Dirk Müller: Empört sind nicht nur Datenschützer. Politiker aller Fraktionen konnten gestern Nachmittag im Bundestag nur mit dem Kopf schütteln - über die Antwort der Bahnführung auf die Vorwürfe, mehr als 170.000 Mitarbeiter heimlich überprüft zu haben. Offizielle Begründung: Wir wollen Betrugsfälle aufdecken. Bei uns im Deutschlandfunk am Telefon ist nun Klaus-Dieter Hommel, Chef der Verkehrsgewerkschaft GDBA. Guten Tag!
Klaus-Dieter Hommel: Schönen guten Tag!
Müller: Herr Hommel, sind Sie informiert gewesen?
Hommel: Nein, wir sind nicht informiert gewesen - weder über die Schiene der Mitarbeitervertretung, noch über die Tätigkeit im Aufsichtsrat. Wir sind wie die Öffentlichkeit auch über die Zahlen erst durch die Medien in Kenntnis gesetzt worden.
Müller: Um da noch mal nachzufragen. Sie haben also gestern erst davon erfahren?
Hommel: Wir haben gestern erst davon erfahren, dass hier eine Untersuchung in einem für mich unvorstellbaren und auch unangemessenen Ausmaß durchgeführt wurde, dass also mehr als 170.000 Kolleginnen und Kollegen aus unserer Sicht völlig ungerechtfertigt überwacht worden sind, und diese Nachricht schockiert uns, weil hier offensichtlich weit über das Ziel hinausgeschossen wurde.
Müller: Das heißt, es hat nie Gespräche mit den Personalräten, mit den Betriebsräten, mit den Gewerkschaften gegeben, dass da etwas geplant ist, dass man etwas vor hat?
Hommel: Nein. Diese Gespräche hat es nicht gegeben. Wir hätten erwartet, dass die Bahn, nachdem ja bereits im vorigen Jahr das erste Mal über solche Untersuchungen, wenn ich mich richtig erinnere im Sommer, öffentlich berichtet wurde, dann die Dinge offengelegt hätte und deutlich gemacht hätte, welche Maßnahmen sie zu einer sicherlich berechtigten Korruptionsbekämpfung durchführt, die Kolleginnen und Kollegen informiert hätte und dann natürlich auch mit den Mitarbeitervertretungen die Dinge entsprechend abgestimmt hätte.
Müller: Kennen Sie denn, Herr Hommel, Korruptionsfälle bei der Bahn?
Hommel: Ich kenne persönlich keine Korruptionsfälle bei der Bahn. Ich weiß, dass es Korruptionsfälle wie in jedem großen Unternehmen gibt, und ich halte es für völlig gerechtfertigt, dass das Unternehmen alle rechtlich richtigen und rechtlich zulässigen Maßnahmen nutzt, um auch gegen solche Fälle vorzugehen, weil sie am Ende dem Unternehmen, aber auch den Mitarbeitern schaden. Die Frage ist, in welcher Größenordnung es durchgeführt wird und ob diese Maßnahmen dann verhältnismäßig sind.
Müller: Ist diese Maßnahme verhältnismäßig?
Hommel: Aus meiner Sicht ist diese Maßnahme nicht verhältnismäßig, denn wenn die Zahlen sich so bestätigen sollten, würde dies bedeuten, dass zwei Drittel aller Kolleginnen und Kollegen hier ohne ihr Wissen überprüft worden sind. Das würde bedeuten, dass eine übergroße Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mit Korruptionsmaßnahmen aufgrund ihrer Tätigkeit überhaupt nicht in Beziehung kommen können oder diese Tätigkeit das überhaupt nicht zulässt, letztendlich in ihrer Privatsphäre ungerechtfertigt überprüft worden sind.
Müller: Wolfgang Schaupensteiner war bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk zu Gast, ist der Korruptionsbekämpfer bei der Bahn. Er hat im Grunde nicht in dem Gespräch heute, aber ja auch im Vorfeld durchblicken lassen, Korruption gibt es potenziell überall, eben nicht nur bei den Großen, sondern auch bei den Kleinen. Warum haben Sie kein Verständnis dafür, dass man auch unten anfängt?
