Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Darmflora
Wie Darmbakterien das Immunsystem kontrollieren

Der Erfolg einer Immuntherapie gegen Krebs hängt offenbar auch davon ab, welche Bakterien den Darm besiedeln. Das haben zwei Forschergruppen aus den USA und Frankreich erforscht. Es gebe Hinweise darauf, dass einzelne Bakterien unterschiedliche Funktionen des Immunsystems kontrollieren, sagte Christian Trautwein von der Universitätsklinik Aachen im Dlf.

Christian Trautwein im Gespräch mit Martin Winkelheide | 14.11.2017
    Zu sehen ist die Computeranimation des menschlichen Verdauungssystems
    Die Darmflora ist schuld: Forscher konnten aufzeigen, warum Immuntherapien manchmal trotzdem nicht anschlagen. (imago/Science Photo Library)
    Ob eine Immuntherapie gegen Krebs hilft, hängt nach neuen Erkenntnissen auch von einer vielfältigen Darmflora ab. Zwei Forschergruppen aus den USA und Frankreich haben im Fachblatt "Science" unabhängig voneinander darüber berichtet, dass das Bakterium den Behandlungserfolg entscheidend beeinflussen kann.
    Forscher analysierten die Darmflora von insgesamt 112 Patienten mit Hautkrebs, dabei konnten sie feststellen, dass eine größere Bakterienvielfalt im Darm zu einer besseren Wirksamkeit von Therapien führt. Demnach sei es nicht ratsam, vor einer Krebs-Immuntherapie Antibiotika zu nehmen.
    Bakterien aktivieren die Stimulation des Immunsystems
    Christian Trautwein erklärte den Prozess anhand eines Neugeborenen: Nach der Geburt verfüge ein Lebewesen über einen keimfreien Organismus. "Sofort nach der Geburt wird der Darm besiedelt, weil eine effektive Verdauung nur passiert, wenn wir zusätzlich im Darm Bakterien haben", sagte Trautwein im Dlf.
    Durch die Flutung des Darmsystems werde unser Immunsytems extrem aktiviert, das heißt, die Bakterien aktivieren die Stimulation des Immunsystems.
    "Haben wir weniger Insekten, gibt es weniger Vögel"
    Dies sei vergleichbar mit der Natur: "Haben wir weniger Insekten, gibt es weniger Vögel", sagte Trautwein. Genau das gleiche passiere im Darm. Durch mehr Bakterien im Darm wird das Immunsystem angeregt.
    Durch die Einnahme von Antibiotika werde die Lebensgemeinschaft im Darm dann etwas verändert. Die französische Gruppe zeigte dies ebenfalls. Verabreichte sie Mäusen, die nicht auf die Krebstherapie reagierten, den Keim Akkermansia muciniphila, so besserte sich die Erfolgsrate.
    "Wir haben Hinweis dafür, dass einzelne Bakterien unterschiedliche Funktionen des Immunsystems kontrollieren", sagte Trautwein. Man sei aber noch nicht soweit, dass man vor einer Immuntherapie vorab in den Darm schauen könne, um zu gucken, welche Bakterien sich dort aufhalten würden.
    "Die Interaktion beginnen wir erst zu verstehen", fügte er weiter an. Die Studienergebnisse seien ein erster wichtiger Schritt. in Zukunft werde man besser verstehen, welche Bakterien entscheidend sind.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.