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BTU Cottbus: "Es gibt keine Gründe für die Fusion"

Aus Sicht des BTU-Cottbus-Beitratsvorsitzenden Klaus Landfried ist die geplante Fusion seiner Uni mit der Hochschule Lausitz eine Entscheidung von oben herab. Eine solche Zusammenlegung koste nur Geld und bringe keine Vorteile. Stattdessen hätte der Landtag die Studierenden von vorneherein in die Planungen mit einbeziehen sollen.

Klaus Landfried im Gespräch mit Jörg Biesler | 23.10.2012
    Jörg Biesler: Heute Nachmittag startet in Cottbus ein Staffellauf in Richtung Potsdam. 130 Kilometer sind das, und es laufen Studenten und Mitarbeiter der Brandenburgischen-Technischen Universität. Ihr Ziel: der brandenburgische Landtag. Denn dort soll bald darüber entschieden werden, ob die BTU Cottbus mit der Hochschule Lausitz verschmolzen wird, wie es das Kabinett unter Ministerpräsident Platzeck beschlossen hat.

    Morgen früh will der Landtag die Stimmen der Gegner hören – davon gibt es einige –, obwohl der Ministerpräsident als auch die Wissenschaftsministerin Sabine Kunst immer wieder beteuern, es werde nur Vorteile geben für alle. Klaus Landfried war Präsident der Hochschulrektorenkonferenz und ist heute Vorsitzender des Beirats der BTU in Cottbus. Guten Tag, Herr Landfried!

    Klaus Landfried: Guten Tag nach Köln!

    Biesler: Die Hochschulstrukturkommission des Landes Brandenburg ist in einem Gutachten zu Schluss gekommen, dass es sinnvoll ist, beide Hochschulen zu vereinigen, Cottbus und Senftenberg, der eine Standort der Hochschule Lausitz, liegen nicht sehr weit voneinander entfernt. Es gibt sogar Fakultäten am gleichen Standort, in Cottbus nämlich, die das Gleiche – die machen nicht das Gleiche, aber die haben die gleiche thematische Ausrichtung. Die Brandenburgisch-Technische Universität wehrt sich trotzdem ganz vehement gegen diese Fusion – warum eigentlich?

    Landfried: Die Gründe sind vielfältig, aber eine Frage bleibt dabei oben drüber, nämlich wie glaubwürdig ist eine Landesregierung, die von oben herunter, sozusagen nach der Methode des alten Fritzen, eine Fusion verordnen will, durch Gesetz, ohne die Kooperation, die ohnehin schon läuft, und die Vorschläge aus den beiden Einrichtungen, sie zu vertiefen, wirklich ernst zu nehmen. Das ist eigentlich ein Problem, ein politisches Problem. Ansonsten braucht man doch nur in die Geschichte zu schauen. Fusionen hat es viele gegeben. Denken Sie an Daimler und Chrysler, denken Sie an andere Unternehmensfusionen, denken Sie im Hochschulbereich an Fusionen, die alle nicht das erbracht haben, was sie haben erbringen sollen, und zwar deshalb, weil die Betroffenen in der Regel nicht wirklich einbezogen waren. Und ich sage Ihnen, ich habe ganz großen Respekt vor den Studenten, die jetzt dem Landtag sagen – auf eine sehr kreative Weise übrigens –, was sie denken, denn die hätte man von vornherein einbeziehen müssen. Ich denke, wenn man die Studenten einbezieht mit ihrem kreativen Planen von Organisationen und von Events, dann bekäme man auch eine solche Kooperation besser hin, als wenn man sie an den grünen Tischen der Verwaltung plant.

    Biesler: Nun ist das sicherlich eine gute Sache, sowohl die Lehrenden als auch die Lernenden an der Hochschule, an beiden Hochschulen, an der Entscheidung zu beteiligen, aber es ist ja schon Aufgabe der Landesregierung, für ihr Land grundsätzliche Entscheidungen zu treffen. Und die ist nun der Auffassung, dass es die Hochschullandschaft stärkt, wenn beide Hochschulen stärker zusammenarbeiten, zu einer gemeinsamen Hochschule werden. Abgesehen von der Vertrauenskrise, die Sie gerade beschrieben haben, was spricht denn dagegen?

