
Eine Entscheidung wie ein Donnerhall. René Wilke als brandenburgischer Innenminister – das hatte nun wirklich niemand auf dem Zettel. Der Ex-Oberbürgermeister von Frankfurt/Oder, der Ex-Linke Wilke kennt die Baseballschläger-Jahre aus eigener Erfahrung. Er musste als Jugendlicher vor den Nazi-Schlägern davonrennen. Ein Mann mit Glatze, aber klarer Haltung gegen Rechtsextremismus.
Trotz dieser Personalentscheidung: An der SPD-Basis brodelt es weiter. Genossinnen und Genossen stöhnen und schimpfen. Fragen sich, warum Woidke so lange an der Ex-Innenministerin Katrin Lange festgehalten hat.
Vor zwei Wochen hatte sie Brandenburgs anerkannten Geheimdienstchef – der das rechtsextreme Agieren der AfD genau im Blick hatte – aus dem Amt geschmissen. Ihr missfiel die Hochstufung der Brandenburger AfD als gesichert rechtsextreme Bestrebung. Die Rechtsextremen im Landtag haben gefeixt, weil ihnen der Geheimdienstchef wegen seines klaren Blicks schon lange ein Dorn im Auge war. Sie ihn weghaben wollten. Das hat dann eine Sozialdemokratin für sie erledigt. Ein Grund, warum der Druck auf Lange – die die AfD normalisieren wollte – immer größer wurde. Am Ende hat die Ex-Innenministerin ihren Rücktritt verkündet. Und Regierungschef Woidke?
Er hat an ihr festgehalten. Bis zuletzt. Als er dann letzte Woche, statt der Innenministerin den Laufpass zu geben, den Regierungssprecher Florian Engels in einer Nacht-und-Nebel-Aktion, in Wildwest-Manier rausschmiss, weil er den Umgang des Regierungschefs in der ganzen Sache kritisierte, drohte es an der Basis völlig zu eskalieren.
Die SPD emanzipiert sich
Früher – zu Zeiten von Manfred Stople und Matthias Platzeck – war es Gesetz, was der Regierungschef gesagt hat. Doch jetzt emanzipiert sich die SPD, will ein Wörtchen mitreden. Sie will es sich auch nicht gefallen lassen, wenn eine Sozialdemokratin rechts blinkt.
Und es geht um den Umgang von Woidke mit der AfD. Der ist – gelinde gesagt – planlos. Nachdem man nach der letzten Landtagswahl nur mit Ach und Krach vor der AfD gelandet ist, hat auch er versprochen: Wir haben verstanden. Wir gehen raus, erklären unsere Politik. Doch was passiert praktisch? Nichts. Kabinettssitzungen vor Ort, Bürgerdialoge wurden verschoben. Wann sie kommen? Niemand weiß es.
Wenn Woidke die Basis wieder hinter sich vereinen will, muss er ganz praktisch deutlich machen, wo er steht. Ein Befreiungsschlag mit der Ernennung eines neuen Innenministers reicht nicht aus. Woidke muss der historischen DNA der Sozialdemokraten gerecht werden. Rausgehen, vor Ort, in der Provinz, auf Marktplätzen Gesicht zeigen. Ansonsten droht ihm und der SPD in Brandenburg derselbe Absturz wie in Thüringen, Sachsen oder Sachsen-Anhalt.