Donnerstag, 28. März 2024

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Der Aufstieg des Space-Pop
Hallo Spaceboy!

Der Beginn der Raumfahrt hat die Popkultur beflügelt: Im Film und in der Musik wimmelte es von kosmischen Visionen. Der Blick ins All schwankte zwischen Schrecken und Schönheit und war begleitet von einem neuen Soundtrack: dem Space-Pop. Von The Spotnicks über Peter Sellers bis David Bowie.

Von Ulrich Biermann | 01.05.2019
Der amerikanische Schauspieler und Regisseur Leonard Nimoy in der Rolle des Vulkaniers "Mister Spock"
Mister Spock, Major Tom und "2001": Der Weltraum wurde in den 50ern und 60ern zu einem Lieblingsthema der Pop-Kultur - wie hier bei "Star Trek" (dpa-Film, dpa picture-alliance)
Willkommen zu einem Corso Spezial über das All, die Populärkultur, ferne Welten und gar nicht so ferne Klänge:
"Hallo Spaceboy!" (David Bowie: "Hallo Spaceboy")
Oktober 1957, neue Töne erfüllen den Äther, ausgesandt nicht von der Erde, sondern fast 1.000 Kilometer darüber.
Ein Bild von Sputnik 1, dass die Sowjetunion zu dessen Start am 4.10.1957 verbreitete.
Am 4. Oktober 1957 startete der sowjetische Satellit Sputnik 1 ins All (Tass / AFP)
"Until two days ago, that sound had never been heard on this earth. It is a report from mans farthest frontier, the radio signal transmitted by the Soviets’ sputnik, the first manmade satellite as it passed New York earlier the day."
"The Soviet Space Satellite, Sputnik One."
"Sputnik, spoo-spoo-spoot-a-nick-a-chick.
Well, I go around the world with my crazy Satellite Girl"
(Jerry Engler and the Four Ekkos: "Sputnik (Satellite Girl)")
Kaum piepte Sputnik, da hatte der Pop ein neues Thema: das All, den Weltraum. Jerry Engler träumte davon, im Sputnik mit seiner Liebsten die Erde zu umkreisen. Aber das war nicht der Anfang der Begeisterung der Popkultur für unendliche Weiten. Der Anfang liegt schon zwei Jahre früher - in Händen, die wissen, wie man ein großes Publikum nicht nur erreicht, sondern auch begeistert.
Die Playlist mit den besten Space-Pop-Songs:
Weltraum-Werbung von Walt Disney und Wernher von Braun
"Tomorrowland - Promise of things to come. Here, to introduce you to this new series is Walt Disney!"
Schon im März 1955 zeigt Walt Disney im Fernsehen "Man in Space" und erzählt vom ältesten Traum der Menschheit, der Reise zu anderen Welten:
"Many of the things that seem impossible now will become realities tomorrow. One of the man’s oldest dreams has been the desire for space travel, to travel to other worlds. Until recently this seemed to be an impossibility."
Über 40 Millionen Zuschauer, allein bei der Erstausstrahlung. Denn Disney landet einen Clou, wie der ehemalige Chefkurator des Museum of the Moving Image in New York, David Schwartz, analysiert:
Film-Produzent Walt Disney und Raketeningenieur Werhner von Braun im Jahr 1954. Von Braun arbeitete mit den Disney-Studios an Filmen zu Reisen ins Weltall.
Film-Produzent Walt Disney (links) und Raketeningenieur Werhner von Braun im Jahr 1954 (imago stock&people/ ZUMA Press)
"Das Wichtigste, was Disney machte: Er tat sich zusammen mit dem Wissenschaftler Wernher von Braun, damals der prominenteste Wissenschaftler in den USA. Sie versuchten, die Idee der Reise in den Weltraum populär zu machen."
Der ehemalige SS-Mann und Nazi-Raketeningenieur in Diensten der NASA und der Zeichentrickfilmpapst machen dem US-Präsidenten Beine, der im Juli den Auftrag für ein US-Satellitenprogramm erteilt. Und schon finden sich die ersten Satelliten-Songs in der Mache.
