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Deutsche Bank
Viele Baustellen, wenig Gewinn

Seit gut einem Jahr steht John Cryan an der Spitze der Deutschen Bank. Auch wenn sich Cryan vor dem anstehenden europäischen Banken-Stress-Test keine Sorgen machen muss, bestehen viele Baustellen noch immer: Für die Deutsche-Bank-Tochter Postbank finden sich derzeit keine Interessenten. Nun ist auch noch der Gewinn rapide gesunken.

Von Brigitte Scholtes | 27.07.2016
    John Cryan, bisher Co-Vorstand, wird zum Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank auf der Hauptversammlung 2016 ernannt
    John Cryan, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank (picture-alliance/dpa/Arne Dedert)
    Einen Börsengang der Postbank wird es wegen der laufenden Marktbedingungen vorerst nicht geben, das hat Deutsche-Bank-Chef John Cryan heute klar gemacht: "We continue to hold off and initiating an IPO of the bank in light of current market conditions, which we think will prevail for some time to come."
    Denn aktuell finden sich einfach keine Käufer für die Bank oder Investoren, die sich an einem Börsengang beteiligen würden – jedenfalls nicht zu dem Preis, den sich die Deutsche Bank vorstellt. Eine ärgerliche Situation für das Bonner Geldhaus, das inzwischen aus dem Deutsche Bank-Konzern herausgelöst worden ist, meint Kapitalmarktexperte Ascan Iredi:
    "Die Postbank fährt schon seit vielen Jahren ein sehr solides Geschäftsmodell und macht damit auch ihren wenn auch kleinen Gewinn. Und dann ist es halt auf der anderen Seite so, dass eigentlich der Vorstand bei der Deutschen Bank keine klare Entscheidung getroffen hat – was will man denn eigentlich. Und gerade die Doppelspitze hat sehr, sehr viel Zeit verloren mit der Ausrichtung des Gesamtkonzerns. Und damit ist viel Zeit verloren gegangen, die jetzt auch fehlt bei der Entscheidung, was mache ich eigentlich mit der Postbank. Und ich kann nur hoffen, auch gerade für die Bonner, dass nun bald tatsächlich mal eine Entscheidung auf den Tisch kommt, denn so kann es ja nicht weitergehen."
    Cryan hält am Umbau fest
    Doch die Bonner werden sich wohl noch etwas gedulden müssen. Denn aktuell muss die Deutsche Bank noch aufräumen und umbauen, sagt Philipp Häßler, Analyst von equinet: "Die Deutsche Bank ist weiter in schwierigem Fahrwasser, aber auf Sicht von zwei, drei Quartalen sollte man doch einige Verbesserungen sehen. Also ich denke, das laufende Jahr ist ein Übergangsjahr, viel Restrukturierungsaufwand, die Rechtsrisiken müssen abgearbeitet werden. Nächstes Jahr sollte man schon deutliche Fortschritte sehen bzw. wird man dann sehen, ob halt wirklich die Restrukturierung Erfolge zeigt."
    Am Umbau hält Deutsche Bank-Chef Cryan auch fest: "Wir müssen die Profitabilität der Bank wieder aufbauen, und unsere Hauptaufgabe wird die Kostenkontrolle sein. Trotz der beträchtlichen politischen, regulatorischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten in den kommenden Quartalen werden wir nicht von unserer Strategie abweichen."
    Rückstellungen in Höhe von 5,5 Milliarden Euro
    So blieb im zweiten Quartal nur ein Mini-Gewinn von 20 Millionen Euro nach Steuern übrig, gut 800 Millionen waren es vor einem Jahr. Und dieser Mini-Gewinn kam auch nur zustande, weil die Bank mit 120 Millionen Euro weit weniger als erwartet für Rechtsrisiken zur Seite legen musste. So rechnet sie damit, vier große Fälle im laufenden Jahr beilegen zu können, darunter den Geldwäsche-Skandal in Russland und einen Hypothekenstreit mit dem amerikanischen Justizministerium. Insgesamt belaufen sich die Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten nun auf 5,5 Milliarden Euro. Die Kapitalquote aber stieg gegenüber Ende März nur leicht auf 10,8 Prozent. Und das gibt Analyst Häßler doch zu denken:
    "Die Deutsche Bank muss klar sehen, dass sie weiter ihr Kapital erhöht. Wenn die Gewinnentwicklung so schwach bleibt, wie sie dieses erste Halbjahr war, wird das sehr, sehr herausfordernd, und deswegen kann man auch eine Kapitalerhöhung meiner Meinung nach nicht ausschließen. "