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Biobanken
Eine Bank für Blut und Gewebe

In Stickstoff und bei minus 80 Grad werden Gewebeproben oder Blut aufbewahrt. Diese Proben dienen der Analyse und Erforschung von Krankheiten. Aufbewahrt werden sie bei Biobanken. Allein in Deutschland gibt es 120 solcher Banken. Künftig sollen sie auch international vernetzt werden.

Von Christina Sartori | 24.05.2016
    Ein Pathologe der Uni Freiburg entnimmt eine Gewebeprobe aus einem Behälter.
    Gewebeproben können bei Biobanken gelagert werden. (imago stock&people/Joker/Alexander Stein)
    Auch wenn der Name es nahelegt: Eine Biobank hat nichts mit Geld zu tun. Hier werden viel wertvollere Dinge gesammelt als Geld, nämlich Proben vom menschlichen Körper, erläutert Professor Michael Hummel, Leiter der zentralen Biobank an der Charité in Berlin.
    "Biobanken sind Sammlungen von in der Regel humanen Biomaterialien. Das sind Gewebeproben, das können flüssige Proben sein, wie Blut oder Liquor und das sammeln wir unter hoch qualitativen Bedingungen."
    Genutzt werden diese Proben dann später für die medizinische Forschung, erklärt Michael Hummel. Dabei unterscheidet man zwei Arten von Biobanken: Zum einen die klinischen Biobanken, bei denen das Material von Krankenhaus-Patienten stammt. Zum anderen gibt es aber auch populationsbasierte Biobanken, erklärt Michael Hummel:
    "Dass heißt, man sammelt von gesunden Menschen in der Regel Blutproben, manchmal auch Urin, stellt viele, viele Fragen, damit man weiß, woher sie kommen, was sie tun, und sammelt das dann. Und kann das dann später für Analysen verwenden."
    Zum Beispiel, um Blutproben von Jugendlichen mit Diabetes auf Gemeinsamkeiten im Blut hin zu untersuchen. Oder um Tumoren genauer genetisch zu analysieren, als es vor zehn, 20 Jahren möglich war. Wie zum Beispiel beim Lungenkrebs, erzählt Dr. Roman Siddiqui, wissenschaftlicher Referent der AG Molekulare Medizin und Biomaterialbanken der Forschungsplattform TMF.
    "Früher hatte man einen bestimmten Tumor: Lungenkrebs, Adenokarzinom. Und jetzt wenn man das Adenokarzinom aufschneidet, sequenziert, findet man Bereiche von Mutationen. Man kann also Subklassifizierungen machen. Und anhand der Mutationen dann auch viel individueller therapieren."
    120 Biobanken in Deutschland registriert
    Denn während gegen den einen Typ Lungentumor das Medikament X wirkt, hilft beim anderen Typ Lungentumor nur das Medikament Y.
    Über 120 Biobanken sind derzeit im deutschen Biobanken-Register eingetragen, und mit Sicherheit gibt es noch mehr. Damit die dort gelagerten Proben auch noch einige Jahre später verwendet werden können, müssen sie tief gekühlt werden – ohne Unterbrechung. Hier hat sich einiges weiterentwickelt, beschreibt Roman Siddiqui:
    "Die Biobanken, die früher so in den kleinen Kühlschränken von kleinen Departments waren, von Kliniken, die wandeln sich jetzt in professionelle Systeme um. Weil man erkannt hat, dass jeder Kühlschrank anders ist, jeder Kühlschrank Temperaturschwankungen hat."
    Neue Biobanken werden gleich als große Gebäude angelegt, sagt Roman Siddiqui.
    "Es sind Gebäude, wo man praktisch nicht mehr hineingehen kann, weil da ist Minus 80 Grad und das ist flüssig Stickstoff und dort werden die Proben gelagert, um im bestmöglichen Zustand für den Forscher zur Verfügung zu stehen."
    Nicht nur in Deutschland, auch in anderen Ländern gibt es mehrere Biobanken. Derzeit wird daran gearbeitet, all diese Biobanken miteinander zu vernetzen. Auf europäischer und internationaler Ebene. Michael Hummel spielt als Leiter des deutschen Biobank-Knotens eine wichtige Rolle bei diesen Bemühungen.
    "Was wir derzeit im deutschen Biobank Knoten auch in Zusammenarbeit mit europäischen Kollegen machen, ist eine echte Vernetzung von Biobanken. Das heißt: Man kann dann abfragen zu bestimmten Probenarten, zu bestimmten Erkrankungen über Biobanken hinweg sogar durchführen."
    Dezidierte Krankheitsanalyse möglich
    Der Vorteil einer solchen Vernetzung: Es stünden viel mehr Proben zur Verfügung. So finden Wissenschaftler selbst zu seltenen Krankheiten genügend Material für ihre Untersuchungen.
    "Das wird immer wichtiger, weil bestimmte Erkrankungen sich in immer kleinere Untergruppen aufteilen lassen. Die Forschung hat so viele Untergruppen zum Beispiel für das Lungenkarzinom, für manche Gruppen gibt es nur ein paar hundert Leute in Deutschland und das kann man nicht mehr in einer Biobank leisten."
    In Zukunft werden Biobanken auch über die Landesgrenzen hinweg zusammenarbeiten, und Gewebeproben können mit der neuen Technik Jahrzehnte lang aufbewahrt werden. Deswegen spielt das Thema Datenschutz eine besonders wichtige Rolle bei der Ausarbeitung der Regeln für eine europäische Vernetzung von Biodatenbanken.
    "Es gibt eine Patienteneinwilligung, der Patient kann, muss aber nicht, einwilligen. Das hat keine Nachteile für ihn, wenn er das ablehnt."