Hommel: Ich denke mal, unten anfangen kann man ja mit Sicherheit, aber wir haben Tätigkeiten bei der Bahn, die nach meiner Wahrnehmung mit ihrer Arbeit überhaupt nicht in den Verdacht kommen, mit Korruption zu tun zu haben. Aber selbst wenn das so wäre, sind wir der Auffassung, dass man mit offenen Karten spielen muss, dass man die Persönlichkeitsrechte der Menschen nicht so eklatant verletzen darf, denn hier hat man die Kolleginnen und Kollegen hintergangen. Man hat alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitgehend unter einen Generalverdacht gestellt und das sorgt am Ende dafür, dass Misstrauen im Unternehmen herrscht, und das muss man unbedingt beseitigen.
Müller: Wie soll Wolfgang Schaupensteiner bei der Bahn etwas herausfinden, Herr Hommel, wenn er nicht alle in irgendeiner Form zumindest überprüft, untersucht?
Hommel: Wir haben rechtsstaatliche Mittel und dort, wo ein Verdacht gegeben ist, können diese rechtsstaatlichen Mittel auch angewandt werden. Es ist auch in anderen Unternehmen üblich, dass Kolleginnen und Kollegen, die an sensiblen Stellen arbeiten, entsprechend überprüft werden. Nur hier ist eine entsprechende Information notwendig, aber auch eine entsprechende rechtlich abgesicherte Vereinbarung mit den zuständigen Mitarbeitervertretungen.
Müller: Wolfgang Schaupensteiner hat heute Morgen im Deutschlandfunk gesagt, es sind weder Telefongespräche abgehört worden, noch sind Konten kontrolliert worden. Das heißt, es sind Namen abgeglichen worden. Warum geht das zu weit?
Hommel: Ich weiß nicht, ob ich mich darüber freuen soll, dass keine Konten überprüft worden sind, ohne zu wissen, was überhaupt überprüft wurde. Was wir jetzt hier brauchen, ist entsprechende Transparenz. Es muss offengelegt werden, was hat die Bahn wann und wo getan, und dann können wir beurteilen, inwieweit diese Maßnahmen, wenn überhaupt, gerechtfertigt waren oder auch nicht. Und es muss - und da ist auch der Gesetzgeber gefordert - die Grauzone von zulässigen und nicht zulässigen Maßnahmen deutlich definiert werden, denn wir haben ja im Zusammenhang der Diskussion seit gestern oder vorgestern auch von Experten, was die rechtliche Bewertung anbelangt, sehr unterschiedliche Meinungen gehört - von zulässig bis absolut verboten.
Müller: Inwieweit, Herr Hommel, würde es denn Sinn machen, die Mitarbeiter, zumindest die Personalvertreter im Vorfeld zu informieren? Kann dann eine Überprüfung überhaupt noch effektiv sein?
Hommel: Ich denke, dass eine solche Überprüfung auf jeden Fall effektiv sein kann, denn jeder Beschäftigte, der in sensiblen Bereichen arbeitet, hat für diese Tätigkeit eine entsprechende Verantwortung und er muss wissen, dass seine Tätigkeit, um solche Dinge wie Korruption zu verhindern, auch entsprechend überwacht wird. Ich denke, wenn man ein solches Verfahren wählt und wenn die entsprechende Transparenz gegeben ist, muss jeder Mensch und auch jeder Kollege bei der Bahn mit dieser Verantwortung entsprechend umgehen können. Was geschützt werden muss, ist seine Privatsphäre. Was geschützt werden muss, sind, denke ich, sensible Daten, die auch im übrigen Rechtsverkehr in Deutschland weiterhin - und das ist auch gut so - als geschützt gelten.
Müller: Herr Hommel, jetzt sind diese Nachrichten, diese Meldungen und auch ja das Zugeständnis, das Eingeständnis der Bahn, wie Sie gesagt haben, erst gestern bekannt geworden. Sie haben natürlich jetzt gedacht, heute, morgen und übermorgen habe ich mich mit anderen Themen auseinanderzusetzen, nämlich mit den Bahnstreiks, mit den Warnstreiks. War das heute vorerst der letzte Warnstreik?
Hommel: Ich will das hoffen. Wir haben ja gestern oder vorgestern bereits deutlich gemacht, als wir die Dinge öffentlich gemacht haben, es geht uns hier nicht um eine flächendeckende Aktion; es geht uns hier lediglich darum zu zeigen, dass die Kolleginnen und Kollegen bereit sind, für ihre Forderungen einzustehen, den Vorstand zu bewegen, die Verhandlungen jetzt mit dem nötigen Ernst zu betrachten, das heißt für uns ganz konkret, die Taktiererei aufzugeben und morgen, denn da werden die Verhandlungen fortgesetzt, uns ein wirkliches Angebot vorzulegen, das uns in die Lage versetzt, A zu verhandeln und B, was noch besser wäre, sehr zügig zu einem Abschluss zu kommen.
