Der Maler Eugène Boudin, dem jetzt das Pariser Musée Jacquemart-André eine Retrospektive widmet, hat nicht wie Claude Monet eine "Sixtinische Kapelle der modernen Kunst" hinterlassen. So hatten Kritiker die raumfüllenden Wanddekorationen in Ölmalerei bejubelt, die Ausblicke auf von Seerosen bedeckte Wasseroberflächen und herabhängende Trauerweiden zeigen und noch heute in der Pariser Orangerie die Besucherströme nicht abreißen lassen.
Bescheiden umschrieb Monet sein Meisterwerk mit den Worten: "Ich habe nichts anderes getan als anzuschauen, was die Natur mir zeigte." Aber es war wohl Eugène Boudin, der entscheidend zur Schaffung dieser "modernen Sixtina" beigetragen hatte, lässt sich doch in einem Brief Monets an ihn 1892 nachlesen: "Ich habe nicht vergessen, dass Sie der Erste waren, der mich Sehen und Verstehen lehrte."
Von Eugène Boudin, dem Maler der Natur und ihrer Licht- und Wetterphänomene, häufig eingefangen vor der grauen Kulisse des heimatlich-normannischen Himmels um die Mitte des 19. Jahrhunderts, werden knapp 60 Ölbilder, Aquarelle und Pastelle gezeigt. Aus Honfleur, seiner Geburtsstadt, die ihm auch ein kleines Museum gewidmet hat und aus Le Havre, vor allem aber aus den USA und Kanada kommen die Leihgaben zu dieser ersten Schau seines Werks in Paris seit über einhundert Jahren.
Drei Kühe erwarten den Besucher als Ausstellungsauftakt, von Boudin 1852 sorgsam nach dem niederländischen Original des 17. Jahrhunderts von Paulus Potter im Louvre kopiert. Boudin war mit einem Stipendium der Stadt Le Havre nach Paris gekommen und stellte mit konventionellen Kopien nach alten Meistern seine Kunstfertigkeit unter Beweis. Direkt daneben grasen in kleinerem Bildformat wieder Kühe, jetzt in Strandnähe, doch sind sie dieses Mal lediglich grob skizziert, die Ölfarbe ist pastos aufgetragen, und ein aufgewühlter Wolkenhimmel dominiert diese Komposition von 1880.
Zwischen beiden Werken liegen knapp 30 Jahre, in denen Boudin immer wieder mit einem Publikumsgeschmack konfrontiert wurde, der Experimente und Innovationen in der Malerei ablehnte.
"Die Romantiker haben ihre Zeit gehabt, jetzt müssen die einfachen Schönheiten der Natur gesucht werden", verkündete Boudin und überzeugte auch den jungen Künstler Claude Monet ihm in die Natur zu folgen und direkt vor dem Motiv zu malen.
Auf der Ferme Saint-Siméon bei Honfleur in der Normandie trafen gleichgesinnte Maler zusammen, unter ihnen neben Boudin und Monet auch Gustave Courbet, der mit seiner neuen realistischen Malerei bei den offiziellen Salons in Paris für Skandale gesorgt hatte. Der Schriftsteller und Kunstkritiker Charles Baudelaire wurde auf Boudin aufmerksam. Seine Bewunderung galt den "meteorologischen Schönheiten", die Boudin als atmosphärische Naturstudien der normannischen Küste vor allem in Aquarellen festhielt, von denen die Schau eine grandiose Auswahl zeigt.
"Ich werde immer der Maler der Strände sein", umschrieb Boudin seine Vorliebe für ein Motiv, das allerdings vom Publikum gar nicht geschätzt wurde. Zweifellos gehören die mondänen Strandszenen wie etwa das "Konzert im Casino von Deauville" von 1865 zum Besten, was in der Schau zu sehen ist.
Deauville, um 1860 als exklusives Seebad des zweiten Kaiserreichs aus dem normannischen Küstensand gestampft, oder der kaum weniger mondäne Nachbarort Trouville, lieferten Boudin nicht nur die bevorzugten Naturmotive wie den Wolkenhimmel und das Meer, sondern auch ein elegantes Pariser Publikum auf Strandausflug.
Boudins Kompositionen vor imposanter Naturkulisse zeigen mit bunten Farbtupfern die Kreolinen der adligen Damen neben den vom Wind zerzausten Sonnenschirmchen, den Strandkabinen und den dunklen Ausgehröcken der Herren. Doch die Gesichter der Figuren bleiben schemenhaft, von Portraits keine Spur. Und so interessierten sich die illustren Gäste des Seebads Deauville nicht im geringsten für Boudins meisterhafte Strandstücke, die er im Salon zeigte.
Enttäuscht verstaute Boudin die Bilder in seinem Atelier, wo sie erst wieder nach seinem Tod zum Vorschein kamen. Offenbar zog Boudin aus dieser Ablehnung seine Konsequenzen. Ein Brüsseler Kunsthändler ermutigte ihn, gefällige Hafenbilder mit stolzen Segeljachten und bunten Quai Ansichten, ganz nach Publikumsgeschmack zu produzieren, was ihm ebenfalls meisterhaft gelang als einem der wenigen französischen Maler dieses Genres.
Als Boudin 1884 die Kirche von Abbeville vom selben Standpunkt aus zu unterschiedlichen Tageszeiten malte, beide Werke werden in der Ausstellung gezeigt, bediente er sich bereits eines Kunstgriffs, der bei Monet später zu den Serienbildern der Kathedrale von Rouen führen wird und Monet zum innovativen Wegbereiter der Moderne stempelte.
