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Deutsche Bahn
Konzernbetriebsrat fordert mehr Geld vom Bund

Um Pünktlichkeit und Qualität bei der Bahn zu verbessern, müsse der Bund das Unternehmen mit deutlich mehr Geld als bislang unterstützen - das fordern die Betriebsräte der Deutschen Bahn. Notfalls müssten auch mehr Schulden gemacht werden. Aber es gibt auch Kritik an den Forderungen.

Von Sebastian Engelbrecht | 15.05.2019
Ein ICE fährt am 25.03.2018 in den Hauptbahnhof von Hannover (Niedersachsen) ein.
Für die Modernisierung und den Ausbau der Bahn sollten notfalls mehr Schulden gemacht werden, fordern die Bahn-Betriebsräte (dpa/Hauke-Christian Dittrich)
Bei der Bahn mangelt es zurzeit fast an allem: Es fehlen Züge, ausgebildete Mitarbeiter, digitalisierte Stellwerke - und das Netz muss dringend erneuert werden. Deshalb appelliert der Konzernbetriebsrat an den Eigentümer der Deutschen Bahn, an den Bund: Die Bahn brauche mehr Geld. Der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats, Jens Schwarz, nennt eine Zahl:
"Also wenn wir eine Nulllinie in 2030 erreichen wollen, um mal diesen ganzen Rückstau irgendwann abzubauen, braucht man sieben Milliarden, die eigentlich jährlich investiert werden müssen – plus die Preissteigerung, die ja heute niemand sagen kann."
Betriebsräte fordern höhere Schuldengrenze für die Bahn
Der Konzernbetriebsrat unterstützt so den Vorstand der Bahn, der zurzeit mit der Bundesregierung über die Zuschüsse für das Unternehmen aus dem Bundeshaushalt verhandelt. Bislang waren es 3,5 Milliarden Euro pro Jahr. Besonders eindringlich fordert der Chef des Gesamtbetriebsrats der DB Netz AG, Veit Sobek, mehr Geld – vor allem für die Modernisierung des Schienennetzes.
"Alles in allem steht die Infrastruktur also in den nächsten Jahren und Jahrzehnten vor gewaltigen Herausforderungen und der Eigentümer muss schlicht und einfach das erforderliche Geld geben, sonst wird es mit der Bahn weiter bergab gehen."
Da die Steuereinnahmen des Bundes künftig weniger als erwartet wachsen, wünschen sich die Bahn-Betriebsräte notfalls auch den Mut zu mehr Schulden. Die Deutsche Bahn hat zurzeit 19,5 Milliarden Schulden. Jörg Hensel, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats der DB Cargo sieht in einer höheren Verschuldung die Lösung.
"Der Eigentümer hat nicht alles richtig gemacht. Also muss er vielleicht auch akzeptieren, dass die Verschuldung steigt. Punkt. So einfach ist das. Wenn man eine Verkehrswende will – man hat 30 Jahre lang keine gute Bahnpolitik gemacht, mindestens – dann muss man jetzt, wenn man das also auch ändern möchte, dann muss man auch in den sauren Apfel beißen und sagen: Ok, wir akzeptieren eine höhere Verschuldung der Deutschen Bahn AG."
Geährdet der geplante Deutschlandtakt den Güterschienenverkehr?
Wenn man jetzt mehr Geld für Investitionen fordere, dann gehe es nicht darum, künftig die Sicherheit des Bahnverkehrs zu finanzieren, sagt Veit Sobek vom Netz-Betriebsrat der Bahn. Die Sicherheit des Systems Bahn stehe nicht zur Diskussion. Es gehe vielmehr darum, Qualität und Pünktlichkeit zu verbessern.
"Wir müssen raus aus etwas, was wir Krisenmodus nennen. Das Arbeiten im Krisenmodus aufgrund des Zustandes der Infrastruktur, wo also jeder jeden Tag mit seinem persönlichen Einsatz die Bahn retten muss, das muss aufhören. Das halten unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Anlagenverantwortlichen nicht mehr aus. Das darf nicht Tagesgeschäft bleiben."
Mit den gegenwärtig zur Verfügung stehenden Mitteln ist aus der Sicht der Arbeitnehmervertreter das ehrgeizige Ziel des "Deutschlandtakts" nicht zu erreichen. Auf den wichtigsten Routen im Fernverkehr will Bahnchef Lutz künftig einen 30-Minutentakt einführen. Jörg Hensel, Chef des Cargo-Gesamtbetriebsrats, bereiten diese Pläne eher Sorgen.
"Genau da fängt die Katastrophe nämlich dann an. Das heißt also: Wenn wir einen Deutschlandtakt einführen, dann wird das definitiv zu Lasten des Schienengüterkehrs gehen, weil also das Thema der Trassenkapazitäten am Ende nicht gelöst ist."
Das Thema der Modernisierungskosten wird die Bahn noch lange beschäftigen. Die Betriebsräte des Unternehmens sehen insgesamt einen Sanierungsstau von 57 Milliarden Euro.