Stefan Heinlein: Die Gesundheitsreform, vor der Sommerpause das Aufregerthema Nummer eins. Wildsau und Gurkentruppe, vor allem zwischen FDP und CSU flogen die Fetzen. Doch schließlich übte man sich in Harmonie. Auf einer Koalitionsklausur einigte man sich auf die Eckpunkte einer Reform. Demnach steigen künftig die Beiträge für Arbeitgeber und Arbeitnehmer und die Kassen dürfen darüber hinaus Zusatzbeiträge bei ihren Kunden erheben. Geplant ist außerdem ein Sozialausgleich, um eine Überforderung der Kassenpatienten zu verhindern. Doch viele Detailfragen bleiben offen. Nun liegt ein Gesetzentwurf auf dem Tisch, der in dieser Woche von Union und FDP begutachtet werden soll. Schon jetzt gibt es Kritik, nicht nur von der Opposition, und darüber möchte ich jetzt sprechen mit Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP). Guten Morgen, Herr Rösler.
Philipp Rösler: Guten Morgen, Herr Heinlein. Moin und hallo!
Heinlein: Herr Rösler, trotz Ferien haben Sie offensichtlich Ihre Hausaufgaben gemacht. Der Entwurf für eine Gesundheitsreform liegt nun auf dem Tisch. Kann die Kanzlerin stolz auf Sie sein?
Rösler: Das hängt natürlich von den Ergebnissen am Ende dann ab, aber ich denke, erst mal großer Dank an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in der Tat über die Sommerpause einen fertigen Gesetzentwurf nunmehr zu einem ersten Abgleich vorlegen können. Da kann man durchaus mit zufrieden sein.
Heinlein: Ist das, was Sie sagen, ein erster Gesetzentwurf, also nur eine Rohfassung, oder schon viel mehr?
Rösler: Nein. Das ist ein Gesetzentwurf, wie es sich gehört, und wir gehen heute in die Gespräche mit den Regierungsfraktionen, wie gesagt eben zu einem ersten Abgleich, denn wir wollen ja die Eckpunkte, die wir politisch gemeinsam vereinbart haben, nunmehr in Gesetzesform gießen und dazu braucht es eben auch solcher Verfahren.
Heinlein: Ihr Entwurf – Sie sagen es – wird ja nun von den Koalitionsfraktionen diskutiert. Rechnen Sie denn mit breiter Zustimmung?
Rösler: Da es sich einfach um die technische Umsetzung, die juristische Umsetzung unserer politischen Eckpunkte handelt, mache ich mir da eigentlich weniger Sorgen. Aber natürlich steckt der Teufel im Detail und es lohnt sich, eben sauber und solide sich diesen Gesetzentwurf gemeinsam anzusehen.
Heinlein: Ein Detail sind die Zusatzbeiträge. Dort ist die CSU, Horst Seehofer und Markus Söder, ja recht skeptisch. Rechnen Sie denn mit weiteren Störfeuern aus Bayern?
Rösler: Also das denke ich nicht. Wir haben jetzt einen klaren Auftrag, die Frage Sozialausgleich und Zusatzbeiträge gesetzgeberisch umzusetzen. Dafür haben wir Vorschläge gemacht und dafür dienen ja auch genau solche Abgleichungsgespräche, um genau das technisch umzusetzen, was wir eben wie gesagt gemeinsam politisch vereinbart haben.
Heinlein: Also Sie haben keine Sorge, dass Sie von München, von Bayern als Gurkentruppe beschimpft werden wie in der Vergangenheit?
Rösler: Die habe ich nicht.
Heinlein: Haben Sie denn schon Signale einer Zustimmung aus Bayern?
Rösler: Wir werden ja heute wie gesagt in die ersten Gespräche gehen, gemeinsam, CDU/CSU- und FDP-Fraktion, um genau eben über diesen Entwurf zu diskutieren, und dann kann man nach den Abgleichgesprächen erst weiteres sagen, wie die Fraktionen sich insgesamt zu dem Papier gestellt haben.
Heinlein: An welchen Stellen rechnen Sie denn noch mit Veränderungen?
