden, aber schon nach kurzer Zeit waren eigentlich diese Befürchtungen überwunden; Sie seien: 'Wenig verändert' sagen 57 Prozent, 'Eher verbessert' 14 Prozent, und 'Eher verschlechtert' 16 Prozent."

    Der Anteil derer, die ihre Studienbedingungen negativ einschätzen, ist im Vergleich zum Vorjahr unverändert geblieben. 20 Prozent der Befragten machten ihr Kreuzchen bei "Weniger gut" und nur vier Prozent bei "Gar nicht gut". Rüdiger Schulz, der das Umfrageprojekt bei Allensbach geleitet hat, führt die relative Zufriedenheit der Studierenden auf Finanzmittel aus dem Hochschulpakt zurück. Die hätten offenbar Ausbaumaßnahmen ermöglicht und vielfach Engpässe an den Universitäten abgemildert.

    Ein zweites Schlaglicht wirft die Umfrage auf die Erwartungen der Studierenden für ihren Berufseinstieg. Danach rechnet sich die Hälfte der Studierenden gute Chancen aus, nach dem Studium einen angemessenen Job zu finden. 21 Prozent glauben an sehr gute Chancen, nur vier Prozent glauben gar nicht an einen guten Job. Diese relativ optimistische Einschätzung der Jobperspektive bezieht sich laut Studie aber nur auf den Berufseinstieg. Hinsichtlich der langfristigen Zukunftsperspektiven äußerten sich die Befragten deutlich skeptischer. Das führt Rüdiger Scholz auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Europa zurück.

    "Der interessante Punkt ist, dass die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt härter wird, weil auch viele Absolventen aus anderen Länden nach Deutschland kommen. Viele qualifizierte Arbeitskräfte werden gesucht, der Wirtschaft geht 's gut; gute Arbeitsbedingungen, gute Gehälter, viele deutsche Unternehmen sind Weltmarktführer, die Lebensqualität in Deutschland ist sehr hoch und da sind die Sorgen verständlich."

    Bei allen Zukunftsaspekten äußerten sich die Frauen besorgter als die Männer. Die Umfrageergebnisse lassen den Schluss zu, dass weibliche Hochschulabsolventen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie einen wesentlich höheren Stellenwert einräumen als Männer. Bei beiden Geschlechtern spielt die Arbeitsplatzsicherheit allerdings eine herausragende Rolle.

    "Viel Berufsanfänger bekommen keine unbefristeten Verträge, sondern nur Zeitverträge. Also, das ist sicher ein Punkt, der sehr wichtig ist. Wenn man hier Optimismus für die Zukunft wecken will, muss man auch zeigen, dass man bereit ist, eben auch längerfristige Arbeitsverträge abzuschließen."

    Angesichts der labilen Verfassung der Weltwirtschaft und der hohen Jugendarbeitslosigkeit in ganz Europa zweifeln laut Studie viele Akademiker an der Nachhaltigkeit des Fachkräftebedarfs in Deutschland. Die Studie zeigt: Eine dauerhafte Beschäftigung im Ausland können sich heute mehr Studierende vorstellen als in den vergangenen Jahren.