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Die FIFA-Exekutive in Zürich

Im skandalumtosten Fußball-Weltverband FIFA wird demnächst gewählt. Am 31. März ist Meldeschluss für Präsidentschaftskandidaten. Am 1. Juni wird auf dem FIFA-Kongress in Zürich entschieden. Alles andere als eine Wiederwahl des amtierenden Präsidenten Joseph Blatter wäre eine Sensation.

Von Jens Weinreich | 03.03.2011
    Im Zeitalter von hoch bezahlten PR-Beratern und Spin Doktoren reicht es nicht mehr, nur die Nachrichten zu vermelden. Man muss auch die Umstände schildern. Zum Beispiel in der FIFA: Nach einer zweitägigen Sitzung des Exekutivkomitees, bei der Medienvertreter nicht ungehindert Zugang zum Hauptquartier hatten, gibt Joseph Blatter eine Pressekonferenz, während zeitgleich seine Kollegen Exekutivmitglieder - ungestört von Journalisten - in Limousinen zum Flughafen chauffiert werden. Dahinter steckt System, man will die Berichterstattung lenken und fokussieren. Etwa auf die vermeintliche Erfolgsbilanz der FIFA: Rekordumsatz im WM-Zeitraum 2007 bis 2010 knapp 4,2 Milliarden US-Dollar. Gewinn von 631 Millionen - wodurch die Rücklagen auf fast 1,3 Milliarden stiegen. Die Geschäfte für kommende WM-Perioden lassen sich ebenfalls gut an: Im Zeitraum bis 2022 wurden bereits WM-Fernsehrechte in einigen Regionen in einem Volumen verkauft, das fast doppelt so hoch ist, wie zuletzt.

    Es bleibt dabei: Die FIFA ist ein Milliardenkonzern, der fast keine Steuern zahlt. Und der sich keinerlei internationalen Antikorruptions-Abkommen stellen muss. Aber darüber redet Präsident Joseph Blatter ungern. Stattdessen lässt er den Deutschen Markus Kattner, Finanzdirektor und stellvertretender Generalsekretär, Zahlenkolonnen vortragen, die eines signalisieren sollen: Blatter ist die FIFA - und ohne den weitsichtigen, genialen Präsidenten wäre das alles nicht möglich.

    Das Exekutivkomitee hat sich auch über die Startplätze der Kontinente bei der WM 2014 verständigt - es bleibt alles beim Alten und damit auch bei 13 Plätzen für Europa, minimale Änderungen gibt es nur in den Playoffs zwischen Asien, Ozeanien und Amerika, die nicht vorher festgelegt, sondern ausgelost werden. Gegen Ende der so genannten Medienkonferenz darf Generalsekretär Jerome Valcke dann eher beiläufig verkünden, dass Blatter nun offiziell vom ersten Nationalverband für die Wiederwahl nominiert wurde: Ausgerechnet vom korruptionsverseuchten Verband aus Somalia. Der Brief traf am Donnerstag in der FIFA-Zentrale ein.

    Dass nahezu zeitgleich bei einem Sponsoren-Termin in Singapur die Fußball-Ikone Pelé den Franzosen Michel Platini zum FIFA-Präsidenten vorschlug, tut erstmal nichts zur Sache. Blatter und Platini sind Brüder im Geiste. Der Franzose hat dem Deutschlandfunk kürzlich in der UEFA-Zentrale in Nyon gesagt, dass er gar nicht daran denke, gegen Blatter zu kandidieren. Er wolle zunächst am 22. März im europäischen Verband UEFA im Amt bestätigt werden. Neun Tage hätte er dann, theoretisch, Zeit, sich von einem Verband für die FIFA-Präsidentschaft nominieren zu lassen. Doch das wird er seinem Förderer Blatter nicht antun.

    Blatter und Platini treffen sich bereits am Dienstag wieder, wenn sie in Zürich mit dem Vorsitzenden der Vereinigung der europäischen Spitzenklubs (ECA) konferieren - mit Karl-Heinz Rummenigge. Blatter will die Macht der FIFA zementieren und den mitunter aufmüpfigen ECA-Vorsitzenden in die Schranken weisen. Einer der Streitpunkte ist die Frage, ob der Spielkalender mit Länderspielen oder Klubspielen überlastet sei. Die FIFA will weniger Wettbewerbsspiele der Vereine sowie kleinere Ligen - die Klubs wollen weniger Termine für Nationalmannschaften. Erfahrungsgemäß einigt man sich mit Geld, davon hat die FIFA offenbar genug. Denkbar ist etwa eine höhere Beteiligung der Klubs an den WM-Umsätzen über die Abstellgebühr für Nationalspieler.