Rösler: Ich hoffe dann an nicht mehr so vielen. Wie gesagt, es geht um die technische Umsetzung von politisch vereinbarten Dingen. Aber auch das muss man wie gesagt im Detail diskutieren, weil wir gemeinsam in der Verantwortung stehen, ein handwerklich solides Gesetzeswerk auf den Weg zu bringen.
Heinlein: Ein Punkt steht ja bereits fest: Die Gesundheit wird für alle Seiten teurer, für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, und besonders die Versicherten müssen ja mit den Zusatzbeiträgen künftig besonders tief in die Tasche greifen.
Rösler: Gerade im nächsten Jahr haben wir darauf geachtet, dass eben neben der Beitragsrückführung auf den Stand 1. Januar 2009 Versicherte nicht zusätzlich belastet werden, also zum Beispiel nicht durch höhere Zuzahlungen und auch nicht durch zusätzliche Zusatzbeiträge im Jahre 2011. All die Maßnahmen, die wir ergreifen, auch die Einsparungen bei Ärzten, Zahnärzten, Apothekern und Krankenhäusern, sollen ja eben verhindern, dass wir ein großes Milliardendefizit im nächsten Jahr dann haben. Das verschont dann die Versicherten von Zusatzbeiträgen im nächsten Jahr.
Heinlein: Im nächsten Jahr, aber ab 2012 wird es dann richtig teuer.
Rösler: Das hängt in der Tat dann davon ab, was wir für weitere Maßnahmen auf den Weg bringen. Jetzt haben wir die Finanzierungsreform auf den Weg gebracht. Wir wollen aber das System insgesamt verbessern, es soll wettbewerbsfähiger sein, es soll effizienter werden, die Menschen sollen nicht immer nur das Gefühl haben, sie bezahlen viel für Gesundheit, und das wird dann auch Aufgabe sein für das Jahr 2011, damit eben gerade im Jahre 2012 nicht wieder enorme Defizite auf uns zukommen.
Heinlein: Sie planen, das scheint festzustehen, Sanktionen, wenn die Versicherten die Zusatzbeiträge nicht zahlen können. Werden die Menschen also bestraft, wenn sie kein zusätzliches Geld für ihre Versicherungen ausgeben können?
Rösler: Zunächst einmal werden sie geschützt durch einen Sozialausgleich, dass sie nicht übermäßig belastet werden, und diejenigen, die nicht bereit sind zu zahlen, da müssen wir die Versichertengemeinschaft auch, finde ich, schützen, sonst ist der Ehrliche der Dumme, und das gilt es zu verhindern.
Heinlein: Wie teuer werden denn die Sanktionen?
Rösler: Das hängt zunächst einmal davon ab, was wir jetzt im Gesetzentwurf gemeinsam diskutieren und vereinbaren. Aber es darf natürlich nicht übermäßig belasten. Entscheidend ist, dass auch erst derjenige in Verantwortung genommen wird, der mehr als 6 Monate seinen Zusatzbeitrag nicht bezahlt hat. Aber das hängt natürlich dann auch von den Zusatzbeiträgen ab. Also da ist noch ein weiter Weg hin. Entscheidend ist: Wir müssen die Versichertengemeinschaft schützen.
Heinlein: Warum kommt denn der geplante Sozialausgleich für diese Zusatzausgaben erst 2012?
Rösler: Der Sozialausgleich wird jetzt auch für den 1. Januar 2011 vereinbart werden. Aber auch zur soliden Arbeit gehört es dann mit dazu, dass wir im Ergebnis auch Übergangsregelungen natürlich schaffen, weil es muss auch technisch umgesetzt werden. Aber was noch viel wichtiger ist: Wir brauchen einen Sozialausgleich ja erst nur, wenn sie zusätzliche Zusatzbeiträge bekommen. Aber ich sagte es ja gerade bereits: All die Maßnahmen, die wir in anderen Bereichen, Sparmaßnahmen und ähnliche Dinge, durchsetzen, haben ja genau das Ziel, dass 2011 gar keine zusätzlichen Zusatzbeiträge fällig werden und damit auch kein Sozialausgleich.
Heinlein: Wenn ich Sie richtig verstehe, Herr Rösler, sind beim Thema Sozialausgleich die Dinge durchaus noch im Fluss, da gibt es Diskussionsbedarf auch mit dem Koalitionspartner?
