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Corona in Osteuropa
Polen und Ukraine verschärfen Maßnahmen

Osteuropa ist bisher deutlicher weniger vom Corona-Virus betroffen als Westeuropa. Polen und die Ukraine haben ihre Maßnahmen dennoch verschärft: Bildungseinrichtungen bleiben geschlossen, Großveranstaltungen sind bis auf Weiteres verboten. Die katholische Kirche in Polen hält allerdings dagegen.

Von Florian Kellermann | 12.03.2020
Eine Frau in weißer Schutzkleidung hält ein elektronisches Fieberthermometer durch ein geöffnetes Autofenster.
Fieber-Kontrollen durch den polnischen Rettungsdienst an der Grenze zu Deutschland (dpa/Sebastian Kahnert)
Polen müsse vorbeugen, so erklärte der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki die drastischen Maßnahmen: "Wir haben uns mit Experten beraten, nehmen die Erfahrung anderer Länder zur Kenntnis und wollen schneller handeln. Für unsere Kinder ist es am besten, das Haus nicht zu verlassen. Denn Kinder sind zwar selbst weniger gefährdet, können aber sehr leicht andere anstecken, etwa ihre Großeltern. Wir handeln schneller als andere, um die Verbreitung des Coronavirus in Polen zu verhindern."
Polen stellt den Schulbetrieb zunächst für zwei Wochen ein. In den Grundschulen und Kindergärten werden aber heute und morgen noch Betreuer zur Verfügung stehen – für Eltern, die so rasch keine Betreuung organisieren können.
Kinos, Museen und Theather bleiben geschlossen
Bildungsminister Dariusz Piatkowski appellierte an die Lehrer und Schüler: "Sie können keinen systematischen Unterricht anbieten, weil nicht jeder Jugendliche Zugang zum Internet hat. Aber die Lehrer können Internet-Plattformen nutzen, wo es viel didaktisches Material gibt, um über E-Learning erweiternden Unterricht anzubieten. Auch die Schüler sollten die kommenden zwei Wochen nicht als zusätzliche Ferien betrachten."
Wie gefährlich ist das neue Coronavirus?
Die Zahl der Infizierten mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 steigt trotz Gegenmaßnahmen vieler Regierungen weiter - auch in Deutschland. Die Weltgesundheitsorganisation betrachtet die Corona-Krise als Panedemie.

"Wir haben genug Intensivbetten"
Käme es zu so vielen Corona-Infektionen wie in Italien, hätten deutsche Krankenhäuser genügend Betten, sagte der Intensivmediziner Uwe Janssens im Dlf. In diesem Fall müssten die Ärzte aber manchen geplanten Eingriff absagen, bestimmte Stationen räumen und vom Normal- auf Notfallbetrieb umstellen.
Auch Kinos, Theater und Museen bleiben in Polen geschlossen.Für ähnliche Maßnahmen hat sich gestern die ukrainische Regierung entschieden, dort sogar sofort für einen Zeitraum von drei Wochen. Ministerpräsident Denis Schmyhal, der erst in der vergangenen Woche in sein Amt gewählt wurde und dessen Kabinett noch gar nicht vollständig ist: "Wir haben aus den staatlichen Reserven Mittel bereitgestellt, von denen Gesichtsmasken, Anzüge und Handschuhe gekauft werden. In einer Menge, die für drei Monate ausreicht. Parallel haben wir ein Verbot ausgesprochen, solche Artikel aus ukrainischer Produktion zu exportieren."
Schon die vergangene Woche abgelöste Vorgänger-Regierung in der Ukraine hatte mit drastischen Maßnahmen für Schlagzeilen gesorgt. Sie hatte die 105 Passagiere eines Flugzeugs aus der am stärksten betroffenen chinesischen Provinz für zwei Wochen unter Quarantäne gestellt. Sie verbrachten diese Zeit in einem Sanatorium des Innenministeriums 350 Kilometer östlich von Kiew. In der Ukraine gibt es bisher erst eine bestätigte Infektion mit dem Virus.
Kirchen sollen nicht geschlossen werden
Die gestern verkündeten Maßnahmen stießen weder in der Ukraine noch in Polen auf Protest. In Polen gibt es allerdings eine Diskussion darüber, ob nicht auch die Kirchen ihre Pforten schließen sollten. Konservative Katholiken warnen vor einem solchen Schritt und kritisieren die katholische Kirche in Italien für die Absage von Gottesdiensten.
Hochschulminister Jaroslaw Gowin stellte sich hinter die Gläubigen: "Kirchen sind so etwas wie Krankenhäuser für die Seele, der Mensch besteht aus Leib und Seele. In Kirchen kann man vor allem Gott begegnen. Und das ist für Gläubige ein so tiefes Bedürfnis, dass wir es den Religionsgemeinschaften überlassen, wie sie verfahren, und das gilt nicht nur für die katholische Kirche."
Der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz rief die Gemeinden sogar dazu auf, die Zahl der Gottesdienste zu erhöhen, damit die einzelnen Messen weniger stark besucht seien, erklärte er.