War Boudin also doch das wegweisende Vorbild des Giganten des Impressionismus Claude Monet? Ja zweifellos, aber er war eben auch eine eigenständige Künstlerfigur des 19. Jahrhunderts, die bisher leider zu wenig Beachtung fand.
Bescheiden umschrieb Monet sein Meisterwerk mit den Worten: "Ich habe nichts anderes getan als anzuschauen, was die Natur mir zeigte." Aber es war wohl Eugène Boudin, der entscheidend zur Schaffung dieser "modernen Sixtina" beigetragen hatte, lässt sich doch in einem Brief Monets an ihn 1892 nachlesen: "Ich habe nicht vergessen, dass Sie der Erste waren, der mich Sehen und Verstehen lehrte."
Von Eugène Boudin, dem Maler der Natur und ihrer Licht- und Wetterphänomene, häufig eingefangen vor der grauen Kulisse des heimatlich-normannischen Himmels um die Mitte des 19. Jahrhunderts, werden knapp 60 Ölbilder, Aquarelle und Pastelle gezeigt. Aus Honfleur, seiner Geburtsstadt, die ihm auch ein kleines Museum gewidmet hat und aus Le Havre, vor allem aber aus den USA und Kanada kommen die Leihgaben zu dieser ersten Schau seines Werks in Paris seit über einhundert Jahren.
Drei Kühe erwarten den Besucher als Ausstellungsauftakt, von Boudin 1852 sorgsam nach dem niederländischen Original des 17. Jahrhunderts von Paulus Potter im Louvre kopiert. Boudin war mit einem Stipendium der Stadt Le Havre nach Paris gekommen und stellte mit konventionellen Kopien nach alten Meistern seine Kunstfertigkeit unter Beweis. Direkt daneben grasen in kleinerem Bildformat wieder Kühe, jetzt in Strandnähe, doch sind sie dieses Mal lediglich grob skizziert, die Ölfarbe ist pastos aufgetragen, und ein aufgewühlter Wolkenhimmel dominiert diese Komposition von 1880.
Zwischen beiden Werken liegen knapp 30 Jahre, in denen Boudin immer wieder mit einem Publikumsgeschmack konfrontiert wurde, der Experimente und Innovationen in der Malerei ablehnte.
"Die Romantiker haben ihre Zeit gehabt, jetzt müssen die einfachen Schönheiten der Natur gesucht werden", verkündete Boudin und überzeugte auch den jungen Künstler Claude Monet ihm in die Natur zu folgen und direkt vor dem Motiv zu malen.
Auf der Ferme Saint-Siméon bei Honfleur in der Normandie trafen gleichgesinnte Maler zusammen, unter ihnen neben Boudin und Monet auch Gustave Courbet, der mit seiner neuen realistischen Malerei bei den offiziellen Salons in Paris für Skandale gesorgt hatte. Der Schriftsteller und Kunstkritiker Charles Baudelaire wurde auf Boudin aufmerksam. Seine Bewunderung galt den "meteorologischen Schönheiten", die Boudin als atmosphärische Naturstudien der normannischen Küste vor allem in Aquarellen festhielt, von denen die Schau eine grandiose Auswahl zeigt.
"Ich werde immer der Maler der Strände sein", umschrieb Boudin seine Vorliebe für ein Motiv, das allerdings vom Publikum gar nicht geschätzt wurde. Zweifellos gehören die mondänen Strandszenen wie etwa das "Konzert im Casino von Deauville" von 1865 zum Besten, was in der Schau zu sehen ist.
Deauville, um 1860 als exklusives Seebad des zweiten Kaiserreichs aus dem normannischen Küstensand gestampft, oder der kaum weniger mondäne Nachbarort Trouville, lieferten Boudin nicht nur die bevorzugten Naturmotive wie den Wolkenhimmel und das Meer, sondern auch ein elegantes Pariser Publikum auf Strandausflug.
Boudins Kompositionen vor imposanter Naturkulisse zeigen mit bunten Farbtupfern die Kreolinen der adligen Damen neben den vom Wind zerzausten Sonnenschirmchen, den Strandkabinen und den dunklen Ausgehröcken der Herren. Doch die Gesichter der Figuren bleiben schemenhaft, von Portraits keine Spur. Und so interessierten sich die illustren Gäste des Seebads Deauville nicht im geringsten für Boudins meisterhafte Strandstücke, die er im Salon zeigte.
Enttäuscht verstaute Boudin die Bilder in seinem Atelier, wo sie erst wieder nach seinem Tod zum Vorschein kamen. Offenbar zog Boudin aus dieser Ablehnung seine Konsequenzen. Ein Brüsseler Kunsthändler ermutigte ihn, gefällige Hafenbilder mit stolzen Segeljachten und bunten Quai Ansichten, ganz nach Publikumsgeschmack zu produzieren, was ihm ebenfalls meisterhaft gelang als einem der wenigen französischen Maler dieses Genres.
Als Boudin 1884 die Kirche von Abbeville vom selben Standpunkt aus zu unterschiedlichen Tageszeiten malte, beide Werke werden in der Ausstellung gezeigt, bediente er sich bereits eines Kunstgriffs, der bei Monet später zu den Serienbildern der Kathedrale von Rouen führen wird und Monet zum innovativen Wegbereiter der Moderne stempelte.
War Boudin also doch das wegweisende Vorbild des Giganten des Impressionismus Claude Monet? Ja zweifellos, aber er war eben auch eine eigenständige Künstlerfigur des 19. Jahrhunderts, die bisher leider zu wenig Beachtung fand.