Donnerstag, 02. Mai 2024

Archiv

De Maizières Sicherheitsstrategie
"Ein zukunftsweisendes Maßnahmenpaket"

Das Maßnahmenpaket für mehr Sicherheit und Terrorprävention des Bundesinnenministers habe nichts mit Aktionismus zu tun, sagte Stephan Mayer im Deutschlandfunk. Der innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag betonte, es sei "die richtige Antwort auf die schreckliche Anschlagserie der letzten Wochen".

Stephan Mayer im Gespräch mit Christiane Kaess | 11.08.2016
    Stephan Mayer, Sprecher der Arbeitsgruppe Inneres der Unions-Bundestagsfraktion (CSU), aufgenommen am 26.05.2016 während der ZDF-Talksendung "Maybrit Illner".
    Stephan Mayer: "Ich bin aber sehr wohl der Meinung, dass es die Sicherheitslage zulässt, dass man auch in die eine oder andere Region in Afghanistan auch zwangsweise Personen gegen ihren Willen abschiebt." (picture alliance/dpa - Karlheinz Schindler)
    Christiane Kaess: Bundesinnenminister Thomas de Maizière zieht seine Folgerungen aus den Anschlägen und den Sorgen der Deutschen: Personal, Prävention und Härte lauten die Stichworte zu diesen Vorschlägen, die innere Sicherheit in Deutschland zu verbessern. Ausführliche Informationen gleich von unserer Korrespondentin und dann Fragen an den innenpolitischen Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag Stephan Mayer.
    (Kollegengespräch)
    Darüber sprechen möchte ich jetzt noch mit Stephan Mayer, er ist innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag. Guten Tag, Herr Mayer!
    Stephan Mayer: Grüß Gott, Frau Kaess!
    Kaess: Ist das jetzt der große Wurf, die Vorschläge von Bundesinnenminister Thomas de Maizière?
    Mayer: Also es ist auf jeden Fall ein sehr umfassendes Maßnahmenbündel, das aus meiner Sicht auch die richtige Antwort auf die schreckliche Anschlagserie der letzten Wochen ist. Das hat auch nichts mit Aktionismus zu tun, sondern ich finde, es ist die Aufgabe des Bundesinnenministers, dass er aus seiner Sicht mal darstellt, was denn an der einen oder anderen Stelle auch noch verbesserungs- und veränderungsbedürftig ist, und ich weiß nicht, ob man jetzt vom großen Wurf sprechen sollte, aber es ist zumindest ein sehr umfassendes und auch substanziiertes und sehr zukunftsweisendes Maßnahmenpaket.
    Kaess: Dann schauen wir mal auf die Hauptpunkte, die Verschärfung bei Ausweisung und Haft von straffällig gewordenen Ausländern und Gefährdern. Warum ist das nötig, noch mal zu verschärfen, wenn das eigentlich schon jetzt möglich ist nach den Gesetzen von Anfang des Jahres?
    Mayer: Gerade die jüngsten Anschläge haben ja gezeigt, dass wir vermehrt auch Flüchtlinge bei uns haben, denen häufig auch der Flüchtlingsstatus gar nicht zuerkannt wird, die den Flüchtlingsstatus beantragen, aber den versagt bekommen, ausreisepflichtig sind, aber aus bestimmten Gründen unser Land nicht verlassen, weil sie teilweise selbst auch nichts zu ihrer eigenen Identitätsfeststellung beitragen, weil das Heimatland nicht bereit, nicht willens ist, die notwendigen Reisedokumente, Legitimationspapiere auszustellen. Also das sind Abschiebungshindernisse praktischer Art, die häufig in der ausreisepflichtigen Person angelegt sind. Und wenn dann von dieser Person offenkundig eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, dann halte ich es für richtig, dass diese Person nicht der normale Duldungsstatus zuerkannt wird wie beispielsweise einer Person, die aus gesundheitlichen Gründen nicht abgeschoben werden kann, sondern eben ein deutlich geringwertigerer Bleiberechtsstatus, der an sich nur das Mindestmaß auch an Sozialleistungen zur Folge hat, weil er eben drauf ausgerichtet ist, dass diese Person schnellstmöglich unser Land verlassen soll.
    Kaess: Aber das Kernproblem wird damit ja nicht gelöst, nämlich die Hindernisse der Abschiebung.
    Mayer: Na ja, aber zumindest wird deutlich gemacht, dass es keine Duldung ist, die bis zum Sankt Nimmerleinstag gewährt wird, sondern es kann dann auch diese Personen in Abschiebehaft genommen werden, womit natürlich auch der Druck erhöht wird auf diese Person, an der eigenen Identitätsfeststellung mitzuwirken. Aus meiner Sicht hat das nicht nur eine Placebo-Wirkung, sondern da geht schon auch ganz konkret die Wirkung davon aus, dass diese Person schneller aus unserem Land abgeschoben werden kann.
    Kaess: Aber wenn etwas verschärft wird, Herr Mayer, dann muss es ja auch umgesetzt werden können, und der Vollzug, das wissen Sie ja, bleibt schwierig, denn nach Syrien zum Beispiel kann nicht abgeschoben werden.
    Mayer: Nach Syrien kann derzeit nicht abgeschoben werden, das ist richtig, aber es kann beispielsweise in einige Landesteile in Afghanistan abgeschoben werden. Bislang werden nur auf freiwilliger Basis Rückführungen nach Afghanistan durchgeführt. Ich bin aber sehr wohl der Meinung, dass es die Sicherheitslage zulässt, dass man auch in die eine oder andere Region in Afghanistan auch zwangsweise Personen gegen ihren Willen abschiebt. Also hier muss der Druck auch gegenüber den Ländern deutlich erhöht werden, dass die ausreisepflichtigen Personen konsequenter abgeschoben werden.
