Maren Bullermann in ihrem Büro bei der Gewoba, der städtischen Wohnungsbaugesellschaft in Bremen. Mit dem Alltagsgeschäft hat die Betriebsratsvorsitzende genug zu tun. Die Debatte über die Privatisierungsbremse in ihrer Stadt verfolgt sie dennoch mit Interesse. Künftig sollen die Bremer mitentscheiden dürfen, ob städtisches Eigentum verkauft wird:
"Dadurch, dass wir jetzt im Zusammenhang mit der Privatisierungsbremse als Gewoba immer an erster Stelle genannt werden, entsteht eigentlich für die Kollegen der Eindruck, dass das Thema möglicherweise wieder auf dem Tisch ist. Und das kommt nicht bei allen gut an."
Ein privater Investor würde den 450 Beschäftigten der Bremer Wohnungsbaugesellschaft weniger zahlen, sagt Maren Bullermann. Und für den Bestand der Gewoba, also rund 40.000 Mietwohnungen, würden die "Heuschrecken" wohl auch weniger lockermachen als die Stadt, sagt sie.
Ortswechsel: Andreas Bovenschulte, sitzt an seinem Schreibtisch im Büro des SPD-Landesvorstandes. Er hält es für langfristig klug, künftig nicht allein das Parlament über die Verkäufe städtischer Unternehmen entscheiden zu lassen:
"Wir werden eine Situation haben, wo uns das Thema schneller, als uns lieb ist, wieder einholen kann, wo vielleicht sogar von außen Druck gemacht wird, dass wir bestimmte Unternehmen verscherbeln. Das ist ja auch nicht ausgeschlossen. Und dann, glaube ich, ist es gut, so einen Sicherungsmechanismus zu haben, der sicherstellt, dass gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger nichts läuft."
Andreas Bovenschulte spielt darauf an, was das Bundesverfassungsgericht einst dem Land Berlin empfahl; nämlich seine Wohnungsbaugesellschaft zu privatisieren und so klamme Kassen wieder aufzufüllen; wenigstens kurzfristig. Dort übrigens, in Berlin - genauso wie in Schleswig-Holstein und Hamburg, ist man gespannt, wie Deutschlands kleinstes Bundesland verfassungsrechtliche Geschichte schreiben will. Tim Weber jedenfalls nennt es so. Er ist Geschäftsführer des Bremer Landesverbandes von "Mehr Demokratie". Nach der letzten Bremer Landtagswahl, 2011, schlug die Nichtregierungsorganisation der Bremer SPD vor, die Bürger in Zukunft direkt in Privatisierungspläne einzubinden und genau das in der Landesverfassung zu verankern. Im Herbst wird es so weit sein, sagt Tim Weber:
"Und zwar die beabsichtigte Verfassungsänderung sagt: Wenn ein städtischer Betrieb privatisiert wird, findet eine Volksabstimmung statt. Es sei denn, zwei Drittel der Abgeordneten sind für diese Privatisierung, dann kann der Volksentscheid entfallen. Es können dann aber entweder 25 Prozent der Abgeordneten oder 5 Prozent der Bürgerinnen und Bürger doch einen Volksentscheid beantragen."
Klingt kompliziert, sagt Weber selbst. Aber er hält die neue Bremer Privatisierungsbremse dennoch für eine intelligente Lösung und ist zufrieden: Endlich werde Artikel 66 der Landesverfassung ernst genommen, darin heißt es: Zitat: "Die Staatsgewalt geht vom Volke aus." Tim Weber:
"Und jetzt hat man hier den ersten Spezialfall geregelt, wo man sagt: Privatisierungen, das sind so wichtige Fragen, da entscheiden die Bürger selbst und nicht mehr wir. Und das ist sozusagen ein besonderer Schritt, wo man auch Vertrauen abgibt - das ist ein sehr, sehr zartes Pflänzchen, das fängt erst ganz klein an. Aber man nimmt den Bürger nicht mehr als Gegner, sondern man sagt: Du entscheidest, ist ja irgendwie deine Sache."
