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Datenverkehr
In den USA könnte die Netzneutralität fallen

Für das Netz gilt auch in den USA: Alle Daten werden gleich behandelt. Die Aufsichtsbehörde FCC will das ändern. Kritiker warnen jedoch, dass Provider künftig Aufpreise für schnellere Datenübertragungen verlangen und so eine Wettbewerbsverzerrung etablieren könnten.

Von Marc Hoffmann | 14.12.2017
    Ein Mann hält am 20.08.2014 in Neumünster (Schleswig-Holstein) seine Hand vor einen Verteilerpunkt, in dem zahlreiche Glasfaserkabel unter anderem zur Übertragung von Hochgeschwindigkeitsinternet zusammenlaufen.
    Online-Dienste wie Google, Facebook, Amazon und Netflix befürchten in den USA, dass sie künftig von den Netzbetreibern zur Kasse gebeten werden, damit ihre Daten Vorfahrt bekommen. (dpa / Daniel Reinhardt)
    Es ist viel los auf den Datenhighways. So kann man sich das Internet vereinfacht vorstellen: Bits und Bytes rasen in kleinen Paketen auf mehrspurigen Autobahnen von A nach B. Ein gigantisches Verkehrsnetz, in dem alles fließt.
    "The telecoms have to treat that highways as an open road"
    Netzneutralität bedeutet: Freie Fahrt für alle. Die Internetprovider müssen Daten jeder Website, App oder etwa jedes Videostreams gleich behandeln, egal von wem sie sind.
    "They can’t pick and choose which websites or services get to you faster or slower. But the telecoms argue that is not fair."
    Der öffentlich-rechtliche Fernsehsender PBS versucht seinen Zuschauern zu erklären, was die Entscheidung von heute bedeuten könnte. Dann, wenn nämlich die Netzbetreiber künftig in den rauschenden Datenverkehr gezielt eingreifen dürften. Sie könnten Stoppschilder aufstellen und schnellere Überhol- und Sonderspuren einrichten. Das will Ajit Pai ermöglichen. Er ist der Chef der amerikanischen Telekommunikations-Aufsichtsbehörde FCC.
    "Möchten Sie, dass das Internet von Ingenieuren und Unternehmen gesteuert wird oder von Bürokraten und Anwälten in Washington? Die aktuellen Vorschriften sind schwerfällig und haben Investitionen verhindert."
    Dass der FFC-Vorschlag durchkommt, gilt als sicher
    Heißt: Deregulierung. Das ist Pais' Kernargument. Ein fünfköpfiges Gremium wird heute über seinen Vorschlag abstimmen. Dass dieser durchkommt, gilt als sicher. Eine Mehrheit von drei der fünf Mitglieder will den Grundsatz der Netzneutralität aufheben. Dieses Prinzip wurde erst vor zwei Jahren, damals unter Barack Obama, verankert - nach jahrelangem Hin und Her. Tom Wheeler leitete damals die Aufsichtsbehörde. Er warnt vor einer tiefgreifenden Machtverschiebung:
    "Auf einmal sind es die Netzbetreiber, die die Regeln machen. Die Verbraucher sind von ihnen abhängig, genauso wie die Homepage- und App-Anbieter."
    Kritiker wie Wheeler warnen: Die Provider könnten zum Beispiel künftig einen Aufpreis verlangen, damit sie datenintensive Videostreams schnell genug übertragen.
    Der Aufschrei in den USA ist auch deswegen groß, weil einige wenige Internetbetreiber den Markt immer stärker dominieren. Außerdem drängen sie selbst immer weiter in den Online- und Inhaltebereich vor: AT&T zum Beispiel will den Medienriesen TIME Warner schlucken, inklusive CNN. Das Telekommunikationsunternehmen Comcast besitzt schon die Entertainmentgruppe NBC-Universal. Und Verizon hat in diesem Sommer den Google-Kontrahenten Yahoo gekauft. Der Anreiz, eigene Angebote zu bevorzugen, besteht also, warnt Jessica Rosenworcel. Die Demokratin sitzt im FCC-Führungsgremium und wird heute gegen die Pläne stimmen:
    "Es gab schon einige Fälle, da sind Internet-Dienste wie Skype bereits blockiert worden. Oder Dienste wie Google Wallet. Netzwerkbetreiber sind dazu technisch im Stande. Sie haben auch das geschäftliche Interesse, dies zu tun. Nur die gültigen Neutralitätsregeln haben sie bisher daran gehindert."
    Pai: Wettbewerbsverzerrung soll vermieden werden
    Online-Dienste wie Google, Facebook, Amazon und Netflix befürchten, dass sie künftig von den Netzbetreibern zur Kasse gebeten werden, damit ihre Daten Vorfahrt bekommen. FCC-Chef Ajit Pai allerdings versucht zu beruhigen und betont: Den Netzbetreibern werde auch weiterhin auf die Finger geschaut. Es werde darauf geachtet, dass es zu keiner Wettbewerbsverzerrung komme.