Euphorische Rock’n’Roller, panische Country-Musiker
Musik - Skip Stanley: "Satellite"
Skip Stanley, 1956 mixt er Atomkraft, Satelliten, Radioaktivität und interplanetare Flüge mit obskuren Soundeffekten. Veröffentlicht auf einen Label, das natürlich Satellite Music heißt. Und was ist auf der B-Seite? Jede Menge Planeten.
Musik - Skip Stanley: "Planets"
Die Hündin "Laika" wurde 1957 mit der sowjetischen Rakete "Sputnik II " ins Weltall gestartet und umrundete als erstes Lebewesen die Erde.
Die Hündin Laika wurde 1957 mit der sowjetischen Rakete Sputnik II ins Weltall gestartet und umrundete als erstes Lebewesen die Erde (picture alliance / dpa / UPI)
Auch wenn der Wettlauf ins All nie offiziell erklärt wurde - die US-Bürger wissen durch das Kurzwellensignal von Sputnik: die Russen sind erster. Während sich der Rock'n'Roll jede Menge Spaß mit Satelliten und Raketen macht, ist die Country-Fraktion verängstigt bis paranoid. Als die Russen auch noch eine Hündin ins All schießen, da ist Ray Anderson hörbar panisch. Sputniks, Mutniks, was fliegt da alles, sind das vielleicht sogar Atomraketen?
"Sputniks and Mutniks, flying through the air,
Sputniks and Mutniks, flying everywhere.
They’re so ironic. Are they atomic?
Those funny missiles have got me scared."
(Ray Anderson and the Home Folks: "Sputniks and Mutniks")
Sputnik inspiriert Komponisten und Texter. Das All ist "the new frontier", zu eroberndes Neuland - "frontier", das Topos, der zentrale Begriff für US-Politik, US-Kultur und das Selbstverständnis vieler Bürger. Der Westen war erobert, weiter konnte man nicht, warum es also nicht da oben versuchen? Egal ob jemand jetzt schon eine Stahlkugel in den Orbit katapultiert hatte. Blues-Pianist Roosevelt Sykes warnt gar den russischen Präsidenten: "Wir haben hier 'ne heiße Kiste, ganz neu, und die ist schneller als Sputnik Nummer zwei":
"Now, listen Mr. Khrushchev,
I heard a lot of talk
about the satellite and missiles
and Eisenhower’s fault.
You'd better listen to what I got to say.
The thing I'm gonna tell you
will make your hair turn gray.
I got a satellite baby with a red-hot style that's new.
I got a satellite baby that can rock it all night through.
She can make more speed than Sputnik No. 2."
(Roosevelt Sykes: "Satellite Baby")
Sputnik-Songs rund um den Globus
Während die USA sich ängstigten, lacht man in England: Peter Sellers und Spike Milligan veröffentlichen nur zehn Tage nach dem Sputnik-Start ihr russisches Liebeslied, eine ironische Abrechnung mit dem Kalten Krieg, die sich quer durch die Musik-Stile schlängelt.
"Oh! Comrades! All right comrade, that's enough!
We meet each night by the silvery light of that
dear old fashioned Russian satellite moon.
It shines so bright - turns Americans white
at the sight of our dear old Russian satellite moon.
