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Deepwater-Horizon-Unglück 2010
Der größte Ölunfall der Geschichte

Am 20. April 2010 explodierte die Bohrinsel Deepwater Horizon im Golf von Mexiko. 87 Tage strömte das Öl ins Meer. Monatelang trieb ein Ölteppich von der anderthalbfachen Größe des Saarlands umher. Der Ölkonzern BP zahlte als Verursacher die höchste Strafe, die je für ein Umweltdelikt verhängt worden war.

Von Monika Seynsche |
    Die Explosion der Bohrinsel Deepwater Horizon zählt bis heute als größte Ölkatastrophe, 22. April 2010
    Fast 800 Millionen Liter Öl und 500.000 Tonnen Gas traten damals aus – mit gravierenden Folgen für Umwelt und regionale Wirtschaft (US Coast Guard)
    Es war ein milder Frühlingsabend im Golf von Mexiko. Zwei Monate lang hatte die Crew der Deepwater Horizon eine mehr als fünf Kilometer tiefe Bohrung in das Macondo-Ölfeld vorangetrieben und freute sich darauf, endlich nach Hause fahren zu können. Am 20. April 2010 musste das Bohrloch nur noch provisorisch verschlossen werden, um dann die Explorationsbohrplattform gegen eine Förderplattform austauschen zu können. Dabei gingen mehrere Dinge schief, sagt der emeritierte Ölforscher Ed Overton von der Louisiana State University in Baton Rouge.
    Elf Tote, viele Verletzte
    "Der provisorische Zementstopfen im Bohrloch versagte. Dadurch schossen Öl und Gas unkontrolliert durch die Rohrleitungen bis in die Ölbohrinsel. Eigentlich soll das durch einen Blowout-Preventer, also eine Reihe von Absperrventilen direkt über dem Bohrloch, verhindert werden. Aber auch der Blowout-Preventer funktionierte nicht. Sie hatten also einen Fehler mit dem Zement gemacht und dann auch noch ein defektes Sicherheitselement eingebaut."
    Das Öl-und Gasgemisch geriet in Flammen und die Bohrinsel explodierte. An diesem Abend waren über 100 Menschen auf der Plattform. Elf von ihnen starben, viele weitere wurden verletzt. Wenige Tage später versank die Bohrinsel. Das Öl strömte in rauen Mengen in den Ozean.
    "Das Öl war überall. Die Vögel waren ölverschmiert. Man konnte ganz leicht erkennen, wo es überall Schaden anrichtete."
    2.000 Kilometer verschmierte Küstenlinie
    87 Tage lang scheiterten alle Versuche, das Bohrloch zu schließen und die Ölpest zu stoppen. Schätzungen zufolge flossen insgesamt fast 800 Millionen Liter aus. Es war der größte Ölunfall der Geschichte. Auf dem Ozean trieb monatelang ein Ölteppich von der anderthalbfachen Größe des Saarlands. Fast 2.000 Kilometer Küstenlinie waren im Sommer 2010 ölverschmiert. Hunderttausende von Vögeln und Fischen starben, hunderte von Meeressäugern, unzählige Krabben, Garnelen, Insekten und Kleinstlebewesen.
    Ein ölverschmierter toter Vogel liegt am Strand.
    Die Explosion der Ölplattform Deepwater Horizon und ihre Folgen Am 20. April 2010 explodierte die Ölplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko. Fast 800 Millionen Liter Öl und 500.000 Tonnen Gas traten damals aus – mit gravierenden Folgen für die Umwelt und die regionale Wirtschaft. Forscher kritisieren: Die Aufarbeitung des Unglücks ist unzureichend.
    Der Ölunfall der Deepwater Horizon ließ die Population von Atztekenmöwen um mehr als ein Drittel einbrechen. Auch Braunpelikane, Königsseeschwalben sowie Wale und Delfine starben in großer Zahl. All diese Arten pflanzen sich nur langsam fort. Dementsprechend lange wird es dauern, bis sich die Bestände wieder erholen - wenn sie es tun, sagt der Biologe Ryan Fikes von der Umweltschutzorganisation National Wildlife Federation.
    "Der Golf von Mexiko ist ein hochdynamisches Ökosystem mit vielen sehr verschiedenen Lebensräumen: von den Korallen der Tiefsee über die Strände bis hin zu den Küstenmarschen und Mangrovenwäldern. Mehr als 15.000 verschiedene Arten leben hier und bilden ein hochkomplexes Nahrungsnetz. Wenn die Population einer Art einbricht, kann das Auswirkungen auf andere Arten haben, die entweder auf die erste Art als Nahrungsquelle angewiesen sind oder aber von dieser gejagt werden. Dadurch sickern Veränderungen an einer Stelle durch das gesamte Nahrungsnetz hindurch."
    Toxische Folgen auf Jahrzehnte hinaus
    Der Meeresökologe Steven Murawski untersucht seit zehn Jahren an der Universität von South Florida die Auswirkungen der Deepwater Horizon-Katastrophe.
    "Die Auswirkungen dieser Ölpest sind noch nicht vorbei. Einige Populationen brauchen möglicherweise noch Jahrzehnte, bis sie sich erholen. In der Tiefsee finden wir noch fünf bis 20 Prozent des ursprünglich ausgetretenen Öls. Außerdem liegen noch viele Ölklumpen in den Küstenmarschen. Dort steckt es so tief im Boden, dass Luft und Sauerstoff es nicht erreichen können. Dadurch zersetzt sich das Öl nicht, sondern bleibt giftig. Im Golf von Mexiko gibt es viele natürliche Ölquellen, aus denen kontinuierlich geringe Mengen Öl austreten, aber an einigen Stellen sind die Ölkonzentrationen auch heute noch zehnmal höher als diese normale Hintergrundbelastung. Das gleiche gilt für die Tiefsee. Auch hier zersetzt sich das im Sediment eingeschlossene Öl kaum. Wir werden also noch lange toxische Effekte sehen."
    BP als Verursacher der Ölpest wurde in einem Gerichtsverfahren zu einer Strafzahlung von 4,5 Milliarden US Dollar verurteilt. Das ist die höchste für ein Umweltdelikt jemals verhängte Strafe.