Dienstag, 19. März 2024

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Die Band Muddy What?
Zeitreise mit Münchner Twist

Das Münchner Trio Muddy What? kann mehr als wabernden Deltablues, auch folkige Balladen und zurückgelehnte Bluegrassnummern sind in seinem Repertoire. Ob akustisch oder elektrisch, ihr Sound ist frisch und zugleich älteren Einflüssen verpflichtet.

Von Anke Behlert | 31.05.2020
    Musik: "Your life is broken"
    Fabian Spang: "Es gibt ja diesen Ausdruck: man sucht sich den Blues nicht aus, der Blues sucht sich einen aus. So ein bisschen fühlt es sich so an, das packt einen irgendwann und dann ist es um einen geschehen."
    ...entgegnet Fabian Spang auf die Frage, was für ihn den Reiz des Blues ausmacht. Spang ist Gitarrist und Sänger bei Muddy What?, einer Bluesband, die so gar nicht dem Klischee "alt und abgeklärt" entspricht. Gemeinsam mit seiner Schwester Ina, die Mandoline und Leadgitarre spielt, und dem Drummer Michael Lang lässt er jungen Blues entstehen - dynamisch, melodiös, filigran oder auch mal funky.
    Musik: "Fire"
    Die Faszination für den Blues haben alle drei Bandmitglieder von ihren Eltern "vererbt" bekommen. In Schwabach bei Nürnberg waren die Plattenschränke gut gefüllt mit Blues und amerikanischer Rootsmusik, statt Boybands oder Stadionpop hörten die drei lieber Robert Johnson oder Muddy Waters. Kennengelernt haben sie sich Ende 2005 beim Gitarrenlehrer der Geschwister Spang, erzählt Schlagzeuger Michael.
    Michi: "Der hatte die Idee, dass er eine Blues-Weihnachts-CD macht. Und dann bin ich dahin und da habe ich Ina und Fabi das erste mal gesehen. Dann saßen wir da in diesem Kämmerchen und haben – und das war ja das witzige - erstmal einen Blues zusammengespielt, wo man wusste, wie das läuft, aber man wusste ja gar nicht, was die anderen so machen. Dann war das so cool, dass wir gemerkt haben, dass wir eine Idee haben. Und dann haben Ina und Fabi mich gefragt, ob ich mal vorbei kommen will, so halt, abseits von der CD. Dann haben wir da angefangen, Musik zu machen."
    Musik: "Mannish Boy"
    Wir müssen eine CD machen!
    Mittlerweile leben die drei in München – Ina kümmert sich um das Booking und die Social Media-Inhalte der Band, Michi ist noch teilzeit in einem Architekturbüro und Fabian als Color Grader beim Film tätig. Aber spätestens ab Donnerstag - der zweiten Hälfte der Arbeitswoche -konzentrieren sich alle ausschließlich auf die Band. Bis zu diesem Grad an Professionalisierung hat es eine ganze Weile gedauert, sagt Fabian Spang.
    Fabian: "Das war der Hauptgrund, als Band zu existieren, zusammen Musik zu machen. Wir hatten nicht so die Idee, wie man an Konzerte kommt und wie man das alles aufzieht. Dass wir uns irgendwo bewerben und uns selbst verkaufen müssen und so, das fällt uns allen eher schwer. Das hat sich erst in den letzten drei Jahren ergeben, wo wir angefangen haben in München mal auf ne Open Stage zu gehen oder auf eine Blues-Session und dann da die Veranstalter kamen und sagten: wollt ihr nicht mal ein Konzert bei uns spielen? So hat sich das langsam ergeben, dass wir mehr und mehr live gespielt haben und die Leute dann gefragt haben: Gibt's ne CD von euch? Und kann man eine CD kaufen? Und wir immer sagen mussten: Nee, haben wir jetzt eigentlich gar nichts. Und dann haben wir irgendwann gesagt, ok, jetzt müssen wir wirklich eine CD machen."
    Musik: "Can't tell a lie"
    Das erste Album "Gone from Mississippi" haben Muddy What? 2017 in nur zwei Tagen aufgenommen, in den Bavaria Musik Studios.
    Fabian: "Da wurden früher viele Filmmusiken und Filmscores aufgenommen, so richtig mit großem Orchester. Die haben einen riesigen Aufnahmesaal, da konnten wir aufnehmen, was ziemlich cool war und auch für den Klang der CDs schon etwas ausmacht, dieser tolle Raum, in dem man da aufnimmt."
    Auf dem Album kombinieren sie ihre eigenen Kompositionen mit Coverversionen und neu interpretierten Klassikern. Bei ihnen erinnern viele der sogenannten Cover allerdings kaum noch an die Originale. Muddy What? sind stilistisch vielfältig: wabernder Deltablues, folkige Balladen, zurückgelehnte Bluegrassnummern – alles passt ins Repertoire des Trios. Herausstechende Merkmale sind Fabian Spangs ausdrucksstarke Stimme und Ina Spangs einfühlsam gespielte Mandoline. Man hört die vielen Jahre Erfahrung im Proberaum und auf der Bühne. Sie spielen professionell und technisch versiert, aber es bleibt genug Platz für Spontaneität und, das wichtigste, den Spaß an der Musik.