Müller: Klaus-Dieter Hommel bei uns im Deutschlandfunk, Chef der Verkehrsgewerkschaft GDBA. Vielen Dank für das Gespräch.
Klaus-Dieter Hommel: Schönen guten Tag!
Müller: Herr Hommel, sind Sie informiert gewesen?
Hommel: Nein, wir sind nicht informiert gewesen - weder über die Schiene der Mitarbeitervertretung, noch über die Tätigkeit im Aufsichtsrat. Wir sind wie die Öffentlichkeit auch über die Zahlen erst durch die Medien in Kenntnis gesetzt worden.
Müller: Um da noch mal nachzufragen. Sie haben also gestern erst davon erfahren?
Hommel: Wir haben gestern erst davon erfahren, dass hier eine Untersuchung in einem für mich unvorstellbaren und auch unangemessenen Ausmaß durchgeführt wurde, dass also mehr als 170.000 Kolleginnen und Kollegen aus unserer Sicht völlig ungerechtfertigt überwacht worden sind, und diese Nachricht schockiert uns, weil hier offensichtlich weit über das Ziel hinausgeschossen wurde.
Müller: Das heißt, es hat nie Gespräche mit den Personalräten, mit den Betriebsräten, mit den Gewerkschaften gegeben, dass da etwas geplant ist, dass man etwas vor hat?
Hommel: Nein. Diese Gespräche hat es nicht gegeben. Wir hätten erwartet, dass die Bahn, nachdem ja bereits im vorigen Jahr das erste Mal über solche Untersuchungen, wenn ich mich richtig erinnere im Sommer, öffentlich berichtet wurde, dann die Dinge offengelegt hätte und deutlich gemacht hätte, welche Maßnahmen sie zu einer sicherlich berechtigten Korruptionsbekämpfung durchführt, die Kolleginnen und Kollegen informiert hätte und dann natürlich auch mit den Mitarbeitervertretungen die Dinge entsprechend abgestimmt hätte.
Müller: Kennen Sie denn, Herr Hommel, Korruptionsfälle bei der Bahn?
Hommel: Ich kenne persönlich keine Korruptionsfälle bei der Bahn. Ich weiß, dass es Korruptionsfälle wie in jedem großen Unternehmen gibt, und ich halte es für völlig gerechtfertigt, dass das Unternehmen alle rechtlich richtigen und rechtlich zulässigen Maßnahmen nutzt, um auch gegen solche Fälle vorzugehen, weil sie am Ende dem Unternehmen, aber auch den Mitarbeitern schaden. Die Frage ist, in welcher Größenordnung es durchgeführt wird und ob diese Maßnahmen dann verhältnismäßig sind.
Müller: Ist diese Maßnahme verhältnismäßig?
Hommel: Aus meiner Sicht ist diese Maßnahme nicht verhältnismäßig, denn wenn die Zahlen sich so bestätigen sollten, würde dies bedeuten, dass zwei Drittel aller Kolleginnen und Kollegen hier ohne ihr Wissen überprüft worden sind. Das würde bedeuten, dass eine übergroße Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mit Korruptionsmaßnahmen aufgrund ihrer Tätigkeit überhaupt nicht in Beziehung kommen können oder diese Tätigkeit das überhaupt nicht zulässt, letztendlich in ihrer Privatsphäre ungerechtfertigt überprüft worden sind.
Müller: Wolfgang Schaupensteiner war bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk zu Gast, ist der Korruptionsbekämpfer bei der Bahn. Er hat im Grunde nicht in dem Gespräch heute, aber ja auch im Vorfeld durchblicken lassen, Korruption gibt es potenziell überall, eben nicht nur bei den Großen, sondern auch bei den Kleinen. Warum haben Sie kein Verständnis dafür, dass man auch unten anfängt?
Hommel: Ich denke mal, unten anfangen kann man ja mit Sicherheit, aber wir haben Tätigkeiten bei der Bahn, die nach meiner Wahrnehmung mit ihrer Arbeit überhaupt nicht in den Verdacht kommen, mit Korruption zu tun zu haben. Aber selbst wenn das so wäre, sind wir der Auffassung, dass man mit offenen Karten spielen muss, dass man die Persönlichkeitsrechte der Menschen nicht so eklatant verletzen darf, denn hier hat man die Kolleginnen und Kollegen hintergangen. Man hat alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitgehend unter einen Generalverdacht gestellt und das sorgt am Ende dafür, dass Misstrauen im Unternehmen herrscht, und das muss man unbedingt beseitigen.
