Wie viele Gletscher gibt es eigentlich im Himalaja und den angrenzenden Gebirgszügen des Hindukusch und Karakorums? Dort, wo Dutzende Gipfel über 7.000 oder sogar 8.000 Meter hoch sind, auf dem "Dach der Welt"? Bisher war das gar nicht so genau bekannt. Jetzt weiß es auch Eklabya Sharma. Der indische Ökologe arbeitet am Internationalen Zentrum für Integrierte Gebirgsentwicklung in Kathmandu, der Hauptstadt Nepals:
"An unserem Institut haben wir zum ersten Mal überhaupt alle Gletscher im Himalaja-Gebiet kartiert, gestützt auf Satellitenbeobachtungen. Es sind 54.000!"
Die gesamte Gletscherfläche erstreckt sich über mehr als 61.000 Quadratkilometer und nicht bloß über 35.000, wie man bisher glaubte. Auch das steht im neuen Klima-Statusbericht für die Himalaja-Region, den das Forschungszentrum in Katmandu jetzt veröffentlicht. Damit nehmen die Hochgebirgsgletscher eine Fläche ein, die anderthalb halb mal so groß ist wie die der Schweiz.
Die meisten der Eisströme befinden sich in Höhen zwischen 5.000 und 6.000 Metern. In diesen Sphären erwärmt sich die Atmosphäre rund um den Himalaja derzeit am stärksten, wie Ökologe Sharma und seine Ko-Autoren in ihrem Bericht schildern:
"”Unterhalb von 1000 Metern steigt die Temperatur derzeit um 0,1 Grad Celsius pro Jahrzehnt. Zwischen tausend und 4.000 Höhenmetern sind es 0,2 Grad und oberhalb von 4.000 Metern sogar 0,4. Das entspräche einer Erwärmung von vier Grad in hundert Jahren. Es ist eindeutig, dass die oberen Höhenzonen im Himalaja-Gebiet mit der stärksten Temperaturzunahme konfrontiert sind.""
Auch das eisige Dach der Welt erwärmt sich also, wie der neue Report bestätigt. Doch heißt das auch, dass seine Gletscher nun stärker schmelzen?
Ja, sagt James Miller vom Zentrum für Ökologie und Hydrologie im englischen Wallingford. Zusammen mit Kollegen hat der Brite alle Studien über die Dynamik von Himalaja-Gletschern zusammengetragen, die bis heute in der Fachliteratur veröffentlicht wurden. Die Forscher unterzogen die Daten auch einer Qualitätskontrolle. Ihr Resümee findet sich ebenfalls im neuen Klima-Statusreport für die Region:
"Wir haben am Ende 52 Studien gefunden, die eine hohe Qualität besitzen. Sie liefern uns Beobachtungsdaten über 70 Gletscher und acht große Gletscherfelder. Viele der Messreihen begannen schon um das Jahr 1900 herum. Und sie zeigen einen übereinstimmenden Trend: Gletscher im Himalaja ziehen sich kontinuierlich zurück und verlieren an Masse."
Anders sieht es scheinbar im Karakorum im Nordwesten aus. Die meisten der hier untersuchten Hochgebirgsgletscher ziehen sich nicht zurück, sondern ihre Zungen rücken vor. Wobei es dennoch sein könnte, dass die Eisströme insgesamt dünner werden und so Masse verlieren. Das wisse im Moment niemand genau, räumt James Miller ein.
Davon abgesehen sei seine Studie aber eine Bestätigung für den Weltklimarat IPCC und das, was in seinem Bericht von 2007 stand:
"Die Kernaussage des IPCC lautet, dass der Klimawandel real ist. Ich denke, es ist wichtig zu verstehen, dass hinter solchen Aussagen solide Wissenschaft steckt. Und dass sich der Rückzug der Gletscher belegen lässt wie etwa durch unsere Studie. Viele Skeptiker haben den Weltklimarat heftig kritisiert für seinen – wie sie sagten – intransparenten Umgang mit Daten aus dem Himalaja. Um so wichtiger sind unsere neuen Arbeiten. Wir haben uns bemüht, alle vorliegenden Daten objektiv zu beurteilen, und bekommen nun ein klareres Bild vom Klimawandel im Himalaja."
Noch aber hat das Beobachtungsnetz, das die Forscher über der Hochgebirgskette Innerasiens aufspannen, große Lücken. Auch das betont der neue Klimabericht.
So mangelt es nicht nur an genaueren Vor-Ort-Vermessungen der Gletscher im Karakorum. Noch weiter westlich im Hindukusch fehlen sie praktisch völlig. Und das, obwohl der größte Strom Pakistans, der Indus, auf das Schmelzwasser von dort angewiesen ist, sobald die Trockenzeit heranbricht.
"”Zunächst wird es so etwas wie eine zusätzliche Wasser-Dividende geben, wenn die Gletscher im Gebirge verstärkt abtauen. Das hat zur Folge, dass die Flüsse zur Zeit der Schmelze mehr Wasser führen. Aber irgendwann ist ein Punkt überschritten. Dann sind die Gletscher so weit geschrumpft, dass sie immer weniger Wasser liefern. In den Monsun-Gebieten im Osten, wo viel Regen fällt, macht das vielleicht nicht so viel aus. Aber im Westen, in der Indus-Region, ist es trockener und das Gletscher-Schmelzwasser sehr wichtig. Wenn seine Menge zurückgeht, hat das ernste Folgen.""
