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DAK-Report
Deutsche wollen zu Hause sterben

Der DAK-Pflegereport beschäftigt sich in diesem Jahr mit Palliativversorgung. Bei der Umfrage wurde deutlich, dass die Mehrheit der Deutschen zu Hause sterben möchte, und nicht in einem Pflegeheim oder Krankenhaus. In der Praxis erfüllt sich dieser Wunsch nur einer Minderheit.

Von Stefan Maas | 19.10.2016
    Rentner fährt mit seinem Rollstuhl über einen Flur in einem AWO Seniorenzentrum.
    "75 Prozent sterben aber im Krankenhaus und in Pflegeheimen", so der Pflegewissenschaftler Thomas Klie bei der Vorstellung des Reports. (dpa-Zentralbild / Jens Wolf)
    Ein solches Auseinanderklaffen von Wunsch und Wirklichkeit habe er nicht erwartet, sagt Professor Thomas Klie bei der Vorstellung des DAK-Pflegereports, der sich in diesem Jahr mit dem Thema Palliativversorgung beschäftigt. Basis des Reports sind eine repräsentative Umfrage und Daten von Versicherten der Krankenkasse. Dabei sei herausgekommen, sagt Klie:
    "Wir haben ja die Wünsche bezüglich des Sterbeorts, also ich beginne mit der Allensbachstudie: 60 Prozent aller Befragten wünschen, zuhause zu sterben."
    In anderen Umfragen hätten mehr Menschen den Wunsch geäußert zuhause zu sterben, aber die Umfrage für den Pflegereport habe ergeben, dass 19 Prozent keine bestimmte Vorstellung haben. Bemerkenswert sei aber vor allem:
    "Nur vier Prozent wollen im Krankenhaus sterben und nur zwei Prozent im Pflegeheim. Und diese Zahl erhöht sich nicht durch die Erfahrung, wenn nahe Angehörige im Pflegeheim gestorben sind."
    Trotz aller Bemühungen in den vergangenen Jahren, die Qualität der Betreuung in Pflegeheimen zu verbessern, bleibe die Abneigung groß.
    "Wenn jemand die Erfahrung gemacht hat, dann sagt er häufig, Mensch, die geben sich ja wirklich Mühe, und es ist auch wirklich interessant, was da alles geschieht, meine Vorurteile korrigieren sich, aber was wir hier feststellen müssen, es sind sogar noch niedrigere Werte, die von den Angehörigen gegeben werden, die jemanden im Pflegeheim bis zum Tode begleitet haben oder als Angehörigen begleitet haben. Und die sagen dann erst recht: Nee, das ist nicht der Ort."
    Wunsch und Wirklichkeit klaffen auseinander
    Soweit die Wünsche. Die Wirklichkeit, zeigen die Daten, sieht allerdings ganz anders aus:
    "75 Prozent sterben aber im Krankenhaus und in Pflegeheimen. 75 Prozent. Also genau dort, wo sie nicht sterben wollen."
    Vergleicht man die Daten, sagt Klie, stürben fast 70 Prozent der Menschen nicht dort, wo sie es gerne würden. Zugleich habe die Zahl der Menschen, die in Pflegeheimen sterben in den letzten Jahrzehnten beständig zu, die Zahl derjenigen, die Zuhause sterben beständig abgenommen. Die Zahl derjenigen, die in einem Krankenhaus sterben ist mit knapp 40 Prozent etwa gleich geblieben. Der Wunsch zuhause zu sterben werde vor allem damit begründet, dass sich dort Angehörige bis zum Schluss kümmern könnten. Ganz anders sehe es dort aus, wo eine eigentlich kollektive Versorgung angeboten werde:
    "Kollektiv, du bist nicht alleine. Genau dort, vor allem im Pflegeheim, stirbt jeder dritte alleine. Nicht begleitet von jemandem, der da ist wie man das im Hospiz kennt und sich nicht alle, aber die meisten Menschen auch wünschen. Und das gilt im Krankenhaus nicht so intensiv, das hängt auch mit der Therapiedichte möglicherweise zusammen, da stirbt jeder Fünfte allein."
    Doch auch das zeige die Erhebung: Mehr als jeder Dritte Befragte würde sich zutrauen, jemanden bis zu dessen Tod zu pflegen. Vor allem Frauen geben das an, die Antwort ist allerdings von der Berufstätigkeit abhängig. Viele machen außerdem zur Bedingung; dass sie Unterstützung bekommen, von weiteren Angehörigen, von Ehrenamtlichen und professionellen Helfern. Klie plädiert deshalb wie Herbert Rebscher, der Vorstandvorsitzende der DAK-Gesundheit für den weiteren Ausbau der palliativen Versorgung und eine Stärkung der hausärztlichen Strukturen. Fehlten diese Arten der Hilfe, dann – so zeigen die Daten - würden viele Menschen noch kurz vor ihrem Tod in Krankenhaus gebracht, obwohl dies medizinisch nicht unbedingt notwendig sei. Meist wüssten sich die Angehörigen einfach nicht mehr anders zu helfen.