
Angesichts von viel internem Streit in den ersten 100 Tagen räumten die vier Parteichefs von CDU, CSU und SPD Fehler ein. Der bayerische Ministerpräsident Söder erklärte, die Koalition wolle "nach der Sommerdepression" eine "neue Herbst-Kraft" finden. Die SPD-Co-Vorsitzende Bas erklärte, es sei zu viel übereinander und zu wenig miteinander gesprochen worden.
Eine Liste mit mehreren Vorhaben, wie sie von manchen in der Koalition erwartet worden war, legten die Spitzen am Abend nicht vor.
Merz macht bei Bürgergeld Tempo
Kanzler Merz und Bundesarbeitsministerin Bas hatten sich in den vergangenen Tagen mit Auftritten und Interviews einen Schlagabtausch zu möglichen Sozialreformen geliefert. Nun betonten beide gemeinsame Ziele. Demnach haben sich Union und SPD grundsätzlich auf ein Vorgehen bei der Umgestaltung des Bürgergelds geeinigt. Merz sagte nach dem Koalitionsausschuss, man wolle noch in diesem Jahr die wichtigsten Eckpunkte dafür vereinbaren, sodass es zügig eine Reform geben werde. Missbrauch des Bürgergelds solle stärker unter Kontrolle gebracht werden. Merz fügte hinzu, niemand wolle den Sozialstaat schleifen, abschaffen oder kürzen.
Bas sprach sich für eine Reform aus, die darauf abziele, Arbeitsplätze zu erhalten und die Wirtschaft anzukurbeln. Wenn 100.000 Menschen wieder in Arbeit kämen, könne der Bund ein bis zwei Milliarden einsparen, sagte die SPD-Vorsitzende. Merz hatte zuvor Einsparungen von fünf Milliarden Euro gefordert.
Keine Erhöhung der Pflege- und Krankenkassenbeiträge im kommenden Jahr
Die Koalition hat sich nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters zudem darauf geeinigt, dass die Beitragssätze für die Pflege- und Krankenversicherung zum 1. Januar 2026 nicht steigen sollen. Allerdings sei der Weg dahin noch offengeblieben. Der Fraktionsvorsitzende der Union, Spahn, bestätigte die Grundsatzeinigung gegenüber Reuters und sprach von einem "wichtigen Signal für die Versicherten".
Gipfel mit Stahl- und Autoindustrie geplant
Auch der Industriestandort Deutschland soll gefördert werden. Gleich zu zwei Spitzentreffen lädt der Kanzler ein. Für einen Gipfel mit der angeschlagenen Stahlindustrie im Kanzleramt laute das Ziel, "dass wir auf Dauer Stahlproduktion in Deutschland erhalten", wie Merz sagte. Besprechen wolle man das mit den Erzeugern und Arbeitnehmervertretern. Wegen harter Konkurrenz vor allem aus Asien, hoher Energiepreise und der Konjunkturschwäche hatte die deutsche Stahlbranche zuletzt deutlich weniger Stahl hergestellt. Belastet wird die Branche zudem durch die Zölle von US-Präsident Trump.
Merz will außerdem zu einem industriepolitischen Dialog zur Zukunft der angeschlagenen Automobilindustrie einladen. Nicht nur die großen Hersteller hätten zu kämpfen, auch die Zulieferindustrie leide im Augenblick stark. Söder betonte, man sei nicht bereit, China oder anderen Automobilmärkten die Zukunft zu überlassen.
Haushalt: Klingbeil will keinen öffentlichen Streit
Vorerst ungelöst bleibt die Frage, wie Union und SPD das 30-Milliarden-Loch im Bundeshaushalt 2027 schließen wollen. Finanzminister Klingbeil will die Verhandlungen nicht zur Zerreißprobe werden lassen. "Ich will darauf verzichten, dass wir im normalen Haushaltsaufstellungsverfahren für 2027 in nächtelange Koalitionssitzungen kommen und öffentlichen Streit, falls es den geben sollte an der einen oder anderen Stelle, zelebrieren", sagte er.
Merz betonte, alle drei Partner seien sich über die Dimension der Aufgabe im Klaren. Es gehe nicht nur um den Bundeshaushalt 2027, sondern auch um die Etats 2028 und 2029. Klingbeil sagte, die Koalition müsse nun so schnell wie möglich ein Gesamtpaket vorlegen, das eine Antwort darauf gebe, wie die Lücke geschlossen werden solle. Klingbeil betonte, es sei klar, dass jedem bei den Haushaltsverhandlungen etwas abverlangt werden müsse.
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Diese Nachricht wurde am 04.09.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.