Nach aktuellen Klimasimulationen könnte sich die Himalaja-Region bis zum Ende des Jahrhunderts um vier bis fünf Grad Celsius erwärmen bei weiter steigenden Treibhausgas-Konzentrationen in der Atmosphäre. Eine massive Gletscherschmelze auf dem "Dach der Welt" ist also durchaus vorstellbar.
"An unserem Institut haben wir zum ersten Mal überhaupt alle Gletscher im Himalaja-Gebiet kartiert, gestützt auf Satellitenbeobachtungen. Es sind 54.000!"
Die gesamte Gletscherfläche erstreckt sich über mehr als 61.000 Quadratkilometer und nicht bloß über 35.000, wie man bisher glaubte. Auch das steht im neuen Klima-Statusbericht für die Himalaja-Region, den das Forschungszentrum in Katmandu jetzt veröffentlicht. Damit nehmen die Hochgebirgsgletscher eine Fläche ein, die anderthalb halb mal so groß ist wie die der Schweiz.
Die meisten der Eisströme befinden sich in Höhen zwischen 5.000 und 6.000 Metern. In diesen Sphären erwärmt sich die Atmosphäre rund um den Himalaja derzeit am stärksten, wie Ökologe Sharma und seine Ko-Autoren in ihrem Bericht schildern:
"”Unterhalb von 1000 Metern steigt die Temperatur derzeit um 0,1 Grad Celsius pro Jahrzehnt. Zwischen tausend und 4.000 Höhenmetern sind es 0,2 Grad und oberhalb von 4.000 Metern sogar 0,4. Das entspräche einer Erwärmung von vier Grad in hundert Jahren. Es ist eindeutig, dass die oberen Höhenzonen im Himalaja-Gebiet mit der stärksten Temperaturzunahme konfrontiert sind.""
Auch das eisige Dach der Welt erwärmt sich also, wie der neue Report bestätigt. Doch heißt das auch, dass seine Gletscher nun stärker schmelzen?
Ja, sagt James Miller vom Zentrum für Ökologie und Hydrologie im englischen Wallingford. Zusammen mit Kollegen hat der Brite alle Studien über die Dynamik von Himalaja-Gletschern zusammengetragen, die bis heute in der Fachliteratur veröffentlicht wurden. Die Forscher unterzogen die Daten auch einer Qualitätskontrolle. Ihr Resümee findet sich ebenfalls im neuen Klima-Statusreport für die Region:
"Wir haben am Ende 52 Studien gefunden, die eine hohe Qualität besitzen. Sie liefern uns Beobachtungsdaten über 70 Gletscher und acht große Gletscherfelder. Viele der Messreihen begannen schon um das Jahr 1900 herum. Und sie zeigen einen übereinstimmenden Trend: Gletscher im Himalaja ziehen sich kontinuierlich zurück und verlieren an Masse."
Anders sieht es scheinbar im Karakorum im Nordwesten aus. Die meisten der hier untersuchten Hochgebirgsgletscher ziehen sich nicht zurück, sondern ihre Zungen rücken vor. Wobei es dennoch sein könnte, dass die Eisströme insgesamt dünner werden und so Masse verlieren. Das wisse im Moment niemand genau, räumt James Miller ein.
Davon abgesehen sei seine Studie aber eine Bestätigung für den Weltklimarat IPCC und das, was in seinem Bericht von 2007 stand:
"Die Kernaussage des IPCC lautet, dass der Klimawandel real ist. Ich denke, es ist wichtig zu verstehen, dass hinter solchen Aussagen solide Wissenschaft steckt. Und dass sich der Rückzug der Gletscher belegen lässt wie etwa durch unsere Studie. Viele Skeptiker haben den Weltklimarat heftig kritisiert für seinen – wie sie sagten – intransparenten Umgang mit Daten aus dem Himalaja. Um so wichtiger sind unsere neuen Arbeiten. Wir haben uns bemüht, alle vorliegenden Daten objektiv zu beurteilen, und bekommen nun ein klareres Bild vom Klimawandel im Himalaja."
Noch aber hat das Beobachtungsnetz, das die Forscher über der Hochgebirgskette Innerasiens aufspannen, große Lücken. Auch das betont der neue Klimabericht.
So mangelt es nicht nur an genaueren Vor-Ort-Vermessungen der Gletscher im Karakorum. Noch weiter westlich im Hindukusch fehlen sie praktisch völlig. Und das, obwohl der größte Strom Pakistans, der Indus, auf das Schmelzwasser von dort angewiesen ist, sobald die Trockenzeit heranbricht.
"”Zunächst wird es so etwas wie eine zusätzliche Wasser-Dividende geben, wenn die Gletscher im Gebirge verstärkt abtauen. Das hat zur Folge, dass die Flüsse zur Zeit der Schmelze mehr Wasser führen. Aber irgendwann ist ein Punkt überschritten. Dann sind die Gletscher so weit geschrumpft, dass sie immer weniger Wasser liefern. In den Monsun-Gebieten im Osten, wo viel Regen fällt, macht das vielleicht nicht so viel aus. Aber im Westen, in der Indus-Region, ist es trockener und das Gletscher-Schmelzwasser sehr wichtig. Wenn seine Menge zurückgeht, hat das ernste Folgen.""
Nach aktuellen Klimasimulationen könnte sich die Himalaja-Region bis zum Ende des Jahrhunderts um vier bis fünf Grad Celsius erwärmen bei weiter steigenden Treibhausgas-Konzentrationen in der Atmosphäre. Eine massive Gletscherschmelze auf dem "Dach der Welt" ist also durchaus vorstellbar.