Nach Gerichtsbeschluss
Wagenknecht-Partei bei TV-Debatte zur Europawahl

Der BSW-Spitzenkandidat zur Europawahl, Fabio De Masi, hat sich die Teilnahme an der TV-Debatte im Ersten gerichtlich erstritten. Nun soll grundsätzlich geklärt werden, welche Kandidaten und Parteien bei diesen Runden vertreten sein müssen.

Hubertus Gersdorf im Gespräch mit Christoph Sterz |
Fabio De Masi mit nachdenklichem Blick, während einer Sitzung des deutschen Bundestags.
Fabio De Masi saß bis 2021 für die Linke im Bundestag. (imago / Christian Spicker)
Debatten unter politischen Konkurrenten, Fragen an die Spitzenkandidaten einzelner Parteien, Diskussionen um unterschiedliche Positionen. TV-Runden gehören längst zum üblichen Wahlkampfprogramm.
Kurz vor der Europawahl sendet auch das Erste eine solche Live-Debatte mit Zuschauerfragen - und wieder einmal gibt es Streit um die Besetzung: Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat nun die Teilnahme seines Spitzenkandidaten Fabio De Masi in der "Wahlarena 2024 Europa" gerichtlich erstritten.
Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster entschied in einem Eilverfahren, dass der für die Übertragung zuständige WDR den BSW-Spitzenkandidaten einladen muss. Das Verwaltungsgericht Köln als untergeordnete Instanz hatte zuvor dem WDR Recht gegeben, wonach De Masi nicht zwingend eingeladen werden muss.

ARD-Chef: "Entscheidung nicht in unserem Sinne"

ARD-Chefredakteur Oliver Köhr sagte im Deutschlandfunk, die Entscheidung sei zu respektieren, aber "nicht in unserem Sinne": "Bei einer solchen Diskussionssendung muss man irgendwo eine Grenze ziehen, sonst wird eine Diskussion nicht möglich. Und genau deswegen haben wir ein Konzept für die Europawahl-Berichterstattung vorgelegt, das sich am Prinzip der abgestuften Chancengleichheit orientiert."
Die Entscheidung "ist ein wenig überraschend", so Medienrechtler Hubertus Gersdorf von der Uni Leipzig. Er begrüßte die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) in Münster. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei bei der Gestaltung einer Wahlsendung erst einmal frei, aber er habe den Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit zu berücksichtigen.
"Dieses Spannungsverhältnisses gilt es jetzt aufzulösen und das OVG hat es zugunsten des Bündnisses Sahra Wagenknecht im konkreten Fall aufgelöst."

De Masi - BSW-Spitzenkandidat für Europa

Fabio De Masi saß von 2014 bis 2017 zunächst für die Linkspartei im Europaparlament und anschließend bis 2021 im Bundestag, wo er auch als stellvertretender Fraktionsvorsitzender tätig war. Ein Jahr nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag verließ De Masi die Linke. Im Januar 2024 stieß er zum Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und tritt nun als BSW-Spitzenkandidat bei der Europawahl an.
Der WDR ist als federführender Sender innerhalb der ARD für die Übertragung der Wahlarena zuständig. Dort hatten die Verantwortlichen die Runde ohne einen BSW-Vertreter zusammengestellt. Diese Entscheidung wurde damit begründet, dass zu der TV-Debatte ausschließlich Kandidaten von Parteien eingeladen würden, "die bereits im aktuellen Europaparlament mit einer nennenswerten Anzahl von Abgeordneten vertreten sind und die in Deutschland über eine gewisse Relevanz aufgrund ihrer bisherigen Erfolge verfügen".

Klärung vor dem Bundesverfassungsgericht

Der WDR will die Frage, welche Kandidaten zu den TV-Debatten vor einer Wahl eingeladen werden müssen, nun grundsätzlich klären lassen und hat nach der Entscheidung eine Verfassungsbeschwerde angekündigt. Solch ein Verfahren vor dem Bundesfassungsgericht dürfte allerdings wohl mindestens einige Monate dauern. Bei der anstehenden Wahlarena im Ersten wird De Masi also teilnehmen.