Christoph Schmitz: Seit gestern Abend ist es bekannt, ist die große Frage beantwortet, wer der Nachfolger an der Spitze des Hanser-Verlags in München wird. Ablösen wird Ende 2013 den über drei Jahrzehnte zu verlegerischem Ruhm gelangten Michael Krüger ein junger Mann aus Osnabrück – Jo Lendle: 44 Jahre alt, zwei Kinder, derzeit noch verlegerischer Geschäftsführer des DuMont-Verlags in Köln. Jo Lendle ist, wie Michael Krüger, nicht nur Verleger, sondern auch Schriftsteller. "Unter Mardern" hieß sei Debüt bei Suhrkamp. Drei Romane sind anschließend erschienen, zuletzt "Alles Land" bei der Deutschen Verlagsanstalt.
Der Hanser-Verlag in München gehört mit Suhrkamp zu den wenigen deutschsprachigen Verlag, die nicht von einem Medienkonzern geschluckt wurden. Herta Müller, Philip Roth, Orhan Pamuk, David Grossmann, Martin Mosebach, Reinhard Jirgl gehören zu den Autoren des Hanser-Verlags, der unter Michael Krüger wuchs und gedieh, und das in aller Ruhe, anders als es Suhrkamp beschieden war und ist. Jo Lendle also wird der Neue bei Hanser sein. Fürchten Sie sich vor den großen Fußstapfen von Meister Krüger, habe ich Jo Lendle zuerst gefragt?
Jo Lendle: Ach, die großen Fußstapfen, die sind groß. Er hat aber viele Jahre auch Zeit gehabt, die auszutreten. Meine werden anfangs kleiner sein und ich freue mich darauf, sie dann auch kräftig austreten zu können.
Schmitz: Sie werden in München ja nicht nur die Aufsicht über Hanser haben, sondern auch über Hanser Berlin, über Zsolnay, Deuticke, Nagel & Kimche und auch über das Kinder- und Jugendbuchprogramm von Hanser. Was wollen Sie ändern, anders machen, was können Sie, was müssen Sie anders machen?
Lendle: Ich möchte auf der programmatischen Seite für Kontinuität sorgen. Michael Krüger wird im nächsten Jahr 70 Jahre alt und da ist es klug, auch um den Autoren eine Perspektive zu geben, die Leitung des Verlages in neue Hände zu geben. Ich habe programmatisch vielleicht im Bereich der deutschsprachigen Literatur noch jüngere Autoren auch im Blick, ich habe im Sachbuch ein bisschen was vor.
Das sind aber alles Dinge, die dadurch, dass der Wechsel ja erst in einem Jahr stattfindet, dann Zeit haben, sich zu entwickeln. Erst einmal ist Michael Krüger noch ein Jahr in gewohnter tatkräftiger Weise mit dabei. Auf der programmatischen Seite ändere ich nicht viel. Die Herausforderungen, die Verlage heute haben, betreffen eher Aspekte des Handels. Das stationäre Sortiment, der Buchhandel verändert sich einfach in großem Tempo. Die Digitalisierung im Vertrieb, sowohl über die Internet-Versender, aber auch über die E-Book-Distributoren, verlangt einfach noch mal einen neuen Blick, und den nehme ich gerne auf.
Schmitz: Wie wollen Sie auf diese Veränderungen in der Buchbranche – Sie sagten das Stichwort Digitalisierung – denn reagieren? Was kann man da tun?
Lendle: Letztlich geht es einfach darum, klug abwägend zu überlegen, wo spielen wir mit und wo spielen wir nicht mit. Ich habe nicht prinzipiell irgendetwas gegen die neuen Leseformen, aber das Ganze will klug begleitet sein. Das wird nicht das zentrale Tun sein, aber das ist reizvoll genug, um da Sachen ausprobieren zu können.
Schmitz: Stichwort junge Autoren, Sie haben es vorhin schon erwähnt. Ein Branchenkenner heute meinte in der Presse, das Programm müsse dringend verjüngt werden, die Hauptautoren seien schon alle bejahrt, junge gebe es zu wenig, anders als bei Suhrkamp. Ist das eine Richtung auch für Sie?
Lendle: Meine Einschätzung von dem aktuellen Hanser-Programm deckt sich da mit dieser Einschätzung nicht. Wir haben in den letzten Jahren auch gute neue Autoren ans Haus geholt aus der nachwachsenden deutschsprachigen Literatengeneration, und das möchte ich einfach weiter vorantreiben. Das ist ja eine ewige schöne Pflicht von Verlagen, da immer wieder Neues zu finden. Und das haben wir hier bei Dumont sehr stark gemacht, das ist auch das, was ich seit 15 Jahren hier vordringlich betreibe, und da liegt meine besondere Neigung und Freude auch drin, und genauso wie das hier bei Dumont das auch weiter geben wird, werde ich diese Sachen dann eben bei Hanser voranbringen.
Schmitz: Für Michael Krüger war ja der Verlag sozusagen die Familie, auch am Wochenende. Sie haben Kinder und Verantwortung daheim. Ist das zu verbinden?
Lendle: Der Verleger-Job ist jetzt nicht so ganz stark auf die Stechuhrzeiten reglementiert und das lappt dann immer miteinander rein. Ich bin gerne mit den Kindern, aber wenn die Autoren sich melden, bin ich auch gerne mit den Autoren.
