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Deutsch-russisches Verhältnis
"Sie ertragen einander, so wie man schlechtes Wetter erträgt"

Erstmals seit zwei Jahren reist Bundeskanzlerin Angela Merkel wieder zu einem Gespräch mit Staatspräsident Wladimir Putin nach Russland. Das Verhältnis der beiden sei durch Verständnis füreinander und gegenseitigen Respekt geprägt, sagte die Publizistin Katja Gloger im DLF. Allerdings sei durch die Annexion der Krim und die Ukraine-Krise ein massiver Vertrauensverlust entstanden.

Katja Gloger im Gespräch mit Manfred Götzke |
    Katja Gloger sitzt bei einer Lesung mit einem Mikrofon auf der Bühne.
    Die Russland-Expertin Katja Gloger (dpa/Horst Galuschka)
    Die oberste Krisenbeauftragte Europas habe den Faden zu Russland und zu Putin nicht verloren, ergänzte die Russland-Expertin. Merkel habe immer den Kontakt zu Putin behalten, mit dutzenden Telefonaten in den letzten Jahren. "Sie fährt zu ihm, um diesen Faden weiter zu spinnen."
    Anders als das persönlich-freundschaftliche Verhältnis zwischen dem ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder und Wladimir Putin seien Angela Merkel und Wladimir Putin nie Freunde geworden. "Sie verstehen einander, sie respektieren einander von dem was man von beiden Seiten hört, sowohl in Berlin als auch in Moskau. Sie ertragen einander, so wie man vielleicht schlechtes Wetter erträgt, wie es nun einmal so ist. Weil man miteinander umgehen muss. Da ist die Kanzlerin sehr pragmatisch, da ist auch Putin sehr pragmatisch."
    "Das Eskalationspotenzial wieder herunterschrauben"
    Was im Rahmen der Ukraine-Krise und vor allen Dingen nach der Annexion der Krim und durch die verdeckte militärische Intervention Russlands im Osten der Ukraine maßgeblich verschärfend und verschlimmernd hinzugekommen sei, sei der massive Vertrauensverlust gewesen - auf beiden Seiten. Auf einmal sei Unberechenbarkeit zum neuen Arbeitsprinzip der russischen Präsidenten geworden.
    "Im Kanzleramt hat man eine Weile durchaus offen davon gesprochen, dass Putin nicht die Wahrheit sagt, auch wenn er mit hochrangigen Gesprächspartnern telefoniert. Und dieses Misstrauen, das es auf beiden Seiten gibt, hat sich in den vergangenen Jahren eher verschlechtert als verbessert. Das macht die Lage auch nicht ganz ungefährlich, denn darin existiert ja ein Eskalationspotenzial. Es wird sicher ein Ziel des Besuches der Kanzlerin in Sotschi sein, dieses Eskalationspotenzial durch Gespräch mit Putin wieder ein bisschen herunterzuschrauben."
    Hinweis: Das Gespräch können Sie mindestens sechs Monate lang als Audio-on-demand abrufen.