    Landfried: Es gibt keine Gründe für die Fusion, Herr Biesler. Alles, was vorgetragen worden ist, nämlich eine Verbesserung der Kooperation zwischen den beiden Einrichtungen, gilt ja überall. Ich frage mich, warum die Landesregierung nicht gleichzeitig auch betreibt eine Fusion der Fachhochschule Potsdam mit der Universität Potsdam zum Beispiel. Warum machen nicht andere Hochschulen, andere Landesregierungen ähnliche Dinge? Das liegt doch daran, dass hier ein ganz besonderes Problem besteht, und dieses Problem, das dahinterliegt, das wird nicht offen benannt. Das ist nämlich die demografische Krise in der Lausitz, die dazu führt, dass leider die sehr gute Hochschule Lausitz an Studenten verliert, an Studienbewerbern verliert, weil sie sie nur aus der Region rekrutiert. Und die BTU auf der anderen Seite, die Brandenburgisch-Technische Universität, ist attraktiv, sie hat einen Großteil ihrer Studenten nicht aus der Lausitz, nicht aus Brandenburg – die kommen aus dem ganzen Bundesgebiet, sie kommen aus Europa, der Ausländeranteil liegt bei irgendwo zwischen 15 und 17 Prozent und es steigt an. Ich bin gerade dabei, eine Kooperation mit der Universität von Malta zum Beispiel zu fördern. Ich glaube, dass die Landesregierung die Realität nicht richtig sieht.

    Biesler: Jetzt haben Sie gesagt, es steckt dahinter eigentlich ein Problem, das die Hochschule Lausitz hat, das würde ja fast nahelegen, die Hochschule Lausitz zu schließen. Das gerade vorgelegte Papier des Rektorats von der Brandenburg-Technischen Universität in Cottbus plädiert aber für eine Teilintegration. Also vor allen Dingen soll, wenn ich das Papier richtig lese, verhindert werden, dass beide Hochschulen aufgelöst werden und dann neu gegründet. Stattdessen bietet man jetzt an, in bestimmten Bereichen zu kooperieren, zum Beispiel in den Bereichen Architektur oder auch Maschinenbau und Elektrotechnik. Das sind also Bereiche, wo beide im Grunde ähnliche Dinge tun. Ist das ein Kompromisspapier?

    Landfried: Ja und nein. Einerseits ist es sicher richtig, dass man einiges mehr als bisher – es gibt ja jetzt schon ein gemeinsames Institut, das Gilly-Institut, das gerade einen Feiertag gehabt hat …

    Biesler: Das ist ein Architekturinstitut?

    Landfried: Ja. Da gibt es schon Dinge, die gemeinsam gemacht werden. Es ist auch die Idee jetzt im Werden, eine gemeinsame Professional School aufzubauen, also eine Art Graduiertenschule gemeinsam für hervorragende Absolventen. Das ist alles in Ordnung, das kann man alles machen, und ich bin auch sehr dafür, wenn die Beteiligten es wollen und wenn man ihnen dazu ein bisschen Zeit lässt. Alles dieses bedarf aber einer Neugründung und einer Fusion nicht, die nur Geld kostet und nichts bringt.

    Biesler: Also die Beteiligten …

    Landfried: Und ich sag Ihnen auch noch etwas anderes, Herr Biesler: Die Hochschule Lausitz ist gut, die darf man nicht schließen. Die hat auch eine Chance. Aber sie muss halt kreativ attraktiver gemacht werden, ähnlich wie dieses gelungen ist an anderen Standorten. Aber dazu braucht es keine Fusion.

    Biesler: Der Präsident der BTU Cottbus, Walther Zimmerli, hat gesagt, die gewählten Volksvertreter im brandenburgischen Landtag sollen sich nun eine eigene Meinung bilden und hoffentlich nicht gegen den Willen aller Beteiligten eine Zwangsfusion anstreben. Wie hoch rechnen Sie sich denn die Chancen aus, dass der brandenburgische Landtag, in dem ja nun die Regierungsfraktionen, die rot-roten, die Mehrheit haben, tatsächlich in Ihrem Sinne entscheidet?

    Landfried: Da bin ich skeptisch. Ich glaube, dass der Landtag unter der strengen Führung der Landesregierung dieses durchziehen wird, das wurde mir auch mehrfach im Hintergrund bedeutet, das wird gemacht, und dann werden wir mal sehen. Als ob die Landesregierung in Berlin-Brandenburg nicht noch andere, sehr viel größere Baustellen, die ihre Glaubwürdigkeit noch viel mehr infrage stellt, zu bearbeiten hätte. Denken Sie mal an den schönen Flughafen!

    Biesler: Das ist eine andere Baustelle, da haben Sie recht. Klaus Landfried, der Vorsitzende des Beirats der Brandenburgisch-Technischen Universität Cottbus, zu den Fusionsabsichten der Landesregierung in Brandenburg mit der Hochschule in Lausitz. Danke schön!

    Landfried: Ihnen auch!


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.