So betrachtet ist nicht nur die städtische Wohnungsbaugesellschaft Sache jedes einzelnen Bremers. Auch der Flughafen und die Straßenbahn und die städtischen Kliniken und viele anderen Unternehmen gehören eigentlich allen Bremern ein bisschen. Deshalb sollen sie in Zukunft mitentscheiden, was davon privatisiert werden darf. Für Thomas Röwekamp, Fraktionsvorsitzender der CDU in der Bremer Bürgerschaft bedeutet das vor allem eins: ein Privatisierungsverbot. Außerdem, sagt er, habe doch niemand die Absicht, öffentliches Eigentum in Bremen zu privatisieren. Mit den Verkäufen der letzten Jahre habe Bremen auch keinen Profit gemacht, und die Stimmung in Politik und bei den Bremern sei ja ohnehin eher "kontra Privatisierung" und "pro Staat":
"Die Entscheidung wird sich in den nächsten zehn Jahren nicht stellen. Und deswegen ist das - ob's in der Landesverfassung steht oder nicht - eigentlich für die politische Wirklichkeit in Bremen und Bremerhaven und für die Menschen egal."
Ob die Privatisierungsbremse sich für Bremen lohnt - Maren Bullermann von der Gewoba ist nicht überzeugt. 2005, als der Verkauf des Unternehmens das letzte Mal offen diskutiert wurde, hatte sie mit mehr als 14.000 Bremern einen Parlamentsbeschluss per Bürgerantrag bewirkt. Ergebnis: Die Gewoba wurde nicht verkauft, erklärt Maren Bullermann:
"Ich glaube, dass die bestehenden Instrumente ausreichen. Das hat unser Bürgerantrag bewiesen. Ich glaube, wenn Bürger wirklich Interesse haben - dann reichen eigentlich die bestehenden Instrumente aus, um das deutlich zu machen."
Was die Gewoba angeht, mag das stimmen. Was die Möglichkeiten der direkten Demokratie angeht, ist die Bremer Privatisierungsbremse allerdings schon ein Schritt nach vorn. Deutschlands kleinstes Bundesland betritt mit ihr verfassungsrechtliches Neuland.
"Dadurch, dass wir jetzt im Zusammenhang mit der Privatisierungsbremse als Gewoba immer an erster Stelle genannt werden, entsteht eigentlich für die Kollegen der Eindruck, dass das Thema möglicherweise wieder auf dem Tisch ist. Und das kommt nicht bei allen gut an."
Ein privater Investor würde den 450 Beschäftigten der Bremer Wohnungsbaugesellschaft weniger zahlen, sagt Maren Bullermann. Und für den Bestand der Gewoba, also rund 40.000 Mietwohnungen, würden die "Heuschrecken" wohl auch weniger lockermachen als die Stadt, sagt sie.
Ortswechsel: Andreas Bovenschulte, sitzt an seinem Schreibtisch im Büro des SPD-Landesvorstandes. Er hält es für langfristig klug, künftig nicht allein das Parlament über die Verkäufe städtischer Unternehmen entscheiden zu lassen:
"Wir werden eine Situation haben, wo uns das Thema schneller, als uns lieb ist, wieder einholen kann, wo vielleicht sogar von außen Druck gemacht wird, dass wir bestimmte Unternehmen verscherbeln. Das ist ja auch nicht ausgeschlossen. Und dann, glaube ich, ist es gut, so einen Sicherungsmechanismus zu haben, der sicherstellt, dass gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger nichts läuft."
