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Die Hochschulen vor dem Ansturm

Die Humboldt-Universität hatte sich für die doppelten Abi-Jahrgänge aus Niedersachsen und Bayern gewappnet, doch bisher ist der Andrang gering. Die Studienverwaltung der Beuth-Hochschule für Technik verzeichnet deutlich mehr Bewerbungen.

Von Daniela Siebert | 19.07.2011
    Steffan Baron kann die ganze Aufregung nicht nachvollziehen. Der Leiter der Studienabteilung der Humboldt-Universität Berlin merkt in seinem Bereich bislang nichts vom Ende der Wehrpflicht und doppelten Abiturjahrgängen in Niedersachsen und Bayern:

    "Im Augenblick - muss ich gestehen - merken wir gar nichts davon, wir haben eher einen leichten Rückgang bei den Bewerbungen zu verzeichnen."

    Das könnte daran liegen, dass an der Humboldt-Universität die Hälfte der Bewerber traditionell aus Berlin und Brandenburg kommt, wo es noch keine doppelten Abiturjahrgänge gibt, mutmaßt Steffan Baron. 2012 könnte das dann schon ganz anders aussehen, wenn auch in Berlin mehrere Jahrgänge auf einmal Abitur machen. Auch die Wehrpflicht ist hier kein Faktor: Letztes Jahr habe man ermittelt, dass nur etwa fünf Prozent der Studienplatzbewerber vorher einen Dienst geleistet hatten so Steffan Baron.

    Trotzdem: In diesem Jahr hatte sich seine Hochschule vorsorglich für überdurchschnittlich hohe Studierendenzahlen gewappnet:

    "Wir haben vorher mit den Fakultäten gesprochen und bei etwaigen Überlasten Kompensationszahlungen vereinbart, die den Fächern dann die Möglichkeit geboten haben, zusätzliches Personal oder auch Lehraufträge zu vergeben."
    Diese zwei Millionen Euro Rücklage dafür bleibt also vorerst unangetastet.

    Ganz anders sieht die Situation an der Beuth-Hochschule für Technik aus. Mitte Juli war dort Bewerbungsschluss für die NC-beschränkten Studiengänge. Hier haben sich das Ende der Wehrpflicht und die doppelten Abiturjahrgänge sehr wohl ausgewirkt sagt Wolfgang Preuß, Leiter der Studienverwaltung an der Beuth-Hochschule:

    "Meine Damen – es sind ja vorwiegend Damen – haben mir erklärt: Sie hätten also durchaus den Eindruck, dass es mehr werden als es jemals zuvor waren."

    Mehr Räume und mehr Personal hat Wolfgang Preuß für die Papierflut nicht zur Verfügung. Doch seine Verwaltung habe jetzt – wie in jedem Jahr – für zwei Wochen den Publikumsverkehr eingestellt, um die Anfragen abarbeiten zu können, erklärt er.

    Ende der letzten Woche hatten seine Mitarbeiterinnen schon 400 mehr Studienplatzanfragen beantwortet als zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr, bilanziert Preuß stolz. Ob jetzt mehr Bewerbungen aus Bayern und Niedersachsen dabei sind als früher, kann er nicht sagen.

    Wirklich froh ist Wolfgang Preuß über das gestiegene Interesse für ein Studium an seiner Hochschule nicht. Denn viele hätten ja mehrere Bewerbungen laufen und würden sich vielleicht später dann sogar trotz einer Zusage noch für eine andere Hochschule entscheiden.

    "Man arbeitet für den Papierkorb, weiß nur noch nicht, welche Bewerbungen es sind. Das ist deprimierend - auch für die Hochschulen!"

    Und er sieht noch einen weiteren Haken an der Entwicklung: Viele Bewerber heiße immer viele Absagen, und die zögen viele Beschwerden nach sich, die dann allzu oft bei den Verwaltungsgerichten landen. Darüber berichten wir dann im Herbst.