Sozialstaat
Bundesregierung prüft offenbar Abschaffung des Pflegegrads 1

Die schwarz-rote Koalition prüft laut einem Pressebericht die Abschaffung des Pflegegrads 1. Damit sollen die Sozialausgaben gesenkt werden, schreibt die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf führende Koalitionspolitiker. Durch die Streichung könnten rund 1,8 Milliarden Euro eingespart werden. Umgehend wird Kritik laut.

    Eine ambulante Pflegefachkraft begleitet einen Bewohner des Betreuten Wohnens mit seiner Gehhilfe durch das Gebäude.
    Eine Pflegerin läuft mit einem Bewohner im Betreuten Wohnen durch das Gebäude. (picture alliance / dpa / Daniel Karmann)
    In den Pflegegrad 1 werden Personen eingestuft, deren Selbstständigkeit oder Bewegungsfähigkeit nur relativ gering beeinträchtigt ist, etwa aufgrund von Arthrose oder einer beginnenden Demenz. Das sind zur Zeit etwa 860.000 Menschen. Für diese Gruppe bezahlt die Pflegeversicherung keine ambulanten Hilfen durch Pflegedienste oder Pflegegeld. Diese sind den Pflegegraden 2 bis 5 vorbehalten. Allerdings haben Pflegebedürftige im ersten Grad Anspruch auf finanzielle Zuschüsse, wenn sie etwa ihre Wohnung barrierefrei umbauen müssen. Darüber hinaus steht ihnen ein monatlicher Entlastungsbetrag von bis zu 131 Euro zu.
    Die entsprechenden Regeln existieren seit 2017. "Durch die Einführung des Pflegegrades 1 wurde der Kreis der Menschen, die Leistungen der Pflegeversicherung erhalten können, deutlich erweitert", heißt es auf der Homepage des Bundesgesundheitsministeriums. Laut dem Bundesrechnungshof gibt es in den kommenden Jahren eine Milliardenlücke bei der Finanzierung der Pflegeversicherung. Demnach sollen bereits im nächsten Jahr 3,5 Milliarden Euro fehlen. Bundesgesundheitsministerin Warken (CDU) schloss daher zuletzt auch Einschnitte bei gesetzlichen Leistungen nicht aus.

    Kritik von Opposition und Verbänden

    Kritik an den Überlegungen kam von der Opposition und von Verbänden. Statt dringend notwendiger Entlastung und der Streichung von Hilfen im Alltag müsse Warken dafür sorgen, dass die sechs Milliarden Euro Corona-Mehrkosten in die Pflegeversicherung zurückfließen, forderte die pflegepolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Fischer. "Außerdem ist ein Kostenausgleich zwischen sozialer und privater Pflegeversicherung dringend geboten."
    Der Paritätische Wohlfahrtsverband nannte eine mögliche Abschaffung des Pflegegrads 1 "ein fatales Signal ". Davon seien nicht nur Menschen mit leichten Einschränkungen betroffen, sondern auch deren pflegende Angehörige. "80 Prozent der Menschen in der Pflege werden zu Hause betreut", sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Joachim Rock, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
    Diese Nachricht wurde am 28.09.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.