Müller: Wie soll Wolfgang Schaupensteiner bei der Bahn etwas herausfinden, Herr Hommel, wenn er nicht alle in irgendeiner Form zumindest überprüft, untersucht?
Hommel: Wir haben rechtsstaatliche Mittel und dort, wo ein Verdacht gegeben ist, können diese rechtsstaatlichen Mittel auch angewandt werden. Es ist auch in anderen Unternehmen üblich, dass Kolleginnen und Kollegen, die an sensiblen Stellen arbeiten, entsprechend überprüft werden. Nur hier ist eine entsprechende Information notwendig, aber auch eine entsprechende rechtlich abgesicherte Vereinbarung mit den zuständigen Mitarbeitervertretungen.
Müller: Wolfgang Schaupensteiner hat heute Morgen im Deutschlandfunk gesagt, es sind weder Telefongespräche abgehört worden, noch sind Konten kontrolliert worden. Das heißt, es sind Namen abgeglichen worden. Warum geht das zu weit?
Hommel: Ich weiß nicht, ob ich mich darüber freuen soll, dass keine Konten überprüft worden sind, ohne zu wissen, was überhaupt überprüft wurde. Was wir jetzt hier brauchen, ist entsprechende Transparenz. Es muss offengelegt werden, was hat die Bahn wann und wo getan, und dann können wir beurteilen, inwieweit diese Maßnahmen, wenn überhaupt, gerechtfertigt waren oder auch nicht. Und es muss - und da ist auch der Gesetzgeber gefordert - die Grauzone von zulässigen und nicht zulässigen Maßnahmen deutlich definiert werden, denn wir haben ja im Zusammenhang der Diskussion seit gestern oder vorgestern auch von Experten, was die rechtliche Bewertung anbelangt, sehr unterschiedliche Meinungen gehört - von zulässig bis absolut verboten.
Müller: Inwieweit, Herr Hommel, würde es denn Sinn machen, die Mitarbeiter, zumindest die Personalvertreter im Vorfeld zu informieren? Kann dann eine Überprüfung überhaupt noch effektiv sein?
Hommel: Ich denke, dass eine solche Überprüfung auf jeden Fall effektiv sein kann, denn jeder Beschäftigte, der in sensiblen Bereichen arbeitet, hat für diese Tätigkeit eine entsprechende Verantwortung und er muss wissen, dass seine Tätigkeit, um solche Dinge wie Korruption zu verhindern, auch entsprechend überwacht wird. Ich denke, wenn man ein solches Verfahren wählt und wenn die entsprechende Transparenz gegeben ist, muss jeder Mensch und auch jeder Kollege bei der Bahn mit dieser Verantwortung entsprechend umgehen können. Was geschützt werden muss, ist seine Privatsphäre. Was geschützt werden muss, sind, denke ich, sensible Daten, die auch im übrigen Rechtsverkehr in Deutschland weiterhin - und das ist auch gut so - als geschützt gelten.
Müller: Herr Hommel, jetzt sind diese Nachrichten, diese Meldungen und auch ja das Zugeständnis, das Eingeständnis der Bahn, wie Sie gesagt haben, erst gestern bekannt geworden. Sie haben natürlich jetzt gedacht, heute, morgen und übermorgen habe ich mich mit anderen Themen auseinanderzusetzen, nämlich mit den Bahnstreiks, mit den Warnstreiks. War das heute vorerst der letzte Warnstreik?
Hommel: Ich will das hoffen. Wir haben ja gestern oder vorgestern bereits deutlich gemacht, als wir die Dinge öffentlich gemacht haben, es geht uns hier nicht um eine flächendeckende Aktion; es geht uns hier lediglich darum zu zeigen, dass die Kolleginnen und Kollegen bereit sind, für ihre Forderungen einzustehen, den Vorstand zu bewegen, die Verhandlungen jetzt mit dem nötigen Ernst zu betrachten, das heißt für uns ganz konkret, die Taktiererei aufzugeben und morgen, denn da werden die Verhandlungen fortgesetzt, uns ein wirkliches Angebot vorzulegen, das uns in die Lage versetzt, A zu verhandeln und B, was noch besser wäre, sehr zügig zu einem Abschluss zu kommen.
Müller: Klaus-Dieter Hommel bei uns im Deutschlandfunk, Chef der Verkehrsgewerkschaft GDBA. Vielen Dank für das Gespräch.