    Musik: "Gone from Mississippi"
    Blues auf der Mandoline
    Eines ihrer Alleinstellungsmerkmale ist die schon erwähnte Mandoline, die Ina Spang mit äußerst flinken Fingern spielt. Nach einigen Jahren Unterricht bei einer überstrengen Lehrerin hätte sie das Instrument fast in die Ecke verbannt. Aber da kam der Blues-begeisterte Gitarrenlehrer wieder ins Spiel.
    Ina: "Der hat die Mandoline ziemlich gefeiert und fand das immer toll. Er hat auch mitbekommen, dass ich damit ein bisschen aufgehört hab und hat mich dann nach und nach überredet, sie doch statt der Gitarre mit in den Unterricht zu bringen. Das hab ich auch gemacht. Er hatte auch nicht so richtig nen Plan, wie man Blues auf der Mandoline spielt und gesagt: Spiel einfach! Ich hab ja schon Leadgitarre bei ihm gespielt und er hat dann einfach gesagt: das was du auf der Gitarre sonst machst, das versuchen wir jetzt auf die Mandoline draufzuschaffen. Und so ist das entstanden, dass ich dann Blues gespielt hab auf der Mandoline und ab da hat's mir wieder richtig Spaß gemacht."
    Eine Frau mit blonden lockigen Haaren und zwei Männer stehen vor einem historischen Zug. Der Mann rechts trägt einen schwarzen Hut.
    Ina Spang, Michael Lang, Fabian Spang (v.l.n.r) (Ina Spang )
    Musik: "Rollin' and Tumblin'"
    Vor allem auf dem zweiten Album "Dancing in the halls" kommt Inas Mandoline zu Geltung, denn die Platte haben sie komplett akustisch eingespielt, also auch ohne E-Gitarre. Aus dem jamlastigen, 9-minütigen Neil Young-Song "Down by the river" wird hier eine in Windeseile voran galoppierende Nummer mit funky Bass-Solo.
    Musik: "Down by the river"
    Im April haben sich Muddy What? per Online-Abstimmung für die Teilnahme an der German Blues Challenge qualifiziert, die voraussichtlich im September in Eutin stattfindet. Ein Blick auf die Kandidatenliste zeigt, dass Bluesmusik immer noch ein von Männern dominiertes Feld ist. Ina Spang als Instrumentalistin ist - leider – eine Ausnahme.
    Ina: "Ich war umso stolzer, schon ein bisschen auch, dass man als Frau mal zeigt: das gibt’s auch. Was liegt daran so fern. Ich glaube, dass Frauen die trauen sich nicht, eben aus dem Grund, weil es so ein männerdominiertes Ding ist. Und weil die Männer damit irgendwie Grimassen dastehen und schweißüberströmt ihre Soli spielen. Und man denkt da: Das muss so. Aber das muss eben nicht so. Es ist ja auch grad schön, wenn es ein bisschen anders läuft. Dadurch, dass ich nie dieses Klischee so richtig, also ich habe das nicht gecheckt, bevor ich das angefangen habe. Das war glaub ich gut und dann einfach weitergemacht."
    Musik: "Death Letter"
    Bandausflug nach Chicago
    Von München nach Chicago sind es Luftlinie 7258km. 2008 ist das Trio in das Geburtsland seiner Lieblingsmusik gereist, an einen ihrer wichtigsten Entstehungsorte. Ina und Michi waren damals noch unter 21 und trotzdem spielten sie in Bars und Pubs vor dem eventuell etwas verblüfften lokalen Publikum ihre Version des Blues.
    Ina: "Das kam schon gut an, ich weiß noch, die haben dann auch wild getanzt in dem Pub. Und der Michi war ganz verstört, weil da so ne Frau mit nem ziemlich großen Booty vor ihm rumgetanzt hat."
    Michi: "Wie alt war ich da, 16 oder so? Als Bayer oder Franke in dem Fall ist es nichts ungewöhnliches, in dem Alter ein Bier zu bestellen, aber dort war das nicht möglich."
    Fabian: "Der Michi wurde fast festgenommen gleich bei der Einreise in die USA, weil er illegaler Weise eine Dose Bier dabei hatte, die er unseren Gastgebern mitbringen wollte."
    Michi: "Da hab ich nicht ganz zu Ende gedacht, dass man ein bisschen älter sein muss."
    Musik: "Homebound Train"
    Vor Publikum live spielen können Muddy What? aus den bekannten Gründen im Moment gerade nicht. Zur Überbrückung veröffentlichen sie im Juni ein Live-Album "Blues for you" mit neuen Versionen eigener Stücke und Coversongs.
    Ina: "Für uns sind die Alben ja immer auch ein bisschen wie Momentaufnahmen. Und das gefällt uns eigentlich, dass wir in dem Moment was festhalten. Gerade weil sich unsere Songs verändern und auch unsere Spielart oder unser Zusammenspiel, das wächst ja alles irgendwie. Ein Song, der auf dem ersten Album drauf ist, dass der jetzt nochmal kommt, das ist nicht so, dass man dann denkt: Ach, den kenn ich ja schon. Sondern da kann man schon nochmal reinhören."
    Das hilft ganz bestimmt auch gegen den Corona-Blues.
    Musik: "If 6 was 9 (live)"