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"Da müssen wir sicher etwas zulegen"

In einer Bildungsstudie der Initiative neue soziale Marktwirtschaft hat Berlin am schlechtesten abgeschnitten. Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner ist dennoch zuversichtlich, dass Berlin sich auf diesem Feld deutlich verbessern wird.

Jürgen Zöllner im Gespräch mit Ulrike Burgwinkel |
    Ulrike Burgwinkel: Bildung ist die Währung der Zukunft, und dementsprechend wird relativ viel Geld in Bildung investiert. In der gerade bei uns in "Campus und Karriere" vorgestellten Studie der Initiative neue soziale Marktwirtschaft stehen Sachsen und Thüringen als Gewinner dar, Berlin als Schlusslicht – allerdings mit Potenzial und vielen Pluspunkten. Professor Jürgen Zöllner ist als Bildungssenator für eben diesen Bereich zuständig. Guten Tag, Herr Zöllner!

    Jürgen Zöllner: Einen schönen guten Tag!

    Burgwinkel: Herr Zöllner, wie beurteilen Sie den Befund zur Berliner Bildungssituation?

    Zöllner: Zweischneidig. Auf der einen Seite ist es sicher eine Herausforderung und Anspruch für uns, dass wir eben nicht weiter auf dem letzten Platz sind, aber auf der anderen Seite – haben Sie schon angedeutet – bescheinigt uns die Studie, dass wir riesige Fortschritte gemacht haben. In dem sogenannten Dynamikteil belegen wir einen dritten Platz, das heißt, wir sind auf dem richtigen Weg, und in der Pädagogik sagt man immer, es ist ein zentrales Element der Verstärkung, wenn man sich auf dem richtigen Weg befindet und so fühlen wir uns, und so fühle ich mich auch bestätigt.

    Burgwinkel: Welche Anstrengungen haben Sie denn unternommen, die dann zu den Verbesserungen geführt haben und zu der besseren Bewertung?

    Zöllner: Ich glaube, die entscheidenden Veränderungen werden auch erst in den nächsten Jahren sichtbar werden. Ich erwähne schon an erster Stelle die Strukturreform, von der Experten sagen, dass sie zukunftsweisend hier in Deutschland ist, das heißt, ein zweigliedriges Schulsystem, andersartig, aber wirklich gleichwertig, das sowohl über die Sekundarschule als auch über das Gymnasium letzten Endes jeden Schulabschluss für jeden ermöglicht; das Ganze als Ganztagsangebot, das Ganze mit dualem Lernen, der Öffnung in die Gesellschaft hinein, um nur einen Punkt zu nennen, und auf der anderen Seite merken wir jetzt schon langsam die Anstrengungen, die jetzt schon seit Jahren im vorschulischen Bereich gemacht werden, weil wir alle wissen, dass dort in Grunde genommen der Grundbaustein für die Bildung von jungen Menschen gelegt wird.

    Burgwinkel: Negativ beurteilt wurde vor allem auch die hohe Abbrecherquote, also sowohl bei den Schülern, als auch bei Auszubildenden.

    Zöllner: Das ist richtig, wobei dieses von einem sehr, sehr hohen Niveau auch rückläufig ist. Das heißt, da sind positive Dinge auch zu beobachten. Es gibt aber auch – und das muss man schon sagen, ohne dass dies eine Kritik an der Studie sein soll – Bereiche, an denen Berlin wahrscheinlich auf absehbare Zeit eben weiterhin 15. oder 16. bleiben wird. Nehmen Sie zum Beispiel das Kriterium Aufgabenpriorisierung, das heißt, die Relation der Mittel für den Bildungsbereich in Relation zu den Gesamtausgaben der öffentlichen Hand – wir werden bei unseren so hohen Sozialkosten und Kosten auch für Zinsen immer da den letzten Platz in den nächsten Jahren belegen, obwohl wir am meisten Geld für die Bildung ausgeben, bezogen auf jeden Einwohner. Das heißt, man muss eine solche Studie schon etwas differenziert sich angucken!

    Burgwinkel: Eins müsste Sie doch auch gefreut haben: In Sachen Forschungspolitik stehen Sie auf Platz eins!

    Zöllner: Ja, es zeigt die Vielfältigkeit. Wir belegen, glaube ich, in den Einzelwertung alle Plätze zwischen 1 und 16. Ich habe schon drauf hingewiesen, dass es einige gibt, wo wir weiterhin automatisch auf die Art und Weise, wie sie erhoben werden, hinten bleiben werden aufgrund unserer Struktur, und es gibt andere, wo wir uns echt mehr anstrengen müssen, das ist zum Beispiel Schulqualität, das heißt, spiegelt sich letzten Endes die PISA- und IGLU-Ergebnisse wider, und da müssen wir sicher wieder, und da müssen wir sicher etwas zulegen!

    Burgwinkel: Das war Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner zu den Befunden des Bildungsmonitors 2011 in "Campus und Karriere"!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.