And over here in England […]
The president, gentleman, the president of the har-har-har of the har-har-har […]
I'm gonna rock around that Russian satellite moon
I'm gonna rock around that Russian satellite moon […]
That's right, comrade Elvis"
(The Goons: "A Russian Love Song")
Angeblich war den Redakteuren dieses Stück zu heikel für die wöchentliche Radio-Comedy "Goon Show" der BBC. Auch in Schweden blieb Sputnik nicht unbeantwortet: Der Twang-Sound einer Band namens Frazer wurde ab 1961 unter dem Etikett The Spotnicks äußerst erfolgreich verkauft, Anleihen am russischen Liedgut inklusive:
Musik - The Spotnicks: "Rocket Man"
Die schwedische Band The Spotnicks 1964 in Hamburg
Die schwedische Band The Spotnicks 1964 in Hamburg (imago images / United Archives International/ Topfoto)
Rund um den Globus: "Sputnik Baby", "Sputnik Dance", "Rock the Universe", "Countdown", "Moontwist", "Moon Rocketin", "First man on Mars". Die Titel der Songs reichen aus den 1950ern bis in die Träume der Jetztzeit. Aber die US-Träume, sie bekommen einen Dämpfer, der hinter dem Eisernen Vorhang später staatstragend besungen wird, mit Lyrik für Werktätige: "Wir fliegen in den Kosmos zur Arbeit":
Musik - Oleg Sokolow-Tobolski: "Gagarin-Marsch"
Reporter: "Und unter dem Jubel der Moskauer, meine Hörer, verlässt Juri Gagarin, Major Juri Gagarin, allein die Maschine. Beifall für den Helden des Tages, Juri Gagarin!"
Der Wettlauf zum Mond
Ein zweiter Schock für die USA: die erste Erdumrundung durch einen Menschen. Wieder ist die Sowjetunion schneller, und Präsident Kennedy reagiert:
"We choose to go to the Moon": John F. Kennedy bei seiner Rede in Houston
"We choose to go to the Moon": John F. Kennedy bei seiner Rede in Houston (NASA)
"Wir hissen die Segel auf diesem neuen Meer, denn es gilt, neues Wissen zu erlangen und neue Rechte zu gewinnen, und sie müssen für den Fortschritt und den Nutzen aller gewonnen werden. Ich bin überzeugt, dass der Weltraum erforscht und beherrscht werden kann, ohne das Feuer des Krieges anzuheizen, ohne die Fehler zu wiederholen, die der Mensch bei der Eroberung unserer Erde gemacht hat. Es gibt bislang keinen Unfrieden, keine Vorurteile und keine nationalen Konflikte im Weltraum, bis jetzt."
Musik - The Ho-Dads: "Space Race"
"Space Race": Der Wettlauf ins All hat offiziell begonnen, der Wettlauf zum Mond.
John F. Kennedy: "We choose to go to the moon. We choose to go to the moon in this decade and do the other things, not because they are easy, but because they are hard."
Diese Rede veränderte die Medien und die Populärkultur, erinnert sich der Kurator des Filmmuseums New York David Schwartz:
"Kennedys Vision vom Menschen auf dem Mond - die Idee der Reise ins All wurde plötzlich viel moderner präsentiert. Man wechselte nahtlos von den Feuersteins zu ‚The Jetsons‘."
Die US-Serie "The Jetsons"
Die US-Serie "The Jetsons" (imago stock&people/ IFTN United Archives)
Ab 1962 zeigen die Macher der "Familie Feuerstein" ihre Version der Zukunft mit Aliens, Robotern, Zeitreisen und Hologrammen - aus der Comic-Steinzeit in die Comiczukunft. "Wir haben einfach alles übertragen", geben die Erfinder Hanna und Barbara zu.
"We actually did the same thing in the future, we reproduced everything."
"I’m home!"
"The 21st Century: transportation space travel, robotics."
"Yappedi-do-do!"
("The Jetsons")
"Doctor Who", "The Jetsons" und "Lost in Space"
Die "Jetsons" sind nur der Anfang, Disneys "Man in Space" und der Nachfolger "Man on The Moon" waren mittlerweile für die Schulen aufbereitet. Raketenexperten des Pentagon hatten die Filme angefordert, und selbst der erste Vorsitzende des sowjetischen Weltraumprogramms bestellte sich eine Kopie und sah die erste Mondumkreisung der USA, inszeniert schon 1955, präsentiert von:
Walt Disney: "Dr. Wernher von Braun."
Wernher von Braun: "A voyage around the moon must be made in two phases."
Reporter: "Ladies and Gentlemen, you have just witnessed the first successful voyage into interplanetary space, followed by an expedition that will land on the moon’s surface."
