Montag, 06. Mai 2024

Archiv

Britischer Haushalt
Kein Ende der Sparpolitik

Die britische konservativ-liberale Regierung hat ihren fünften Haushalt vorgelegt. Zum ersten Mal musste Schatzkanzler George Osborne die Erwartungen nicht nach unten korrigieren. Dennoch: Ein Ende der Sparpolitik ist nicht in Sicht. Auch für das kommende Jahr muss die Regierung mehr als 110 Milliarden neue Schulden aufnehmen.

Von Jochen Spengler | 19.03.2014
    Die britische Wirtschaft wächst schneller als vorausgesagt. Statt 2,4 Prozent sollen in diesem Jahr 2,7 Prozent Wachstum erreicht werden.
    "Wir wachsen nun stärker als Deutschland, als Japan und die USA. Es gibt tatsächlich keine entwickelte Wirtschaft weltweit, die derzeit stärker wächst als Großbritannien."
    Allerdings hat das Land auch einen erheblich höheren Nachholbedarf; erst Ende dieses Jahres wird das Bruttosozialprodukt wieder auf dem Vor-Krisen-Niveau liegen. Und Osborne warnte denn auch davor zu glauben, man sei bereits über den Berg und die Arbeit sei getan:
    "Unser Land macht noch immer zu viele Schulden, noch immer investieren, exportieren und sparen wir zuwenig. Deswegen tun wir heute etwas, um das zu korrigieren. "
    Haushaltsdefizit nur halbiert
    Tatsächlich bleibt die wirtschaftliche Erholung Großbritanniens, die nun einsetzt, drei Jahre hinter den ursprünglichen Prognosen zurück. Am deutlichsten wird dies am Haushaltsdefizit. Als die konservativ-liberale Regierung ihr Amt 2010 antrat, versprach sie eine harte Sparpolitik, die das Defizit von seinerzeit elf Prozent des Bruttosozialprodukts bis 2015 auf nahe Null bringen sollte. Tatsächlich schafft man nur die Halbierung des Defizits, was bedeutet, dass die Regierung auch für das kommende Jahr mehr als 110 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen muss.
    Um den Aufschwung nachhaltig zu machen, kündigte der Finanzminister nicht nur eine Reihe von Infrastruktur-Investitionen an, sondern auch mehr Hilfen für die Wirtschaft.
    So sollen die Ausfuhrkredite für Exporteure verdoppelt, die Zinsen dafür um ein Drittel gekürzt werden. Der Steuerfreibetrag für Investitionen wird auf 600.000 Euro verdoppelt, was den Staat fast zweieinhalb Milliarden Euro kostet. Mehr als acht Milliarden will Osborne ausgeben, um die Energiekosten insbesondere für stromintensive Industriebranchen zu senken. Sie sollen befreit werden von den Abgaben für erneuerbare Energien; außerdem setzt Großbritannien auf mehr Atomkraft, Schiefergasfracking und Energieeinsparungen.
    Opposition: Volk hat vom Aufschwung nichts
    Entlasten will der Schatzkanzler auch Rentner und Arbeitnehmer. Für Klein- und Mittelverdiener sind die ersten 12.000 Euro des Jahressalärs steuerfrei, was drei Millionen Briten betrifft. Sparguthaben bis 18.000 Euro werden abgabenfrei gestellt.
    "Die Botschaft dieses Haushalts lautet: Ihr habt es erarbeitet, ihr habt es gespart und diese Regierung ist auf eurer Seite."
    Bleibt noch zu erwähnen, dass die 30 Jahre alte, runde Ein-Pfund-Münze durch ein neues, fälschungssicheres, zweifarbige und zwölfeckiges Geldstück ersetzt werden wird. Was den Oppositionsführer Ed Miliband zur Replik animierte:
    "Sie können die Form des Pfundes ändern. Aber ob es nun eckig, rund oder oval ist - das spielt keine Rolle, wenn man 1.600 Pfund weniger in der Tasche hat."
    Dem britischen Durchschnittshaushalt gehe es unter den Konservativen schlechter als vor vier Jahren, er habe unter dem Strich 1.900 Euro weniger im Jahr zur Verfügung. Das zentrale Argument der Labour-Opposition lautet ein Jahr vor den Neuwahlen: Das Volk hat vom Aufschwung nichts.