Die Linke steht für einen politischen und gesellschaftlichen Systemwechsel in Deutschland. Das betrifft die Außenpolitik genauso wie unser Gesundheitssystem oder die durchschnittliche Arbeitszeit.
Bei ihrem Online-Parteitag haben die Delegierten das Programm der Linken für die Bundestagswahl beschlossen. Die Partei geht mit der Forderung nach höheren Renten, einer Vermögensabgabe und der Abkehr von Hartz IV in den Wahlkampf. Das entsprechende Programm erhielt eine Zustimmung von knapp 88 Prozent.
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Das Spitzdenduo für die Bundestagswahl steht mit dem 63-jährigen Dietmar Bartsch und der 40-jährigen Janine Wissler fest. Die beiden verbinden nicht nur unterschiedliche Generationen innerhalb der Partei, sondern auch Ost- und Westdeutschland sowie Realpolitik mit linken Prinzipien.
Arbeit
Der Mindestlohn soll auf 13 Euro erhöht, die Normalarbeitszeit dagegen auf etwa 30 Stunden pro Woche reduziert und die Höchstarbeitszeit auf 40 Stunden begrenzt werden. Den gesetzlichen Urlaubsanspruch will die Partei von derzeit 24 auf 36 Tage erhöhen. Der Vorstand hatte hier 30 Tage vorgesehen, allerdings setzte sich ein Änderungsantrag durch.
Leiharbeit soll verboten und sachgrundlose Befristung abgeschafft werden. Für Manager- und Vorstandsgehälter soll es verbindliche Obergrenzen geben: "Sie dürfen nicht mehr als das Zwanzigfache des niedrigsten Gehalts im Unternehmen betragen."
Familien und Bildung
Hier fordert Die Linke unter anderem eine gebührenfreie öffentliche Kinderbetreuung und ein Mindestelterngeld mit einer längeren Laufzeit (12 Monate pro Elternteil). Mehr Personal für Kitas und Schulen und Investition in Infrastruktur und Digitalisierung stehen ebenfalls im Entwurf. Das Ziel: Bildungsgerechtigkeit.
Für alle Kinder will Die Linke Ganztagsschulen ermöglichen, vorzugsweise in Form von Gemeinschaftsschulen. Alle Schulen müssten barrierefreie Zugänge bekommen und eine adäquate Ausstattung, wozu auch mehr Lehrkräfte gehören und Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter an jeder einzelnen Schule. Allen Schulkindern möchte die Partei ein Laptop, Drucker und einen kostenfreien Internetzugang zuhause zur Verfügung stellen.
Für Auszubildende plant Die Linke anonymisierte Bewerbungsverfahren. Mögliches Schulgeld soll wegfallen.
Die Hochschulen will die Partei öffnen: Auch Menschen mit einer abgeschlossenen beruflichen Ausbildung sollen studieren dürfen. Studiengebühren, Numerus clausus, Auswahlgespräche, Intelligenztests und Befristungen für wissenschaftliches Personal soll es ebenfalls nicht mehr geben.
Sehr gründlich soll das Bafög verändert werden: keine Rückzahlung mehr, keine Altersgrenze, keine Relevanz mehr, wieviel Einkommen die Eltern haben, keine Leistungsüberprüfungen.
Grundsicherung
Ziel ist die Abschaffung von Hartz IV. Stattdessen soll es ein "garantiertes, sanktionsfreies Mindesteinkommen in jeder Lebenssituation" in Höhe von 1.200 Euro geben. Das gilt auch für die Rente. Das gesetzliche Rentenniveau will die Linke dem Programm zufolge auf 53 Prozent anheben. Anstatt der Rente ab 67 sollen die Arbeitnehmer wieder spätestens mit 65 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen können.
In eine "Solidarische Erwerbstätigenversicherung" sollen auch Abgeordnete, Selbstständige und Beamte einzahlen. Alle Erwerbstätigen zahlen in das Sozialsystem ein – auch Beamte, Selbstständige und Unternehmer.
Gesundheitssystem
Die Trennung von privater und gesetzlicher Krankenversicherung soll abgeschafft werden. Die Leistungen sollen in beiden Fällen gleich sein. Es soll eine gemeinsame Solidarische Gesundheitsversicherung geben und kein Zwei-Klassen-System. Ein weiteres Ziel ist eine Pflegevollversicherung, bei der es keinen Eigenanteil mehr gibt und keine private Pflegeversicherung.
Für Pflegekräfte will die Linke 500 Euro mehr Gehalt und eine gesetzliche Personalbemessung für alle Berufe in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Die Fallpauschale in Krankenhäusern soll abgeschafft werden und alle Krankenhäuser sollen in die öffentliche Hand und die Gemeinnützigkeit überführt werden – die Entnahme von Gewinnen durch Krankenhausbetreiber soll verboten werden, sie müssten im Betrieb bleiben. Zur Rekommunalisierung soll ein Fonds des Bundes geschaffen werden.
Bauen und Wohnen
Die Linke will einen deutschlandweiten Mietendeckel. Außerdem soll die Spekulation mit Wohnungen abgeschafft werden. Auch Bodenpreise sollen gedeckelt werden, die Privatisierung von öffentlichen Grundstücken durch ein Bodensicherungsgesetz gestoppt, Immobilien- und Hedgefonds die Zulassung entzogen werden, damit Wohnraum kein Spekulationsobjekt mehr ist. Ein Vergesellschaftungsgesetz soll ermöglichen, dass Grund und Boden einfacher in öffentliches Eigentum überführt werden können.