Schmitz: Die eigene schriftstellerische Arbeit, müssen Sie die nun endgültig an den Nagel hängen, oder?
Lendle: Nein, das gehört für mich so sehr zu einem glücklichen Leben dazu, dass ich da versuchen will, auch das weiterzumachen. Da habe ich ja nun das schönste Vorbild im Verlag selber: Michael Krüger hat auch immer morgens eine Stunde geschrieben und das halte ich seit Jahren auch so. Insofern ist da eine ganz nahtlose Kontinuität gewährleistet.
Schmitz: Jo Lendle war das, designierter Verleger von Hanser ab Ende 2013.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mehr zum Thema auf dradio.de:
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Ein literarischer Temperatursturz - Jo Lendle: "Alles Land", DVA, München 2011, 379 Seiten
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Jo Lendle: Ach, die großen Fußstapfen, die sind groß. Er hat aber viele Jahre auch Zeit gehabt, die auszutreten. Meine werden anfangs kleiner sein und ich freue mich darauf, sie dann auch kräftig austreten zu können.
Schmitz: Sie werden in München ja nicht nur die Aufsicht über Hanser haben, sondern auch über Hanser Berlin, über Zsolnay, Deuticke, Nagel & Kimche und auch über das Kinder- und Jugendbuchprogramm von Hanser. Was wollen Sie ändern, anders machen, was können Sie, was müssen Sie anders machen?
Lendle: Ich möchte auf der programmatischen Seite für Kontinuität sorgen. Michael Krüger wird im nächsten Jahr 70 Jahre alt und da ist es klug, auch um den Autoren eine Perspektive zu geben, die Leitung des Verlages in neue Hände zu geben. Ich habe programmatisch vielleicht im Bereich der deutschsprachigen Literatur noch jüngere Autoren auch im Blick, ich habe im Sachbuch ein bisschen was vor.
Das sind aber alles Dinge, die dadurch, dass der Wechsel ja erst in einem Jahr stattfindet, dann Zeit haben, sich zu entwickeln. Erst einmal ist Michael Krüger noch ein Jahr in gewohnter tatkräftiger Weise mit dabei. Auf der programmatischen Seite ändere ich nicht viel. Die Herausforderungen, die Verlage heute haben, betreffen eher Aspekte des Handels. Das stationäre Sortiment, der Buchhandel verändert sich einfach in großem Tempo. Die Digitalisierung im Vertrieb, sowohl über die Internet-Versender, aber auch über die E-Book-Distributoren, verlangt einfach noch mal einen neuen Blick, und den nehme ich gerne auf.
Schmitz: Wie wollen Sie auf diese Veränderungen in der Buchbranche – Sie sagten das Stichwort Digitalisierung – denn reagieren? Was kann man da tun?
Lendle: Letztlich geht es einfach darum, klug abwägend zu überlegen, wo spielen wir mit und wo spielen wir nicht mit. Ich habe nicht prinzipiell irgendetwas gegen die neuen Leseformen, aber das Ganze will klug begleitet sein. Das wird nicht das zentrale Tun sein, aber das ist reizvoll genug, um da Sachen ausprobieren zu können.
Schmitz: Stichwort junge Autoren, Sie haben es vorhin schon erwähnt. Ein Branchenkenner heute meinte in der Presse, das Programm müsse dringend verjüngt werden, die Hauptautoren seien schon alle bejahrt, junge gebe es zu wenig, anders als bei Suhrkamp. Ist das eine Richtung auch für Sie?
Lendle: Meine Einschätzung von dem aktuellen Hanser-Programm deckt sich da mit dieser Einschätzung nicht. Wir haben in den letzten Jahren auch gute neue Autoren ans Haus geholt aus der nachwachsenden deutschsprachigen Literatengeneration, und das möchte ich einfach weiter vorantreiben. Das ist ja eine ewige schöne Pflicht von Verlagen, da immer wieder Neues zu finden. Und das haben wir hier bei Dumont sehr stark gemacht, das ist auch das, was ich seit 15 Jahren hier vordringlich betreibe, und da liegt meine besondere Neigung und Freude auch drin, und genauso wie das hier bei Dumont das auch weiter geben wird, werde ich diese Sachen dann eben bei Hanser voranbringen.
Schmitz: Für Michael Krüger war ja der Verlag sozusagen die Familie, auch am Wochenende. Sie haben Kinder und Verantwortung daheim. Ist das zu verbinden?
Lendle: Der Verleger-Job ist jetzt nicht so ganz stark auf die Stechuhrzeiten reglementiert und das lappt dann immer miteinander rein. Ich bin gerne mit den Kindern, aber wenn die Autoren sich melden, bin ich auch gerne mit den Autoren.
Schmitz: Die eigene schriftstellerische Arbeit, müssen Sie die nun endgültig an den Nagel hängen, oder?
Lendle: Nein, das gehört für mich so sehr zu einem glücklichen Leben dazu, dass ich da versuchen will, auch das weiterzumachen. Da habe ich ja nun das schönste Vorbild im Verlag selber: Michael Krüger hat auch immer morgens eine Stunde geschrieben und das halte ich seit Jahren auch so. Insofern ist da eine ganz nahtlose Kontinuität gewährleistet.
Schmitz: Jo Lendle war das, designierter Verleger von Hanser ab Ende 2013.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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