Andreas Bovenschulte spielt darauf an, was das Bundesverfassungsgericht einst dem Land Berlin empfahl; nämlich seine Wohnungsbaugesellschaft zu privatisieren und so klamme Kassen wieder aufzufüllen; wenigstens kurzfristig. Dort übrigens, in Berlin - genauso wie in Schleswig-Holstein und Hamburg, ist man gespannt, wie Deutschlands kleinstes Bundesland verfassungsrechtliche Geschichte schreiben will. Tim Weber jedenfalls nennt es so. Er ist Geschäftsführer des Bremer Landesverbandes von "Mehr Demokratie". Nach der letzten Bremer Landtagswahl, 2011, schlug die Nichtregierungsorganisation der Bremer SPD vor, die Bürger in Zukunft direkt in Privatisierungspläne einzubinden und genau das in der Landesverfassung zu verankern. Im Herbst wird es so weit sein, sagt Tim Weber:
"Und zwar die beabsichtigte Verfassungsänderung sagt: Wenn ein städtischer Betrieb privatisiert wird, findet eine Volksabstimmung statt. Es sei denn, zwei Drittel der Abgeordneten sind für diese Privatisierung, dann kann der Volksentscheid entfallen. Es können dann aber entweder 25 Prozent der Abgeordneten oder 5 Prozent der Bürgerinnen und Bürger doch einen Volksentscheid beantragen."
Klingt kompliziert, sagt Weber selbst. Aber er hält die neue Bremer Privatisierungsbremse dennoch für eine intelligente Lösung und ist zufrieden: Endlich werde Artikel 66 der Landesverfassung ernst genommen, darin heißt es: Zitat: "Die Staatsgewalt geht vom Volke aus." Tim Weber:
"Und jetzt hat man hier den ersten Spezialfall geregelt, wo man sagt: Privatisierungen, das sind so wichtige Fragen, da entscheiden die Bürger selbst und nicht mehr wir. Und das ist sozusagen ein besonderer Schritt, wo man auch Vertrauen abgibt - das ist ein sehr, sehr zartes Pflänzchen, das fängt erst ganz klein an. Aber man nimmt den Bürger nicht mehr als Gegner, sondern man sagt: Du entscheidest, ist ja irgendwie deine Sache."
So betrachtet ist nicht nur die städtische Wohnungsbaugesellschaft Sache jedes einzelnen Bremers. Auch der Flughafen und die Straßenbahn und die städtischen Kliniken und viele anderen Unternehmen gehören eigentlich allen Bremern ein bisschen. Deshalb sollen sie in Zukunft mitentscheiden, was davon privatisiert werden darf. Für Thomas Röwekamp, Fraktionsvorsitzender der CDU in der Bremer Bürgerschaft bedeutet das vor allem eins: ein Privatisierungsverbot. Außerdem, sagt er, habe doch niemand die Absicht, öffentliches Eigentum in Bremen zu privatisieren. Mit den Verkäufen der letzten Jahre habe Bremen auch keinen Profit gemacht, und die Stimmung in Politik und bei den Bremern sei ja ohnehin eher "kontra Privatisierung" und "pro Staat":
"Die Entscheidung wird sich in den nächsten zehn Jahren nicht stellen. Und deswegen ist das - ob's in der Landesverfassung steht oder nicht - eigentlich für die politische Wirklichkeit in Bremen und Bremerhaven und für die Menschen egal."
Ob die Privatisierungsbremse sich für Bremen lohnt - Maren Bullermann von der Gewoba ist nicht überzeugt. 2005, als der Verkauf des Unternehmens das letzte Mal offen diskutiert wurde, hatte sie mit mehr als 14.000 Bremern einen Parlamentsbeschluss per Bürgerantrag bewirkt. Ergebnis: Die Gewoba wurde nicht verkauft, erklärt Maren Bullermann:
"Ich glaube, dass die bestehenden Instrumente ausreichen. Das hat unser Bürgerantrag bewiesen. Ich glaube, wenn Bürger wirklich Interesse haben - dann reichen eigentlich die bestehenden Instrumente aus, um das deutlich zu machen."
Was die Gewoba angeht, mag das stimmen. Was die Möglichkeiten der direkten Demokratie angeht, ist die Bremer Privatisierungsbremse allerdings schon ein Schritt nach vorn. Deutschlands kleinstes Bundesland betritt mit ihr verfassungsrechtliches Neuland.