In der Unterhaltungsindustrie war man Anfang der 60er längst schon im All unterwegs, mit den animierten "Jetsons" oder dem britischen "Fireball XL 5", einer Marionettenserie, in der Weltraumpolizisten ins All fliegen und natürlich die Erde retten. Mit dazugehörendem Titelsong:
"I wish I was a spaceman,
The fastest guy alive
I'd fly you round the universe
In Fireball XL5.
Way out in space together,
Conquerors of the sky.
My heart would be a fireball, a fireball
'Cause you would be my Venus of the stars."
(Barry Gray/Don Spencer: "Fireball (I wish I was a spaceman)")
Und dann schrieben die Briten Fernsehgeschichte, Science-Fiction-Geschichte: 1963 startet die Weltraum-Zeitreisen-Langstrecken-Serie "Doctor Who". Die brachte es nicht nur zu einem weltweiten Kult, sondern bis in die Charts. Allerdings nach einer Zeitreise von einem Vierteljahrhundert.
Von den USA aus hat mittlerweile John Glenn zwar im All den Globus umrundet, doch auf das Apollo-Programm muss noch gewartet werden. Das Fernsehpublikum vertreibt sich die Zeit bis dahin mit der "Familie Robinson". Genau, die Robinsons aus dem 18. Jahrhundert, die im literarischen Original auf dem Weg nach Australien mitten im indischen Ozean auf einer tropischen Insel stranden.
"How far out can you get?" ("Lost in Space")
Schwartz: "1965 allerdings starten sie mit ‚Lost in Space‘ von einer überbevölkerten Erde und finden sich durch Sabotage allein auf einem unwirtlichen Planeten wieder, eine Mischung aus häuslicher Sitcom und futuristischer Vision des Alls."
June Lockhart, "Lost In Space" circa 1965
June Lockhart, "Lost In Space" circa 1965 (imago images / Cinema Publishers Collection)
Aus aller Welt seien Korrespondenten gekommen, um diese Serie enthusiastisch zu feiern - eine Serie, deren Konzept weiter hinausgehe, als man es je zuvor im Fernsehen gesehen habe.
Neue Musik-Genres geboren
Klingt doch irgendwie bekannt: Der Weltraum, unendliche Weiten, nie zuvor gesehen? Im Pop jedenfalls wird weiter Wettlauf ins All gespielt - allerdings entspannter, weniger rockig, dafür mit jeder Menge Soundeffekten.
Musik - Gene and the Esquires: "Space Race"
Ein bisschen Beat, ein bisschen Breitwand-Kinosound und Easy-Listening. Was Rockabilly, Surfsound und Blues können, das kann der Mainstream auch. Schon seit den 50ern hat sich der Space Age Pop etabliert.
"For now we live in the Space Age" ("Lost in Space")
Exotische Instrumente und teilweise Naturklänge werden mit leichtgängigen Melodien verwoben, ein bisschen Elektronik hier, und bitte Hall! Das All ist ja weit. Manchmal wird noch nicht mal neu komponiert, es reicht ja, die Jazz-Standards in die Umlaufbahn zu schießen.
Musik - Dick Hyman: "Stompin' at the Savoy"
Die Byrds dagegen mischen Folk mit Rock, und ihr Manager bewirbt 1966 eine neue Single mit der Meldung, er habe die Band für eine Million Dollar gegen Entführung durch Außerirdische versichert. "Mr. Spaceman" wird kein Hit, aber ein Begriff wird geprägt, und ein neues Genre ist geboren: Space-Rock, allerdings nicht so, wie wir ihn heute kennen.
"Hey, Mr. Spaceman
Won't you please take me along
I won't do anything wrong
Hey, Mr. Spaceman
Won't you please take me along for a ride."
(The Byrds: "Mr. Spaceman")
Start der "USS Enterprise"
Keine unendlichen Weiten, der Gast aus dem Weltraum wird nur besungen. Im Fernsehen allerdings behauptet jemand, nie zuvor Gesehenes zu zeigen. Gene Roddenberry bringt 1965 Cowboys ins Weltall, so hat er sich das zumindest gedacht, aber:
"They didn't wanna have anything to do with it."
