Dienstag, 23. April 2024

Archiv

Christoph Heusgen
Von Merkels Welterklärer zur deutschen Stimme im UN-Sicherheitsrat

Zwölf Jahre war er außenpolitischer Berater der Bundeskanzlerin, ist schlagfertig und gilt als analytischer Rheinländer, der nichts dem Zufall überlässt: Botschafter Christoph Heusgen ist ab jetzt für zwei Jahre die Stimme Deutschlands im mächtigsten Gremium, dem UN-Sicherheitsrat. Und er hat viel vor.

Von Georg Schwarte | 29.12.2018
    Christoph Heusgen, deutscher Botschafter bei den Vereinten Nationen
    Christoph Heusgen ist seit 2017 Botschafter bei der UN und jetzt für zwei Jahre die deutsche Stimme im UN-Sicherheitsrat (picture alliance / Photoshot)
    "Ja, Sie brauchen mit nicht Herr Botschafter zu nennen. Nennen Sie mich Herr Heusgen."
    Herr Heusgen also. Titel, für das neue Gesicht Deutschlands im UN-Sicherheitsrat, Titel, eher nicht so wichtig, sagt der deutsche UN-Botschafter Christoph Heusgen im ARD-Interview:
    "Dafür bin ich zu lange in früheren Aufgaben gewesen, wo Titel eigentlich keine Rolle spielen."
    Merkels Welterklärer haben sie ihn mal genannt. Christoph Heusgen. 63 Jahre alt. Jahrelang der Mann für den guten Rat, nicht für die gute Rede. Der Mann hinter den Kulissen der Macht.
    "Ich hab in den vergangenen Jahren, zwölf Jahre lang, als außenpolitischer Berater der Bundeskanzlerin gearbeitet. In den 90er-Jahren fünf Jahre als Mitarbeiter von Klaus Kinkel im Außenministerium. Da war immer klar: als Berater beraten wir. In der Öffentlichkeit tritt der Politiker auf, nicht der Beamte. "
    Vom lichtscheuen Beamten zur wichtigen Stimme im UN-Sicherheitsrat
    Aus dem lichtscheuen Beamten aber ist seit 2017 Deutschlands UN-Botschafter geworden und ab jetzt obendrein die Stimme Deutschlands im mächtigsten UN-Gremium, dem Sicherheitsrat. Heusgen wunderte sich zu Anfang seiner New Yorker Zeit über die abgelesenen Redebeiträge, er selber wollte lieber frei reden. Manchmal wie gerade, als es um das iranische Atom-Abkommen ging, macht er einen Versuch. Als Amerikas Außenminister Pompeo Obama zitierte und dessen Idealismus mit Blick auf den Iran, kam Heusgen mit dem kategorischen Imperativ von Immanuel Kant daher.
    Und einmal im Fluss folgte gleich noch der Rat an den amerikanischen Kollegen, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten:
    "Da schauten sie hoch im Sicherheitsrat und der amtierende Präsident des UN-Gremiums von der Elfenbeinküste schickte einen Dank und ein deutsches 'sehr gut' hinterher:"
    Analytischer Rheinländer und Sportfan
    Leises Gelächter. Den gesamten Dezember bereits hatten sie im deutschen UN-Team Sicherheitsrat geübt, alles sollte klappen. Heusgen, der analytische Rheinländer mit CDU-Parteibuch, nichts überlässt er dem Zufall, wohl wissend, dass ein nichtständiges Mitglied im Sicherheitsrat die Welt nicht neu erfinden wird. Im April übrigens sitzt Heusgen dann einen Monat dem Sicherheitsrat vor. Rüstungskontrolle. Klimawandel.
    Mehr Frauen in der Konfliktprävention und Schutz humanitärer Helfer, das sind ein paar der Themen, die der Skimarathon-Fan und ausdauernde Langläufer Heusgen auf dem Zettel hat:
    "Unsere Wohnung ist direkt am Central Park und der Central Park ist vielleicht die schönste Trainingsstrecke der Welt. Und dann müssen Sie sich doch regelmäßig ins Ohr kneifen und daran erinnern, dass Sie das Privileg haben, hier meine Laufrunden zu drehen."
    Nicht das einzige Privileg
    Nicht das einzige Privileg. Als Deutschland sich damals für den Platz im Sicherheitsrat bewarb, gab’s ein Fußballturnier auf dem UN-Gelände. Lothar Matthäus kam und warb für Deutschland, Wynton Rufer ebenfalls an der Seite des deutschen Botschafters. Und der hatte mächtig Respekt.
    Jetzt also zwei Jahre UN-Sicherheitsrat mit Christoph Heusgen, der für Deutschland spricht, wenn nicht Außenminister Maas oder Kanzlerin Merkel kommen. Dann nämlich sitzt auch der Botschafter im Sicherheitsrat wieder in der zweiten Reihe.