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Dem Etikettenschwindel auf der Spur

Im Fokus von Lebensmittelkontrolleuren sind Verpackungen von Lebensmitteln, das Angebot von Klebefleisch statt Schinken oder fehlende Hygiene. Immer wieder stoßen die deutschen Lebensmittelkontrolleure dabei auf inakzeptable Missstände.

Von Verena Kemna | 21.10.2010
    Bei den Stichproben in sogenannten Risikobetrieben haben die Kontrolleure im vergangenen Jahr bei 24 Prozent der Betriebe Verstöße festgestellt. Meistens waren die hygienischen Zustände mangelhaft. So wurden in jedem zehnten Krankenhaus vorgeschriebene Hygienemaßnahmen gar nicht oder unvollständig angewandt. Dort müsse weiterhin gezielt kontrolliert werden, meint Helmut Tschiersky-Schöneburg, Präsident des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Die Kontrolleure sind außerdem in vielen Sushi-Betrieben und Imbissbuden fündig geworden. Bei jedem zweiten überprüften Betrieb war die Hygiene mangelhaft, in fast jedem Fünften wurde die vorgeschriebene Kühlkette nicht eingehalten.

    "Ich denke, die relativ hohe Beanstandungsquote bei der Betriebshygiene in Sushi-Betrieben deutet darauf hin, dass hier möglicherweise bei den Betreibern der Ausbildungsstand noch nicht da ist wo er sein sollte. Hier, denke ich, wäre die Wirtschaft gefordert, Imbissbetriebe also kleine handwerkliche Betriebe, zusätzlich durch Schulungsmaßnahmen zu unterstützen."

    Ein anderer Schwerpunkt der Überwachungsbehörden in den Bundesländern war auch im vergangenen Jahr das Lebensmittel Schinken. So haben Kontrolleure in 2000 Gaststätten und Imbissen getestet, ob die verwendeten Kochschinkenerzeugnisse mit den Angaben auf den Speisekarten identisch waren. Bei jeder zweiten Probe wurde statt Schinken oder Formfleisch-Schinken ein Schinkenimitat verwendet. Tschiersky-Schöneburg fordert entsprechende Kontrollen der Länder. Im Rahmen eines Lebensmittelmonitorings wurden außerdem Produkte wie Weizenkörner, Blumenkohl oder Rucola überprüft. Wie im vergangenen Jahr lag die Quote der Proben mit erhöhter Schadstoffbelastung bei deutschen Lebensmitteln bei nur eineinhalb Prozent. Eine insgesamt gute Bilanz, meint der BVL-Präsident.

    "Wir haben bei den Pflanzenschutzmittelrückständen die Tendenz, die wir schon Anfang des Jahres erkannt haben weiter beobachten können. Das heißt, die Pflanzenschutzmittelrückstände bei den untersuchten Lebensmitteln ist weiter rückläufig."

    Für mehr Transparenz soll im nächsten Jahr ein bundesweit einheitliches Modell gelten. Demnach sollen die Kontrollergebnisse der Lebensmittelinspekteure als Aushang veröffentlicht werden. Jeder Verbraucher kann dann nachlesen wie es um die Hygiene im jeweiligen Geschäft, der Imbissbude oder Gaststätte bestellt ist. Als unzureichend kritisiert der gemeinnützige Verein foodwatch die bisherigen Maßnahmen. Foodwatch hat es sich zum Ziel gesetzt, verbraucherfeindliche Praktiken der Lebensmittelindustrie zu entlarven. Martin Rücker fordert mehr Transparenz.

    "Es kann nicht sein, dass in den Statistiken Jahr für Jahr ähnliche Beanstandungsquoten veröffentlicht werden, die Verbraucher aber gar nicht erkennen können, welcher Betrieb sauber arbeitet und welcher sich nicht an die Regeln halten möchte. Dieser Missstand muss abgeschafft werden und das geht nur, wenn man den Verbrauchern die Möglichkeit gibt, sich zu entscheiden zwischen den guten und den schlechten Betrieben. Dazu müssen sie informiert werden. Dadurch erreicht man, dass die Betriebe einen viel größeren Anreiz haben, sich an die Gesetze zu halten."

    Foodwatch fordert seit Jahren ein sogenanntes Smiley System. Demnach können die Verbraucher sofort erkennen, ob die Lebensmittelkontrolleure, Missstände entdeckt haben.