Rösler: Das haben Sie dann wohl falsch verstanden. Technisch müssen wir es gemeinsam umsetzen. Inhaltlich-politisch gibt es da keinen Dissens. Aber jetzt geht es wie gesagt an die solide handwerkliche Umsetzung und da lohnt es sich, eben auch in Ruhe sich einen vernünftigen Gesetzentwurf anzusehen.
Heinlein: Heute Morgen im Deutschlandfunk Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler. Ich danke für das Gespräch und auf Wiederhören nach Berlin.
Rösler: Alles klar! Vielen Dank! Tschüß!
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Philipp Rösler: Guten Morgen, Herr Heinlein. Moin und hallo!
Heinlein: Herr Rösler, trotz Ferien haben Sie offensichtlich Ihre Hausaufgaben gemacht. Der Entwurf für eine Gesundheitsreform liegt nun auf dem Tisch. Kann die Kanzlerin stolz auf Sie sein?
Rösler: Das hängt natürlich von den Ergebnissen am Ende dann ab, aber ich denke, erst mal großer Dank an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in der Tat über die Sommerpause einen fertigen Gesetzentwurf nunmehr zu einem ersten Abgleich vorlegen können. Da kann man durchaus mit zufrieden sein.
Heinlein: Ist das, was Sie sagen, ein erster Gesetzentwurf, also nur eine Rohfassung, oder schon viel mehr?
Rösler: Nein. Das ist ein Gesetzentwurf, wie es sich gehört, und wir gehen heute in die Gespräche mit den Regierungsfraktionen, wie gesagt eben zu einem ersten Abgleich, denn wir wollen ja die Eckpunkte, die wir politisch gemeinsam vereinbart haben, nunmehr in Gesetzesform gießen und dazu braucht es eben auch solcher Verfahren.
Heinlein: Ihr Entwurf – Sie sagen es – wird ja nun von den Koalitionsfraktionen diskutiert. Rechnen Sie denn mit breiter Zustimmung?
Rösler: Da es sich einfach um die technische Umsetzung, die juristische Umsetzung unserer politischen Eckpunkte handelt, mache ich mir da eigentlich weniger Sorgen. Aber natürlich steckt der Teufel im Detail und es lohnt sich, eben sauber und solide sich diesen Gesetzentwurf gemeinsam anzusehen.
Heinlein: Ein Detail sind die Zusatzbeiträge. Dort ist die CSU, Horst Seehofer und Markus Söder, ja recht skeptisch. Rechnen Sie denn mit weiteren Störfeuern aus Bayern?
Rösler: Also das denke ich nicht. Wir haben jetzt einen klaren Auftrag, die Frage Sozialausgleich und Zusatzbeiträge gesetzgeberisch umzusetzen. Dafür haben wir Vorschläge gemacht und dafür dienen ja auch genau solche Abgleichungsgespräche, um genau das technisch umzusetzen, was wir eben wie gesagt gemeinsam politisch vereinbart haben.
Heinlein: Also Sie haben keine Sorge, dass Sie von München, von Bayern als Gurkentruppe beschimpft werden wie in der Vergangenheit?
Rösler: Die habe ich nicht.
Heinlein: Haben Sie denn schon Signale einer Zustimmung aus Bayern?
Rösler: Wir werden ja heute wie gesagt in die ersten Gespräche gehen, gemeinsam, CDU/CSU- und FDP-Fraktion, um genau eben über diesen Entwurf zu diskutieren, und dann kann man nach den Abgleichgesprächen erst weiteres sagen, wie die Fraktionen sich insgesamt zu dem Papier gestellt haben.
Heinlein: An welchen Stellen rechnen Sie denn noch mit Veränderungen?
Rösler: Ich hoffe dann an nicht mehr so vielen. Wie gesagt, es geht um die technische Umsetzung von politisch vereinbarten Dingen. Aber auch das muss man wie gesagt im Detail diskutieren, weil wir gemeinsam in der Verantwortung stehen, ein handwerklich solides Gesetzeswerk auf den Weg zu bringen.
Heinlein: Ein Punkt steht ja bereits fest: Die Gesundheit wird für alle Seiten teurer, für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, und besonders die Versicherten müssen ja mit den Zusatzbeiträgen künftig besonders tief in die Tasche greifen.
