
Um es gleich vorwegzusagen: Außenminister Johann Wadephul hat bei seiner Reise nach China Anfang der Woche inhaltlich so gut wie nichts erreicht. Bei den beiden von ihm vor Reisebeginn benannten Schwerpunktthemen bleibt alles beim Alten. Zum einen Chinas Export-Beschränkungen für Seltene Erden: Sie bleiben bestehen, Deutschlands Industrie wird weiter unter diesen systematischen, einseitigen Handelsbeschränkungen leiden.
Zweiter Punkt: die Ukraine-Politik der kommunistischen Führung in Peking. Auch hier ist kein Kurswechsel abzusehen: China hält Russland weiter den Rücken frei, hilft dem Land wirtschaftlich und technologisch wie kein zweites. Damit bleibt Staats- und Parteichef Xi Jinping der mit Abstand wichtigste Partner Wladimir Putins bei dessen Feldzug gegen die Ukraine.
Dennoch wird es von mitreisenden Delegationsmitgliedern als Erfolg beschrieben, dass der CDU-Politiker die Seltenen Erden und Chinas Nähe zu Russland bei seinen Gesprächen in Peking zumindest immer wieder angesprochen und problematisiert hat. Zum Mitschreiben: Das pure Austauschen bekannter Positionen und Selbstverständlichkeiten gilt bereits als diplomatischer Erfolg – so viel zum Stand der deutsch-chinesischen Beziehungen.
Vor seiner Rückreise nach Berlin meldete sich der Außenminister mit einer Mahnung zu Wort: „Unsere China-Politik fängt bei uns zu Hause an“, sagte Johann Wadephul vor Abreise aus Guangzhou. Deutschland müsse selbst wirtschaftlich stärker und technologisch innovativer werden, um die wirtschaftlichen Abhängigkeiten von der Volksrepublik zu verringern.
Dieser Aufruf richtet sich an die Wirtschaft, die deutschen Unternehmen. Die haben – anders als weite Teile der deutschen Politik – die Zeichen der Zeit immer noch nicht verstanden, was China angeht. Was auch am nach wie vor häufig naiven Blick der deutschen Wirtschaft auf die Volksrepublik liegt.
Chinas Wirtschaft massiv unter Druck
Die folgt bei ihrer Einschätzung über die Volksrepublik immer noch zu stark den Narrativen der kommunistischen Führung in Peking, wonach China ein durchweg modernes, wirtschaftlich dynamisches und immer reicher werdendes Land sei. Entsprechend reden viele Unternehmensvertreterinnen und -vertreter am liebsten über Hochhäuser, Luxus-Shoppingmalls, Schnellzüge, Hightech-Elektroautos und schnelle Planungsverfahren in China. Doch das bildet die Volksrepublik nur eingeschränkt ab.
Denn zur Wahrheit gehört: Chinas vermeintlich übermächtige Wirtschaft steht massiv unter Druck. Sie ist weiter viel zu stark vom Export abhängig. Weil die chinesische Mittelschicht angesichts des schlechten staatlichen Rentensystems lieber spart, anstatt Geld auszugeben, kommt die Binnenwirtschaft nicht in Schwung. Die Jugendarbeitslosigkeit wächst, das Wohlstandsgefälle zwischen Stadt und Land bleibt; und auf die Überalterung der Gesellschaft sowie auf das schlecht ausgestattete, völlig unzureichende Gesundheitssystem hat die kommunistische Führung keine Antworten. Dazu kommt die massive Verschuldung vieler chinesischer Kommunen.
All das ist nicht nur problematisch für die Menschen in China, sondern auch für uns. Denn die chinesische Führung, die sich nach außen selbstbewusst und stark präsentiert, hat im Inland so große Probleme, dass sie versucht, diese mit außenpolitischer und militärischer Stärke zu kompensieren. Das zeigt sich im aggressiven Verhalten der kommunistischen Staatsführung gegenüber Japan und den Philippinen sowie in den Kriegsdrohungen gegen Taiwan.
Was im Kriegsfall passieren kann
Käme es dort zum Krieg, wäre das für Deutschland, Europa und den Rest der Welt eine wirtschaftliche Katastrophe – der Handel mit der gesamten Region bräche zusammen, unsere Versorgung mit Computerchips, Chemikalien und Verbrauchsgütern bräche völlig zusammen. Die Schlussfolgerung daraus ist: Es reicht nicht mehr aus, dass die deutsche und europäische Politik die Abhängigkeiten von China erkannt hat und benennt.
Sie muss die Wirtschaft konsequent dazu verpflichten, sich systematisch neue Lieferketten zu suchen, damit Europa nicht nur in Sachen Seltene Erden unabhängig wird von China, sondern auch was Chemiegrundstoffe, Computerchips, Medikamente und andere Güter des täglichen Bedarfs angeht. Anfang kommenden Jahres reist Bundeskanzler Friedrich Merz nach Peking. Hoffentlich lässt er sich zur Vorbereitung nicht nur von Wirtschaftsvertretern beraten.