NBC wollte nichts damit zu tun haben, erinnerte sich der "Star Trek"-Erfinder:
Das Star Trek-Flaggschiff, die USS Enterprise
Das Star Trek-Flaggschiff, die USS Enterprise (dpa/ picture-alliance)
"Sie fanden es zu kompliziert. Sie dachten, ich hätte ihnen eine neue Version der Eroberung des Westens angeboten, nur diesmal im All. Und genau das hatte ich, Western-Serien waren damals sehr erfolgreich. Aber sie fühlten sich hintergangen. Das war ihnen irgendwie zu intellektuell. Sie wollten was Handfestes, nackte Fäuste, Boxkämpfe."
Bruchlandung auf Terra für den Pilotfilm - unter dem ersten Kommando von:
"Captain Christopher Pike vom Raumschiff Enterprise der Sternenflotte." ("Star Trek")
Bruchlandung für die gesamte Crew, die Darsteller gefallen der NBC nämlich auch nicht. Nur einer startet noch einmal, ein Außerirdischer dazu:
"Spock!"
"Computerlogbuch Nummer 1 der Enterprise, Sternzeit 1312,4, Captain Kirk."
"Das Unmögliche ist eingetreten." ("Star Trek")
Roddenberry kann die NBC überzeugen, dreht einen zweiten Pilotfilm und bekommt den Auftrag für 29 Folgen mit neuen Ideen für die damalige Zeit.
Die Crew des Raumschiffes USS Enterprise auf der Brücke in einer Szene der gleichnamigen Serie: (l-r) George Takei als Lieutenant Hikaru Sulu, Leonard Nimoy als Lieutenant Commander Spock vom Planeten Vulkan, Nichelle Nichols als Kommunikationsoffizier Lieutenant Uhura, William Shatner als Captain James Tiberius Kirk, Majel Barrett als Krankenschwester Christine Chapel, Walter Koenig als Sicherheitsoffizier Ensign Pavel Chekov, DeForest Kelley als Chefarzt Dr. Leonard Horatio McCoy, genannt "Pille" und James Doohan als Chef-Ingenieur Montgomery Scott , genannt "Scotty". (Aufnahme von 1967).
Die Crew des Raumschiffes USS Enterprise (picture-alliance / dpa)
"Space, the final frontier!" ("Star Trek")
Die Enterprise geht auf Friedensmission in der Zukunft - während auf Erden Kalter Krieg geführt wird. In der Erdumlaufbahn herrscht derweil reges Treiben, die USA trainieren tüchtig für den Wettlauf zum Mond. Neue Höhenrekorde werden aufgestellt, an Satelliten wird angekoppelt und ein Astronaut wagt sich sogar hinaus ins All. Also: Alles klar für Apollo. Up, up and away. Was den Briten Jonathan King in den Charts auf beiden Seiten des Atlantiks klagen lässt: Sind denn jetzt alle auf dem Mond?
"Streets full of people
All alone
Roads full of houses
Never home
Church full of singing
Out of tune
Everyone's gone to the moon."
(Jonathan King: "Everyone’s gone to the moon")
"2001: Odyssee im Weltraum": Kubricks Wettlauf mit der Nasa
Musikalisch sind die Trendsetter wahrlich ganz weit draußen, nicht mehr auf dem Mond, sondern unterwegs in einem All loser Songstrukturen, im Space-Rock. Lange Instrumentalteile, Improvisationen, Verzerrungen, Hall und Echo, in denen sich die Stimmen verlieren. Der Brite Joe Meek hatte das zwar mit der Skiffle-Band The Blue Men schon 1959 mit seinem Album "I Hear a New World" vorgemacht, aber das wurde nur in Auszügen veröffentlicht und nur 99 Exemplare wurden gepresst.
Gong, Hawkwind und Pink Floyd beleben das Genre, das später zum Progressive-Rock werden soll. Schon der erste Titel auf dem Debüt des Quartetts Barrett, Mason Waters und Wright gibt rahmenlose Weite vor.