Rösler: Gerade im nächsten Jahr haben wir darauf geachtet, dass eben neben der Beitragsrückführung auf den Stand 1. Januar 2009 Versicherte nicht zusätzlich belastet werden, also zum Beispiel nicht durch höhere Zuzahlungen und auch nicht durch zusätzliche Zusatzbeiträge im Jahre 2011. All die Maßnahmen, die wir ergreifen, auch die Einsparungen bei Ärzten, Zahnärzten, Apothekern und Krankenhäusern, sollen ja eben verhindern, dass wir ein großes Milliardendefizit im nächsten Jahr dann haben. Das verschont dann die Versicherten von Zusatzbeiträgen im nächsten Jahr.
Heinlein: Im nächsten Jahr, aber ab 2012 wird es dann richtig teuer.
Rösler: Das hängt in der Tat dann davon ab, was wir für weitere Maßnahmen auf den Weg bringen. Jetzt haben wir die Finanzierungsreform auf den Weg gebracht. Wir wollen aber das System insgesamt verbessern, es soll wettbewerbsfähiger sein, es soll effizienter werden, die Menschen sollen nicht immer nur das Gefühl haben, sie bezahlen viel für Gesundheit, und das wird dann auch Aufgabe sein für das Jahr 2011, damit eben gerade im Jahre 2012 nicht wieder enorme Defizite auf uns zukommen.
Heinlein: Sie planen, das scheint festzustehen, Sanktionen, wenn die Versicherten die Zusatzbeiträge nicht zahlen können. Werden die Menschen also bestraft, wenn sie kein zusätzliches Geld für ihre Versicherungen ausgeben können?
Rösler: Zunächst einmal werden sie geschützt durch einen Sozialausgleich, dass sie nicht übermäßig belastet werden, und diejenigen, die nicht bereit sind zu zahlen, da müssen wir die Versichertengemeinschaft auch, finde ich, schützen, sonst ist der Ehrliche der Dumme, und das gilt es zu verhindern.
Heinlein: Wie teuer werden denn die Sanktionen?
Rösler: Das hängt zunächst einmal davon ab, was wir jetzt im Gesetzentwurf gemeinsam diskutieren und vereinbaren. Aber es darf natürlich nicht übermäßig belasten. Entscheidend ist, dass auch erst derjenige in Verantwortung genommen wird, der mehr als 6 Monate seinen Zusatzbeitrag nicht bezahlt hat. Aber das hängt natürlich dann auch von den Zusatzbeiträgen ab. Also da ist noch ein weiter Weg hin. Entscheidend ist: Wir müssen die Versichertengemeinschaft schützen.
Heinlein: Warum kommt denn der geplante Sozialausgleich für diese Zusatzausgaben erst 2012?
Rösler: Der Sozialausgleich wird jetzt auch für den 1. Januar 2011 vereinbart werden. Aber auch zur soliden Arbeit gehört es dann mit dazu, dass wir im Ergebnis auch Übergangsregelungen natürlich schaffen, weil es muss auch technisch umgesetzt werden. Aber was noch viel wichtiger ist: Wir brauchen einen Sozialausgleich ja erst nur, wenn sie zusätzliche Zusatzbeiträge bekommen. Aber ich sagte es ja gerade bereits: All die Maßnahmen, die wir in anderen Bereichen, Sparmaßnahmen und ähnliche Dinge, durchsetzen, haben ja genau das Ziel, dass 2011 gar keine zusätzlichen Zusatzbeiträge fällig werden und damit auch kein Sozialausgleich.
Heinlein: Wenn ich Sie richtig verstehe, Herr Rösler, sind beim Thema Sozialausgleich die Dinge durchaus noch im Fluss, da gibt es Diskussionsbedarf auch mit dem Koalitionspartner?
Rösler: Das haben Sie dann wohl falsch verstanden. Technisch müssen wir es gemeinsam umsetzen. Inhaltlich-politisch gibt es da keinen Dissens. Aber jetzt geht es wie gesagt an die solide handwerkliche Umsetzung und da lohnt es sich, eben auch in Ruhe sich einen vernünftigen Gesetzentwurf anzusehen.
Heinlein: Heute Morgen im Deutschlandfunk Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler. Ich danke für das Gespräch und auf Wiederhören nach Berlin.
Rösler: Alles klar! Vielen Dank! Tschüß!
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