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Coronaviren im Abwasser
Kläranlage als Frühwarnsystem

Forscher aus den Niederlanden haben Spuren von Coronaviren im Abwasser nachgewiesen – in Proben aus kommunalen Kläranlagen. In Zukunft könnten Routine-Überwachungen wichtige Informationen über die Ausbreitung des Coronavirus liefern.

Von Arndt Reuning |
Abwasserreinigung im neu gebauten Klärwerk Emscher-Mündung in Dinslaken.
Der Nachweis der Coronaviren im Abwasser ist über ihr Erbgut gelungen. (Imago / Rupert Oberhäuser)

Welche Coronaviren können in Kläranlagen nachgewiesen werden?

Der Nachweis der Coronaviren im Abwasser ist über ihr Erbgut gelungen - über die sogenannte Polymerasen-Kettenreaktion. Eine Forschergruppe aus den Niederlanden konnte auf diese Weise bestimmte Abschnitte des Virenerbguts, der Viren-RNA, nachweisen. Ob es aktive, infektiöse Viren im Wasser gibt, wurde jedoch nicht geprüft
Dieser Nachweis wäre wahrscheinlich auch nicht geglückt. Der Grund: Coronaviren werden wohl nicht in größeren Mengen mit dem Stuhl ausgeschieden. Das ist eines der Ergebnisse einer Studie des Virologen Christian Drosten und seinem Team der Berliner Charité. Das Team hatte bei neun mit dem Coronavirus infizierten Patienten aus München über Tage hinweg verfolgt, wo sich die Viren finden lassen. Getestet wurde in der Lunge, im Blut, im Urin und im Stuhl. Im Stuhl ließen sich große Mengen von Viren-RNA, also Viren-Erbgut, nachweisen - aber keine infektiösen Coronaviren.
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Warum werden Viren und Bakterien in Kläranlagen überhaupt untersucht?

Die niederländische Gruppe vom KWR Water Research Institute bei Utrecht sagt, der Nachweis von Virenerbgut könnte der Überwachung und der Früherkennung dienen – weil sich damit schon sehr geringe Mengen nachweisen lassen. So könnte man erkennen, ob das Virus schon in einer bestimmten Region angekommen ist. Dieser Ansatz ist nicht neu. Generell spiegelt sich im Abwasser einer Kläranlage der Gesundheitszustand der angeschlossenen Kommune wider - zum Beispiel bei Wellen von Hepatitis- oder Noroviren.
Aber auch Spuren von Medikamenten oder Drogen, die die Bewohner einer Stadt einnehmen, sind in der Kläranlage nachweisbar - und da gibt es deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen Städten und Ländern.
Eine Frau mit Schutzkleidung, Plexiglasmaske und gelbem Helm steht auf der Straße.
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Funktioniert der Nachweis als Frühwarnsystem auch beim Coronavirus?

Das Ergebnis von Proben aus Kläranlagen von sieben Städten und einem Flughafen zeigt einen Erfolg: In einer Stadt konnten die niederländischen Forscher das Coronavirus nachweisen, noch bevor der erste Fall offiziell gemeldet war.
Routine-Überwachungen der Kläranlagen könnten in Zukunft ein Bild der aktuelle Lage liefern und zeigen, ob der Erreger zurückkommt oder nicht. In Schweden, der Schweiz und den USA gibt es bereits Interesse an diesen Verfahren.

Kann durch Abwasserproben die Zahl der Corona-Infizierten ermittelt werden?

Das ist im Moment noch schwierig. Um aus der Konzentration im Abwasser auf die Zahl der Infizierten schließen zu können, müssen noch einige Fragen beantwortet werden. Wie ändert sich die Virenmenge im Stuhl im Verlauf der Krankheit? Und: Ist diese Menge für alle Menschen ungefähr gleich groß? Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass es hier große Unterschiede gibt.

Welche Auswirkungen hat die Corona-Epidemie für Kläranlagen?

Neben Infektionen oder Quarantäne-Maßnahmen, die die Mitarbeiter betreffen können, bereitet die aktuelle Lage den Kläranlagen auch andere Probleme: Viele Menschen nutzen mittlerweile Taschentücher, Küchenkrepp und Feuchttücher statt Toilettenpapier. Toilettenpapier ist darauf ausgelegt, dass es im Abwasser zerfällt. Bei anderen Produkten ist das aber nicht der Fall - und diese verstopfen zunehmend die Pumpen.