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Brexit-Rede in Florenz
May bietet Zahlungen für den Übergang

Die britische Premierministerin Theresa May hält heute in Florenz ihre Rede zum Brexit. Sie will einen ersten Durchbruch mit der EU erzielen und übergangsweise Zahlungen anbieten. Doch ihr Außenminister Boris Johnson vertritt einen härteren Kurs.

Von Friedbert Meurer |
    Theresa May, Premierministerin von Großbritannien
    Theresa May will ihre Passivität ablegen und zeigen, wer das Steuer in der Hand hält (AFP/Tolga Akmen)
    "Ladies and Gentlemen, I wish to speak to you about the tragedy of Europe."
    Niemand geringeres als Winston Churchill stand wohl Pate für die Idee, eine wegweisende Rede nicht zuhause, sondern in Florenz zu halten. Die Kirche Santa Maria Novella bildet die glanzvolle Kulisse, um sich in die Tradition eines Europas des gemeinsamen Handelsaustauschs zu stellen. Fast hält die heutige Premierministerin ihre Rede sogar genau am Jahrestag von Churchills berühmtem Auftritt an der Universität Zürich. Das war am 19. September 1946. Churchill sprach von der Tragödie Europas und empfahl, jetzt die Vereinigten Staaten von Europa zu bauen - allerdings ohne die Briten.
    "We must build a kind of United States of Europe."
    "Wir werden weiterhin verlässliche Partner bleiben, bereitwillige Verbündete und enge Freunde."
    Das versicherte die Premierministerin auch schon in ihrer letzten großen Brexit-Rede im Januar, die also schon einige Zeit zurückliegt. "Wir wollen so frei wie möglich Handel treiben und unsere Freundschaft fortsetzen."
    Angebot von 20 Milliarden Euro
    Neben schönen Worten will Theresa May in Florenz aber auch Bares bieten. An den Brexit Ende März 2019 soll eine Übergangszeit von zwei Jahren folgen. Innerhalb dieser Zeit will London weiter Beiträge zahlen - was 20 Milliarden Euro oder mehr ergibt. Damit würde das drohende Haushaltsloch der EU gestopft, dass ohne den Vorschlag in den beiden letzten Jahren der EU-Haushaltsperiode 2014 bis 2020 zu entstehen droht. Gegenüber ihrer letzten großen Brexit-Rede vom Januar wäre das also ein großer Fortschritt.
    "Wir wollen bei einzelnen Programmen weiter mitmachen und sind bereit, dafür einen vernünftigen Beitrag zu leisten", hieß es damals im Lancaster House in London. "Aber das Prinzip ist klar: Die Tage, da Großbritannien jährlich große Beiträge an die EU zahlt, werden aufhören."
    Johnson schlägt scharfe Töne an
    Mit der Rede heute und der 20-Milliarden-Offerte will die Premierministerin einen ersten Durchbruch mit der EU erzielen. Alles war gut vorbereitet für den Auftritt in Florenz - bis vor einer Woche urplötzlich Außenminister Boris Johnson seinen großen Auftritt hatte.
    Der Außenminister hatte im Daily Telegraph Theresa May den Fehdehandschuh hingeworfen, so wirkte es jedenfalls zunächst. Der Ton war ein völlig anderer, als ihn May mutmaßlich in Florenz anklingen lassen will. Großbritannien darf kein Vasallenstaat der EU werden, forderte Johnson pathetisch. Sobald die EU-Mitgliedschaft zu Ende ist, würden auch keine Beiträge mehr bezahlt.
    Die britischen Journalisten stürzten sich am Rand der UNO-Vollversammlung in New York auf Boris Johnson. Wollte er unter Protest gegen Mays EU-Kurs etwa zurücktreten?
    "Nein, natürlich nicht, wir werden einen fantastischen Brexit abliefern", antwortete Boris Johnson, als sei nichts gewesen.
    Opposition fordert Johnsons Rücktritt
    In Florenz wird er heute mit dabei sein und gute Miene zum Spiel machen. Die Opposition fordert seinen Kopf.
    "Es ist eine schreckliche Situation", meinte Vince Cable, der neue Chef der Liberaldemokraten. "Es ist wie in einer Schule, in der alles außer Kontrolle gerät. Die Schulleiterin sitzt wie gelähmt in ihrem Büro und schaut ohnmächtig zu. Sie sollte den Kerl rausschmeißen, sonst ist ihr Ansehen dahin."
    Der Riss bei den Konservativen geht tief. Theresa May aber will ihre Passivität ablegen und zeigen, wer das Steuer in der Hand hält. Boris Johnson soll ihr da nicht vom Rücksitz aus hineinreden, forderte Innenministerin Amber Rudd.
    "Ich will nicht, dass Boris Johnson die Brexit-Verhandlungen managt, Theresa May macht das. Sie steuert den Wagen. Ich und der Rest des Kabinetts wollen ihr dabei helfen."