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Dalai-Lama-Post in China
Selbstzensur bei Daimler

Der Autokonzern Daimler hat nach Protesten aus China ein Werbebild aus seinem Instagram-Kanal gelöscht. Darauf war ein harmloses Zitat des Dalai Lama zu lesen. Der gilt in China als Staatsfeind.

Von Steffen Wurzel | 07.02.2018
    Im Vordergrund rechts ein Mercedes-Logo, im Hintergrund der Schriftzug Daimler an einer Wand, davor Silhouetten von Menschen.
    Demütig hat sich Daimler in China entschuldigt (dpa)
    Auf dem von Daimler geposteten Instagram-Foto ist ein weißes Mercedes-Coupé zu sehen, darüber steht folgendes Zitat des Dalai Lama: "Betrachte die Lage von allen Seiten, und Du wirst offener werden", Zitat Ende. Harmloser geht's nicht, könnte man meinen. Doch in China gilt der Dalai Lama wegen seines Einsatzes für mehr Autonomie in Tibet als Staatsfeind.
    Entsprechend beschwerten sich nationalistische chinesische Internetnutzer beim deutschen Autokonzern und der löschte das Posting umgehend. Es folgte eine gleich dreifache Entschuldigung: Bei dem Instagram-Eintrag habe es sich um eine extrem irrtümliche Botschaft gehandelt, teilte Daimler mit. Man erkenne, dass man die Gefühle der Menschen in China verletzt habe und: Daimler werde sein Verständnis für die chinesischen Werte vertiefen, hieß es.
    Posting dürfte in China nur wenige Menschen erreicht haben
    Das Ironische an dem Vorgang: Instagram ist in China wegen der scharfen Internetzenszur komplett geblockt. Das fragliche Posting dürfte in China also nur sehr wenige Menschen überhaupt erreicht haben. Daimlers demütige Entschuldigung sorgte im nicht-chinesischen Internet für Spott und Entsetzen.
    Demokratie-Aktivisten warfen weltweit dem Konzern Feigheit und Selbstzensur vor. Die Internationale Kampagne für Tibet ICT sprach von einem "beschämenden Kotau vor der Diktatur". Auch Human Rights Watch kritisierte Daimlers Entscheidung, das Posting zu löschen.
    China breitet politische Vorstellungen rigoros aus
    Der Vorgang verdeutlicht zwei Dinge: Wer im bevölkerungsreichsten Land der Welt Geschäfte machen will, kann es sich nicht leisten, auch nur ansatzweise von der vorgegebenen staatlichen chinesischen Linie abzuweichen. Das gilt erst Recht für viele großen deutsche Dax-Konzerne, die in China inzwischen einen Großteil ihrer Gewinne machen.
    Zweitens zeigt der Fall, dass Chinas Staats- und Parteiführung ihre Werte und politischen Vorstellungen immer rigoroser auf der Welt ausbreitet. Davon betroffen sind selbst Internet-Plattformen, die in China selbst überhaupt nicht zugänglich sind.