Musik - Pink Floyd: "Astronomy Domine"
Während Pink Floyd 1967 schwebten, wurde am filmischen Pendant zu diesen Klängen schon gearbeitet. "2001: Odyssee im Weltraum": Regisseur Stanley Kubrick befindet sich in einem eigenen Wettlauf mit der Nasa, noch vor Mondlandung soll sein Film erscheinen.
Die Raumstation in Stanley Kubricks Science-Fiction-Film "2001 - Odyssee im Weltraum"
Die Raumstation in Stanley Kubricks Science-Fiction-Film "2001 - Odyssee im Weltraum" (imago / Entertainmen tPictures)
"Der Film kam '68 heraus, wir sind erst '69 auf dem Mond gelandet. Und der Film war eine neue kosmische Vision, technisch absolut fortschrittlich", sagt David Schwartz.
"2001": Er beginnt mit schwarzer Leinwand, neuer Musik, und das erste Wort fällt erst nach 22 Minuten. Nach der Premiere bitten die Produzenten zur Krisensitzung - und die Kritiken sind vernichtend. Zu weit draußen für die Zeitgenossen, dieses Meisterwerk, das weitere Meisterwerke inspiriert.
"Space Oddity": Der Sound zur Mondlandung
Neil Armstrong: "That's one small step for man, one giant leap for mankind."
Die Astronauten Neil Armstrong and Edwin E. "Buzz" Aldrin errichten 1969 auf dem Mond die US-amerikanische Flagge
Die Astronauten Neil Armstrong and Edwin E. "Buzz" Aldrin errichten 1969 auf dem Mond die US-amerikanische Flagge (AP/NASA)
Auch wenn Armstrong und Aldrin im Juli 1969 den Mond betreten, während Collins mit der Columbia um den Mond kreist. Auch wenn bei Duke Ellington extra ein Lied, "Moon Maiden", für diesen Anlass bestellt wird. Im Gedächtnis der Popkultur ist in Sachen Weltraum, interstellare Reisen und Astronauten ein Stück eingebrannt: Es ist nicht Elton Johns schöne Ballade "Rocket Man". Es ist nicht Chris de Burghs Mixtur von christlicher Mystik mit Besuch aus dem All. Es ist:
Musik - David Bowie: "Space Oddity"
David Bowies Markenzeichen, "Space Oddity", der Weltraum, unendliche Weiten, erschienen neun Tage vor der Mondlandung. Ein Meilenstein inspiriert von Kubricks Meilenstein. Die Geschichte vom Astronauten Major Tom, der ins All startet, jedoch den Kontakt zur Erde verliert.
Das David-Bowie-Sternbild
David Bowies "Space Oddity" erschienen neun Tage vor der Mondlandung (www.stardustforbowie.be)
"Ground Control to Major Tom,
Your circuit’s dead,
There’s something wrong.
Can you hear me Major Tom?
Can you hear me Major Tom?
Can you hear me Major Tom?"
(David Bowie: "Space Oddity")
Aber das ist nur ein Teil der Geschichte von Major Tom. Über 46 Jahre wird Bowie sie erzählen, in "Ashes to Ashes", "Hallo Spaceboy", "New Killer Star" - und selbst im Video zu "Blackstar", seinem letzten Album, taucht er wieder auf, zwar tot, aber verehrt. Ein Relikt, das höchstes Ansehen genießt, während "Space Oddity" weiter klingt und klingt - ins All geschossen an Bord des roten Tesla von Elon Musk, der auf ewig elliptisch den Mars umkreist. Und aus den Lautsprechern klingt, auch wenn das niemand hören kann:
"Planet Earth is blue
And there’s nothing I can do."
(David Bowie: "Space Oddity")
Aber das ist eine andere Geschichte.
Das war das Corso Spezial:
"Hallo Spaceboy!" (David Bowie: "Hallo Spaceboy")
"Das All, der Pop und ferne Klänge." Von und mit Ulrich Biermann. Die Redaktion hatte Kerstin Janse.