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Debatte um Dialog mit Pegida
Angemessene Distanz oder Überheblichkeit?

Dialog mit Pegida - ja oder nein? In dieser Frage herrscht bei den Parteien Uneinigkeit. Linke und CDU zeigen Bereitschaft, mit den Demonstranten zu sprechen. Grüne, SPD und Gewerkschaften lehnen das ab. Für Ärger sorgt die sächsische Landeszentrale für politische Bildung.

Von Frank Capellan | 20.01.2015
    Pegida-Demonstration am 12. Januar in Dresden
    Pegida-Demonstration am 12. Januar in Dresden (picture alliance / dpa / Foto: Arno Burgi)
    Für die Sozialdemokraten ist die Sache eindeutig: kein Dialog mit Pegida! Parteichef Sigmar Gabriel unterstreicht heute das, was schon seine Generalsekretärin zum Ausdruck gebracht hatte: "Nicht wenige der Organisatoren sind verurteilte Kriminelle, Neonazis und Antisemiten, denen es nur darum geht, die Gesellschaft zu spalten." Mit denen werde sich die SPD nicht an einen Tisch setzen. Für Generalsekretärin Yasmin Fahimi steht zudem fest: Für Sozialdemokraten gibt es keine Veranlassung, nach Dresden zu fahren:
    "Zu diesen Demonstranten und diesen Demonstrationen zu gehen, um den Dialog zu suchen - das fände ich ein völlig falsches Zeichen gegenüber hier lebenden Muslimen, gegenüber Zuwanderern, aber eben vor allem auch gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern unserer Gesellschaft, die für ein anderes Deutschland, nämlich für ein weltoffenes, tolerantes Deutschland stehen."
    So sehen das auch die Grünen. "Menschen, die gezielt Stimmung gegen Flüchtlinge und Muslime machen, sind für uns keine Gesprächspartner!" betont deren Vorsitzende Simone Peter. Anders die Linkspartei. Fraktionschef Gregor Gysi distanziert sich zwar auch von den Veranstaltern, kündigt aber an, vor Ort das Gespräch mit den Mitläufern von Pegida suchen zu wollen:
    "Ich will mit den Organisatoren nicht sprechen, weil das bringt nichts. Aber ich will mit denen sprechen, die dort mitlaufen. Und die keine Nazis sind oder Neonazis sind, sondern die aus abstrakten Ängsten heraus mitlaufen. Natürlich werde ich mich mit ihnen auch auseinandersetzen, weil sie wissen ja, wem sie hinterherlaufen. Das kann ich ihnen nicht schenken. Aber gleichzeitig will ich ja auch ihre Ängste abbauen."
    DGB: Offensiv für ein tolerantes Europa, ein offenes Deutschland eintreten
    Nachdem die AfD bereits mit den Organisatoren der Pegida-Märsche gesprochen hat, ist nun also offenbar nur noch die Union bereit, sich mit ihnen an einen Tisch zu setzen. Präsidiumsmitglied Jens Spahn, der am Sonntag bereits mit Kathrin Örtel von Pegida gemeinsam in einer Talkshow saß, plädiert für solche Gespräche. Und auch Fraktionsvize Michael Kretschmer, zugleich Generalsekretär der CDU Sachsen, macht im Deutschlandfunk klar, wie wenig er davon hält, den Dialog mit den Unzufriedenen in Dresden zu verweigern:
    "Ich halte das für im höchsten Maße überheblich, ich muss mich nicht mit einem Organisator an den Tisch setzen, aber ich muss mich doch mit denjenigen, die da auf der Straße Ängste äußern, auseinandersetzen. Es kann nicht sein, dass die Politik und die politischen Parteien entscheiden, welche Ängste zulässig sind und welche man für unzulässig und rechtsextremistisch hält, beispielsweise die Angst vor einem gewaltbereiten Islam."
    Ganz anders der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Rainer Hoffmann hält nichts davon, nun gerade auf die Pegida-Anhänger zuzugehen, er möchte lieber die Gegner der Bewegung noch besser unterstützen:
    "Ich sehe überhaupt keine Grundlage, dass wir als Gewerkschaften mit solchen Bewegungen, die eindeutig rechtsnationalistische Positionen vertreten, in Kontakt treten. Was ich sehe, ist, dass wir offensiv für ein tolerantes Europa, ein offenes Deutschland eintreten. Wir müssen anerkennen, dass wir Zuwanderungsland sind."
    Für Ärger sorgt inzwischen auch die Tatsache, dass die sächsische Landeszentrale für politische Bildung den Pegida-Organisatoren ihre Räumlichkeiten für eine Pressekonferenz zur Verfügung gestellt hat. In den Augen von Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale, wurde damit eine rote Linie überschritten, weil nicht gleichzeitig auch den Gegendemonstranten ein entsprechendes Angebot gemacht wurde.