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Deutscher Kleinkunstpreis 2017
Tobias Mann - wichtige Stimme seiner Generation

Lokalmatador Tobias Mann wird mit dem Deutschen Kleinkunstpreis 2017 in der Sparte Kabarett ausgezeichnet. Dies gab die Jury der vom Mainzer Forum-Theater Unterhaus gestifteten Auszeichnung bekannt. Doch der Mainzer Kabarettist ist nicht der einzige Preisträger.

Von Anke Petermann | 02.11.2016
    Der Kabarettist Tobias Mann probt am 16.10.2014 im "academixer" Kabarett in Leipzig (Sachsen).
    Der Kabarettist Tobias Mann gehört zu den Trägern des Deutschen Kleinkunstpreises 2017. (picture alliance / dpa/ Hendrik Schmidt)
    Die bewährten "heute show"-Reporter können sich bei der Alternative für Deutschland nicht mehr blicken lassen, sie werden erkannt. Zur Wahlparty der AfD Sachsen-Anhalt, die sich im März als zweitstärkste Partei in diesem Land feiern durfte, musste Oliver Welke deshalb eine neue Kraft schicken.
    "Hazel Brugger heißt die und die kommt - das ist ihr Vorteil - aus einem völlig anderen Kulturkreis."
    "Grüezi miteinand'. Ich als Schweizerin frage mich, AfD was ist das genau?"
    "Ich bin 22 und kinderlos. Was hab ich falsch gemacht", fragt sie die AfD.
    An ein AfD-Mitglied gewandt: "Wo werden denn die meisten Steuern verschwendet?"
    "Na, wir hier in Sachsen-Anhalt geben sinnlos zwei Millionen jährlich aus für den Werbeslogan 'Wir stehen früher auf'. Warum stehen wir früher auf?"
    Brugger: "Na, um die zwei Millionen zu verdienen, die man dann ausgeben kann."
    Im Auftreten eher unscheinbar-harmlos. Aber unschlagbar schlagfertig, meint die Jury. 22 ist Hazel Brugger, alt genug für den Förderpreis der Stadt Mainz. Viele, die ihn gewannen, durften sich ein paar Jahre später einen der Kabarett-Oskars abholen. Der Deutsche Kleinkunstpreis ist eine Erfindung der Siebziger und damit nicht ganz so alt wie die Mainzer Unterhaus-Katakomben.
    50 Jahre Unterhaus – ein halbes Jahrhundert linkes Gesabbel
    Ob 2016 ein besonderes Jahr ist, darüber streiten Christoph Sieber und Tobias Mann, Kabarett-Preisträger 2016 und 2017.
    Sieber: "Ich weiß nicht, was es hier zu feiern gibt."
    Mann: "Na, 50 Jahre Unterhaus."
    Sieber. "Ich bitte Sie, was gibt's da zu feiern. 50 Jahre Unterhaus, das ist 50 Jahre Gutmenschentum, 50 Jahre linkes Gesabbel da, Hippietum – da muss man sich nicht wundern, dass inzwischen ein Donald Trump über uns lacht."
    Wenn ein aufgeblas'ner Herr … – kannte Wecker Trump?
    "Und wenn aufgeblas'ne Herren dir galant den Weg versperren,
    ihre Blicke unter Lallen nur in deinen Ausschnitt fallen."
    Ob Ehrenpreisträger Konstantin Wecker Trump 1993 schon kannte, als er dieses Lied schrieb?
    "Tritt nicht ein in den Verein - sage nein!"
    Die Unterhaus-Jury sagte schon mal Ja zu Wecker: 1977 bekam er die begehrte Glocken-Trophäe, in der Lied- und Chansonsparte.
    Ein Deutscher Kleinkunstpreis war Konstantin Wecker nicht genug
    Und wusste damals schon:
    "Genug ist nicht genug, ich lass mich nicht belügen."
    Gegen den saftigen Bayern wirkt der fast vierzig Jahre jüngere Nico Semsrott wie ein trockenes Brötchen.
    "Hi!"
    Demotivationstrainer Nico Semsrott geht in Schwarz
    Vermutlich fasst der Berufsdepressive im schwarzen Kapuzenpulli das als Kompliment auf und den Preis in der Sparte Kleinkunst als Mobbingversuch, wie die Jury argwöhnt. "Freude ist ein Mangel an Information" heißt das Motto dieses exzellenten Demotivationstrainers.
    "Es gibt zwei konkurrierende Wertesysteme, zum einen den Kapitalismus und zum anderen den Humanismus, und im Schnitt sind wir alle humanistische Kapitalisten. Das bedeutet: Wir beuten andere aus, fühlen uns aber schlecht dabei. In der Flüchtlingspolitik bedeutet es: Wir erschießen keine Menschen an den Außengrenzen, weil das unmenschlich ist – nein, wir lassen sie ertrinken, ne."
    Da bleibt dem Publikum das Lachen im Hals stecken
    "Wir glauben, dass Mord schlecht ist, Töten durch unterlassene Hilfeleistung aber gut."
    Stille, Semsrott zückt einen Block und notiert.
    "Zu hart."
    Und was ist mit islamistischem Terrorismus? Entwarnung.
    "Die meisten Menschen werden ja gar nicht von Terroristen ermordet, sondern von ihren Bekannten. Fast die Hälfte aller Morde sind sogar Beziehungstaten. Das ist einer der wenigen Vorteile am Single-Dasein."