    "Aus meiner Sicht sprechen gute Argumente für all diese Maßnahmen"
    Kaess: Ein weiterer Punkt ist, dass Deutsche, die für eine Terrormiliz im Ausland kämpfen und eine weitere Staatsangehörigkeit haben, die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren sollen. Wir haben gerade gehört von unserer Korrespondentin, das ist noch gar nicht klar, ob das rechtlich überhaupt machbar ist. Macht es Sinn, diesen Vorschlag auf so einer vagen Basis überhaupt in den Raum zu stellen?
    Mayer: Ich sehe die Basis beileibe nicht so vage. Diese Forderung ist ja auch nicht neu. Es ist ja heute schon im Staatsangehörigkeitsgesetz geregelt, dass wenn sich jemand einer ausländischen Streitmacht anschließt, dann ja über zwei Staatsangehörigkeiten verfügt, die deutsche verliert, und ich muss persönlich sagen, wenn sich jemand dem sogenannten Islamischen Staat, einer brutalen, barbarischen Mörderbande anschließt oder wenn er sich einer anderen islamistischen Organisation wie Dschabhat al-Nusra oder Boko Haram anschließt, dann ist dies mindestens gleichwertig wie dem sich Anschließen an eine ausländische Streitmacht, was aus meiner Sicht es auch rechtfertigt, dass man ihm die deutsche Staatsangehörigkeit entzieht, sofern er über eine weitere verfügt.
    Das ist auch nach der Rechtstellung des Bundesverfassungsgerichts sehr schwierig, einer Person, die nur die deutsche Staatsangehörigkeit innehat, diese zu entziehen, aber wenn jemand zwei Staatsangehörigkeiten hat, dann die deutsche zu entziehen, wenn sich jemand dem sogenannten Islamischen Staat anschließt, damit sich ja auch deutlich abwendet von unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, von unserer westlichen Wertevorstellung, dann rechtfertigt dies auf jeden Fall die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit.
    Kaess: Die SPD, also der Koalitionspartner der Union, hat schon davor, vor diesen Vorschlägen, vor Aktionismus gewarnt, und es scheint so – wir haben es gerade von unserer Korrespondentin auch gehört –, dass eventuell einige Punkte mit ihr nicht umzusetzen sind. Wie soll die SPD überzeugt werden?
    Mayer: Aus meiner Sicht sprechen gute Argumente für all diese Maßnahmen, die Bundesinnenminister de Maizière heute vorgestellt hat. Dass bei dem einen oder anderen Punkt sich die SPD schwer tut, ist nichts Neues, aber das wäre aus meiner Sicht kein Grund gewesen, auf diese Maßnahmen zu verzichten. Wie gesagt, ich erwarte von einem Bundesinnenminister gerade in dieser angespannten Bedrohungssituation und auch in der epochalen Herausforderung der Flüchtlingskrise, in der wir nach wie vor stecken, dass er aus seiner Sicht mal die Dinge darstellt und ein Maßnahmenbündel mal präsentiert, und jetzt liegt der Ball im Spielfeld der SPD, und die klare Erwartung gegenüber der SPD ist, dass sie vorurteilsfrei, ideologiefrei all die Maßnahmen prüft, und ich bin guter Hoffnung, dass wir zumindest einen großen Teil dieser Maßnahmen auch sehr schnell bei gutem Willen aller Beteiligten noch in dieser laufenden Legislaturperiode in die Tat umsetzen können.
    Kaess: Wahrscheinlich hat die SPD weniger Probleme mit dem Punkt Prävention, und da haben ja Experten auch immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig diese Arbeit ist und wahrscheinlich nachhaltiger als alles andere – müsste man da nicht viel mehr investieren? Das wirkt jetzt in dem Plan so ein bisschen wie so ein kleines Anhängsel.
    Mayer: Nein, das ist nicht nur ein kleines Anhängsel, das ist ein sehr ... diese Maßnahmen im Bereich der Prävention der Radikalisierung nehmen einen sehr großen Teil ein in dem Maßnahmenbündel. Das eine zu tun, ohne das andere zu unterlassen ist das Gebot der Stunde aus meiner Sicht, also sowohl mehr zu tun, um zu verhindern, dass muslimische Flüchtlinge auf die falsche Bahn geraten, dass sie in falsche Fänge geraten und sich selbst radikalisieren beziehungsweise schnell radikalisiert werden, ist das eine, aber natürlich auch im repressiven Bereich deutlich zu machen, dass wenn jemand straffällig geworden ist – und da geht es nicht um einen Ladendiebstahl, sondern da geht es schon um schwerwiegendere Delikte, gerade auch im Hinblick auf die schrecklichen Ereignisse von Köln und in anderen Städten –, dass er damit dann auch sein Bleiberecht in Deutschland verwirkt hat, sprich schnell außer Landes gebracht werden muss.
    Kaess: Sagt Stephan Mayer, er ist innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag. Danke für das Interview!
    Mayer: Bitte schön, alles Gute, schönen Tag!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.