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Brisantes UN-Papier
Sanktionen gegen Nordkorea offenbar wirkungslos

Falsche Ladepapiere, ungewöhnliche Schifffahrtsrouten, das Verladen von Öl auf hoher See: Nordkorea umgeht offenbar systematisch alle bestehenden internationalen Sanktionen. Ein brisanter UN-Bericht bringt nun eine Reihe kooperierender Staaten in Bedrängnis.

Von Georg Schwarte | 05.02.2018
    Militärparade in Pjöngjang
    Militärparade in Pjöngjang: Das Land braucht Devisen für den Ausbau seines Atom- und Raketenprogramms (imago / Kyodo News)
    213 Seiten ist der bisher unveröffentlichte UN-Bericht lang und er ist ein Schlag ins Gesicht des amerikanischen Präsidenten Trump. Der hatte zuletzt wieder und wieder die Welt aufgerufen, gemeinsam mit den USA die sogenannte Kampagne des maximalen Drucks gegen Nordkorea mittels Wirtschaftssanktionen umzusetzen, um das Land von seinem Atom- und Raketenprogramm abzubringen. Ein Trugschluss offenbar.
    Wie der Bericht an das Sanktionskomittee der Vereinten Nationen belegt, umgingen und umgehen zahlreiche Staaten und Firmen die seit 2006 gegen Nordkorea verhängten Sanktionen. Systematisch. Dauerhaft und mit teilweise hoher krimineller Energie. Beispiel Russland und China: Am 5. August des Vorjahres hatte der UN-Sicherheitsrat nach einem erneuten Raketen-Test Nordkoreas neben weiteren Sanktionen den kompletten Kohle-Export aus Nordkorea verboten.
    Kohlelieferungen nach Russland und China
    Kein Land sollte mehr Kohle beziehen, um Nordkorea nicht weitere Finanzmittel für sein Atomprogramm zu verschaffen. Der UN-Bericht aber listet Dutzende Verstöße auf. Bis zu jenem 5. August verzeichneten die UN-Inspektoren 16 Schiffslieferungen von Kohle zu Häfen in Russland, China, Malaysia und Vietnam. Nach dem kompletten Verbot habe man, so der 213 lange Bericht, 23 weitere Kohlelieferungen registriert. Unter anderem nach Russland und China: Ausgerechnet jene Länder, die Trump persönlich wieder und wieder in Pflicht genommen hatte.
    Offenbar vergeblich. Der UN-Bericht listest weitere beunruhigende Verstöße auf. Waffenlieferungen Nordkoreas ausgerechnet nach Syrien und Myanmar. Das Land, das gerade im Verdacht steht, einen Völkermord an den Rohingya zu begehen. Stichwort Syrien. Hier gibt es laut des unveröffentlichten Papiers Hinweise, das Nord-Korea Raketentechnik und Bauteile, die für die Produktion chemischer Kampfstoffe geeignet sind, nach Syrien geliefert hat. So sei ein Schiff abgefangen worden, dass säurebeständige Kacheln für den Aufbau einer Chemiefabrik an Bord hatte.
    Warnungen von UN-Botschafterin Haley
    UN-Botschafterin Haley, die im Sicherheitsrat zuletzt das schärfste Sanktionsregime der Geschichte der Vereinten Nationen gegen Nordkorea durchsetzte, hatte der Welt wieder und wieder erklärt, was passieren werde, sollte Nordkorea sein Atomprogramm fortsetzen und die USA direkt bedrohen.
    Jetzt die neuen Vorwürfe gegen Nordkorea und zahlreiche Staaten: Falsche Ladepapiere. Ungewöhnliche Schifffahrtsrouten. Das Verladen von Öl auf hoher See von Schiff zu Schiff. Nordkorea umgeht offenbar systematisch alle bestehenden internationalen Sanktionen, um an Devisen für den Ausbau seines Atom- und Raketen-Programms zu gelangen.
    Auch Mineralölkonzerne im Fokus der Ermittler
    Auch mehrere internationale Mineralölkonzerne stehen laut UN-Bericht gerade im Fokus der Ermittler. Sie sollen geholfen haben, die umfangreichen Öleinfuhrverbote nach Nordkorea zu umgehen. Gerade erst hatten sich die USA und Kanada zusammen mit 18 anderen Staaten in Vancouver auf ein rigoroses Umsetzen der Sanktionen geeinigt. Außenminister Tillerson hatte dort Nordkorea gewarnt, die USA würden dem Land nicht erlauben, die Welt als Geisel zu nehmen.
    Jetzt das brisante UN-Papier. Eine offizielle Reaktion der USA steht noch aus. Wenige Tage vor Beginn der Olympischen Winterspiele in Südkorea steht Nordkorea wieder im Fokus der Weltöffentlichkeit.