Digitalisierung
Ein Internetzugang für alle wird gefordert und ein Ausbau der Netze im ländlichen Raum - aber auch die Möglichkeit, ohne Smartphone und App in Zukunft noch zum Beispiel Bus und Bahn fahren zu können. Einen besonderen Blick wirft die Linke auf das Thema Datenschutz und Nachhaltigkeit bei Produktion und Nutzung digitaler Medien und Endgeräten.
Wirtschaft
Die Partei fordert unter anderem Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften gegen sogenanntes Union-Busting (Firmen, die Betriebsratsgründungen verhindern oder Betriebsräte behindern), eine nachhaltige Wirtschaftspolitik, die nicht auf Standortkonkurrenz setzt, sondern mehr auf die Nachfrage im Inneren ausgerichtet ist. Die Linke will zudem ein Spekulationsverbot für Agrarrohstoffe und Nahrungsmittel verhängen.
Klima
Nach den Vorstellungen der Linken soll Deutschland bis spätestens 2035 klimaneutral sein. Geplant ist ein Klima-Transformationsfonds in Höhe von 20 Milliarden Euro jährlich für den Umbau der Industrie und die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen in diesen Bereichen.
Beim Thema Mobilität geht es vor allem um den Ausbau der Bahn und des öffentlichen Nahverkehrs auf dem Land und Preissenkungen für Fahrgäste.
Steuer
Die Linke möchte eine progressive Vermögenssteuer einführen, die in erster Linie Superreiche treffen soll und nicht die klassischen "Häusle-Bauer". Einkommenssteuer-Freibeträge will die Linke anheben. Der Vorschlag: Bis 1.200 Euro pro Monat sind steuerfrei. Außerdem soll die Erbschaftssteuer erhöht werden.
Coronafolgekosten
Zur Bewältigung der Coronakrise schlägt die Linke eine Vermögensabgabe vor, die auf Nettovermögen von über zwei Millionen Euro erhoben werden soll. Die Abgabe soll progressiv von zehn bis 30 Prozent gestaffelt und 20 Jahre lang über Raten abgezahlt werden.
Ost-West
Das Rentenniveau in Ost und West soll angeglichen werden. Eine weitere Forderung ist die Einsetzung eines Treuhand-Untersuchungsausschusses.
Außen- und Sicherheitspolitik
Im Wahlprogrammentwurf fordert die Linke die Auflösung der NATO und ihre Ersetzung durch "ein kollektives Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands, das Abrüstung als ein zentrales Ziel hat".
Einigkeit herrsche in der Partei, dass alle jetzt bestehenden Einsätze der Bundeswehr abgelehnt würden, sagte die Co-Parteichefin der Linken, Janine Wissler, am 19.06.2021 im Dlf. "Wir haben gegen alle Einsätze im Bundestag gestimmt und wir wollen die Soldaten aus all diesen Einsätzen zurückholen."
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Die Forderungen im sozialen Bereich gehen weiter als die von der inhaltlich leicht nach links gerückten SPD und denen der Grünen. Unter anderem fordert Die Linke 1.200 Euro soziale Mindestsicherung, weniger Wochenarbeitszeit, einen bundesweiten Mietendeckel, größere Staats- und Verstaatlichungsprogramme – gegenfinanziert durch die Besteuerung von Millionenvermögen; ein Programm, mit dem die Partei nach eigenem Verständnis vor allem versucht, Maßnahmen gegen die wachsende soziale Kluft im Land zu ergreifen.
Der Spitzenkandidat der Linken, Dietmar Bartsch, griff in seiner Rede beim Parteitag am 20.06.2021 vor allem die Union scharf an. CDU und CSU seien staatspolitisch verwahrlost, sagte Bartsch mit Blick auf die Diskussion um eine massenhafte Beschaffung von Corona-Schutzmasken. Darüber hinaus habe die Union keine Vision für Deutschland. Beim Thema Kinderrechte habe die Linke dagegen eine große Übereinstimmung mit den Grünen. Eine schwarz-grüne Regierung müsse verhindert werden, betonte Bartsch.
Die Spitzenkandidatin der Linken, Janine Wissler, sagte am 11. Mai 2021 im Deutschlandfunk, wenn es nach der Bundestagswahl eine rechnerische Mehrheit für ein linkes Bündnis mit SPD und Grünen gebe, seien alle drei Parteien in der Verantwortung auszuloten, ob man daraus auch eine politische Mehrheit machen könne.
Für eine mögliche Regierungsbildung hat Wissler auch ihre inhaltlichen Linien genannt. "Die Linke wird sich an keiner Regierung beteiligen, die Sozialabbau betreibt, die Privatisierung vorantreibt, die Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland unterstützt."
Um überhaupt Gewicht zu bekommen, muss die Linke in die Nähe der 9,2 Prozent kommen, die man 2017 erreichte, meint Dlf-Hauptstadtkorrespondent Johannes Kuhn. Die Fünf-Prozent-Marke erscheine näher als das von Bartsch ausgegebenen 10-Prozent-Ziel.
Auf Bundesebene hat die Linke bisher noch nicht regiert. Allerdings stellt sie mit Bodo Ramelow den Ministerpräsidenten von Thüringen. Zudem regiert die Partei in den Koalitionsbündnissen von Berlin und Bremen mit.
Quellen: Johannes Kuhn; Cornelia Crumbach; Isabelle Klein; tei; Die Linke